Der Wunsch III

Kurzgeschichte zum Thema Lebensweg

von  Mondsichel

Einige Zeit war ins Land gezogen, als sie ihre Füße in die wirkliche Welt gestellt hatte. Eine ganze Weile lang beobachtete sie die Menschen, die noch immer stumm und kalt an ihr vorübergingen. Da sie ihr Schwert vergessen hatte, wagte sie es auch noch nicht sich allzu nahe mit jenen zu beschäftigen, die sie mit einem Wort wieder zurück in ihre kleine Welt drängen konnten.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie wieder den Mut fand und sich durchringen konnte, den Menschen zu vertrauen. Doch als sie merkte, wie leicht man anderen glauben kann, stürzte sie sich selbst in den Strudel der Naivität.
Ihren Missmut, ihre übertriebene Vorsicht, all das hatte sie abgelegt. So lange weit fort von der Wirklichkeit gewesen, war in ihr erneut der Wunsch gewachsen, die Welt der Menschen zu verstehen.
Sie vergaß die Worte des Engels, sie vergaß die Grausamkeit, die ihr einst entgegen geschlagen war. Und die Hyänen und Geier warteten nur darauf, dass sie in der Wüste ihrer Leichtsinnigkeit irgendwann verdursten oder verhungern würde. So stießen sie ihr Lanzen und Pfeile aus Eis in ihr Herze und froren sie unmerklich weiter ein…
Sie jedoch dachte auf dem richtigen Wege zu weilen und lief munter voran. Aber als sie den ersten Schatten ihrer Seele begegnete, musste sie erkennen, dass sie noch immer nicht verstanden hatte, wie man wirklich fühlt.
Nun war sie hilflos umzingelt von all den Gedanken und Ängsten, die sie so lange in ihrem Innersten verborgen hatte. Nach außen hin so hart wie ein Stein, war sie doch in ihrem Herzen der weinende Sturzbach der Sehnsucht.
Ohne wirklichen Schutz, traf sie das Leben härter mit seinen Pfeilen, als sie jemals zugegeben hätte. So erhob sie flehend ihre Augen zum Horizont, um den Engel, den sie schon fast vergessen hatte, darum zu bitten, ihr noch einmal zu erscheinen.
Doch der Engel sprach nur in ihren Gedanken: „Lerne zu leben und zu lieben, so wie Du es Dir einst gewünscht hattest.“ Sie weinte zum allerersten Mal seit ewigen Zeiten, denn lange waren ihre Tränen versiegt. So sehr hatte sie gehofft, er würde kommen und ihr helfen.
„Diesen Weg musst Du ganz alleine beschreiten. Und wenn die Zeit gekommen ist, wenn das Leben Dich stärker gemacht hat, dann werde ich kommen und Dich wieder in unsere Welten führen. Bis dahin, sei stark, verliere Dich selbst nicht und vor allem, vergiss niemals Deinen größten Wunsch.“ Seine Stimme verklang und ihre Tränen trockneten zu Staub. Es gab vorerst keinen Weg zurück

Aus dem Eise ihres Herzens und dem Winde der klirrenden Polarluft, schmiedete sie sich ein neues Schwert. Nun war sie wieder zum Kampfe bereit. Doch dieser Kampf war anders. Diesmal waren nicht die Menschen zu bekämpfen, sie musste mit sich selbst die Klingen kreuzen. Musste sich selbst zwingen das Leben zu akzeptieren das sie führte und die Menschen, die ihr immer noch so leer und stumpf vorkamen.
Nur wenige Lichtblicke leuchteten in den Augen der Menschen. Selten waren sie nicht erfüllt von Zwietracht und Grausamkeit. Nur wenige Gesichter waren nicht mit heilen Welten und Illusionen gemalt.
Fast wollte sie verzweifeln, doch das Schicksal meinte es nun gnädiger mit ihr.
Die stetigen Kämpfe mit sich selbst, ihr verborgenes Leuchten, dass immer weiter in die Welt drang, ließen sie dann doch erfahren, dass es mehr als nur die Oberfläche im Leben gab. Und zum ersten Mal erkannte sie ihre eigenen Fehler, erkannte, dass ihr Wunsch sich niemals von alleine erfüllen würde.
So schlug sie die Ketten entzwei, die sie in ihrem Innersten hielten. Auch wenn sie befürchtete, dass die Dunkelheit, aus denen die Ketten geschmiedet waren, sie wieder verschlingen könnte. Aber dieses Risiko war sie bereit einzugehen. Denn der Engel hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie für diesen Wunsch kämpfen musste.
Ob nun gegen sich selbst oder jene, die ihr Herze immer wieder vergiften wollten…

Ihr Denken, ihr Fühlen, ihr Selbst wandelte sich. Dennoch blieb sie die schwarze Blüte im bunten Blumenmeer. Ihre Pollen leuchteten wie Sterne in der tiefsten Nacht und sie duftete verführerischer als jede andere Blume.
Sie war wieder zum Engel geworden, der die Menschen faszinierte. Aber niemand kam ihr nahe genug, denn der kühle Wind ihres Schwertes, hielt sie unmerklich fern. So faszinierend sie auch war, so unnahbar wirkte sie immer noch, so mysteriös und geheimnisvoll. Nur dem Mond konnte sie sich anvertrauen, in dessen Leuchten sie immer wieder die Tore in ihre Welt sehen konnte.
Dann fühlte sie sich nicht mehr so allein, denn sie spürte es ganz tief in ihrer Seele, irgendwann würde sie zurückkehren können…

Eines Tages legte sich eine Hand auf ihre Schulter und als sie sich umdrehte, blickte sie dem lächelnden Tod in die Augen. Er erblickte den Engel tief in ihren Augen und war ganz erstaunt. Und er verstand, dass ihre Suche noch nicht zu Ende war.
Sanft sprach er zu ihr: „Mein Kuss kann der Quell des Lebens oder des Todes sein. Doch kleiner Engel, für Dich wird es ein neuer Anfang sein.
Ich sehe so viel Schmerz in Deinem Herzen, aber die Liebe suche ich vergeblich. Warum nur kleiner Engel, warum nur bist Du so kalt wie Eis?
Selbst in meinem Herzen ist Wärme und Liebe. Denn für viele ist der Tod die Erlösung von einem langen Leidensweg. Selbst ich bedaure jene, die am Ende ohne Ziel in meine Welten eingehen. Doch Du wirst mein Reiche niemals sehen. Du wirst leben, bis Du gefunden hast, wonach Du suchst.
Für einen kurzen Moment, wirst Du meine Wärme spüren. Das ist es wonach Du streben sollst.“ Damit küsste er sie leidenschaftlich und ließ sie durch den Garten der ewigen Feuer fliegen...
In ihrem Herzen begann das Eis zu schmelzen. Tropfen für Tropfen ergoss sich auf die Wunden ihrer Seele und ließen sie verheilen. Sie war überrascht welche Empfindungen sich aus ihrem Innersten nach oben gewagt hatten.
Ein angenehmer Schauer nach dem Nächsten ergoss sich über ihr Herz. Und der Tod hätte sie fast nicht gehen gelassen, denn er hatte sich in den kleinen Engel verliebt. Aber er wusste auch, dass er niemals sein Schicksal sein konnte. So küsste er ihr noch einmal auf die Augen und ließ sie zurück ins Lichte gleiten, wo er sie aufgefangen hatte.
„Lebe wohl kleiner Engel. Wir werden uns wohl niemals wieder sehen.“
Seine Stimme verklang in der Ferne. Aber hatte sie sich auf immer und ewig in ihr Herze gebrannt…

(c)by Arcana Moon


Anmerkung von Mondsichel:

Teil IV ist bereits in Arbeit. Vorraussichtlich morgen, wenn nix dazwischen kommt, online ;)

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Kommentare zu diesem Text


 franky (16.12.06)
Hallo liebe Arcy,
dein sezen und suchen hat das ziel, dich selber zu finden. aber du suchst auch deine eigene liebe im eis deines herzens. nur durch die erfrorenen wunden kannst du sie zum leben erwecken. zwischen seele und haut ist ein schmaler spalt, dort sammeln sich die tränen deines leides, welches dir die spitzen stachel der verführer zugefügt haben.
die warme stimme des todes hat dich umschlungen. wenn dein herz wieder zu glühn beginnt und die feinde vor dir auf die kniee gehn, dann ist ein kleiner schritt gewonnen, der dich in eine grössere welt der tiefsten empfindungen zurückgleiten läßt. sei immer der engel mit dem großen herzen und die schwarze blüte im gold der verführung. nur wenn du selber die schlacht gewinnst, wird dein leben zum schluß vom tode als ziel anerkannt werden. doch bei jeden erzittern deiner gefühle sollst du alles geben, denn am schluß bekommst du den großen lohn deiner schmerzen.
eis ist dazu da um das licht wiederzuspiegeln
leben ist da um sich mit licht
bis zur finsternis vor zu wagen.
ganz liebe grüsse aus licht für dich
von Franky lächeln:-)

 Mondsichel meinte dazu am 16.12.06:
*lächel* Der Kampf ist eben mein Leben und aufgeben, werde ich ganz sicher nicht, das glaub mir mal :)
Ich danke Dir für Deine rührenden Worte.
Übrigens habe ich jetzt sämtliche Geschichten zusammengefügt in einem Projekt und auch das neue: Sternenglanz ist nun der Sammlung zugefügt. :)

Liebe Grüßle
Deine Arcy
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