Sorgen

Kurzgeschichte zum Thema Humor

von  tastifix

Buckingham Palace.
Am frühen Morgen. Queen Elizabeth räkelte sich in ihrem Bett, schlug die Augen auf, rekapitulierte, welcher Tag es eigentlich wäre. Richtig, heute stand ihr Staatsbesuch in Deutschland auf dem Programm. Innerhalb einer Sekunde war die Schläfrigkeit vergessen, sie putzmunter und Energie geladen wie immer. Dennoch seufzte sie. Denn ihr bliebe nichts Anderes übrig, als aus der Auswahl der etwa tausend Designerkleidern, die ihren nicht so ganz winzigen Kleiderschrank füllten, das einzig richtige, für Wetter und Anlass passende Outfit heraus zu picken. Und nicht zu vergessen einen ihrer unverzichtbaren, so extrem geschmackvollen Hüte. Für eine Dame des englischen Hochadels absolutes Pflichtutensil. Sie ohne Hut – das würde die Welt nicht erleben. Ach ja, und ihre Kronjuwelen müssten freilich auch mit. Die verkörperten Macht und Reichtum. Am besten, sie legte sie zur Sicherheit schon ´mal neben ihre Staatsrobe. Dann könnte nicht mehr viel schief gehen.
Queen Elizabeth hechtete aus dem königlichen Bett und raste im selbstverständlich königlichen Nachtpolter durch den ganzen Palast bis zur Schmuckvitrine. Ihre Wachtposten sahen diskret zur Seite. Die wussten, was sie ihrer Stellung schuldig waren. Da Elizabeth zeitlebens nicht gerade unsportlich gewesen war, legte sie diesen Weg in persönlicher Bestzeit zurück, um dann allerdings zu Tode erschrocken vor ihrem überaus geliebten Schmuckkästchen zur Salzsäule zu erstarren. Was sie nämlich da nicht entdeckte, waren die nicht so ganz unwichtigen glitzernden, kleineren bzw. größeren Steinchen, die ihr ohnehin schon hochadliges Prestige ins Hochhochadlige anhöben. Weder das Diadem noch die dazu passenden Ohrringe lagen dort, wo sie eigentlich hin gehörten. Nichts. Nur das rote Samtkissen sah ihr vereinsamt entgegen. Ein absolut undisziplinierter Schrei entfuhr der Spitze Englands, ganz gegen ihre sonstige disziplinierte Ader. Bis aufs Mark erschrocken sprang daraufhin gehetzt Gemahl Prinz Philipp, abrupt aus seinen Träumen gerissen, aus dem hoheitlichen Bett, rannte, ebenfalls zeitlebends recht sportlich, nicht ganz so fix wie seine Frau – in Fast-Bestzeit in Richtung der so undisziplinierten, dem Hofprotokoll in derart infamen Weise ungehorsamen, schrillen Lautäußerung der überaus geliebten Ehehälfte und rettete diese in letzter Sekunde per ausgebreiteter hoheitlicher Arme sowie tröstender Worte vor drohender Ohnmacht. Schließlich gäbe es in der gesamten, finanziell doch recht annehmbar situierten, noblen Verwandtschaft noch genügend Juwelen, die man ausleihen könnte. Und, selbst wenn nicht: Da wäre ja noch die königliche Garderobe, der man ihren Wert ja auch ansähe.
Mit dieser psychologisch weisen Bemerkung landete dieser außerordentlich sensible Mann einen Volltreffer: So ganz unerfahren, was Frauen anging, war dieser Prinz Kavalier ja nun gerade nicht. Für ihn trotzdem extrem unerwartet, bedachte Queen Elizabeth (ausnahmsweise) ihren ach so fürsorglichen Ehemann doch wirklich mit einem strahlenden Lächeln, was der sich in seinem inneren Kalender schnellstens rot anstrich. Kam nämlich nicht allzu oft vor. Auf bereits wieder viel festeren Beinen flitzte Ihre Majestät, so ganz unmajestätisch, zum Kleiderschrank und begutachtete dessen Inhalt. Was sie da erblickte, trug dann zur raschen Stabilisierung ihres in jener Katastrophensituation doch recht labilen Kreislaufes bei. Ach ja, der Pelzmantel. Hatte ja auch immerhin -zig Tausender gekostet. So gewandet, könnte sie neben ihrem Gastgeber Gerhard Schröder, diesem, gleich ihr im eigenen, in dessen Heimatland überaus beliebten, regierenden Topmodel Deutschlands, was Designerklamotten beträfe, doch wahrlich gut bestehen. Bei diesem sie überaus beruhigenden Gedanken nahm ihr königliches Herz seine Routinearbeit in üblicher Leistungsstärke wieder auf. Blitzartige Verbesserung des körperlichen und vor allem des seelischen Wohlbefindens waren die Folge. Von einer Sekunde zur nächsten fühlte sich Englands Königin wieder Welsh Corgi wohl in ihrer Haut. 
Wie sich später herausstellte, hatte sie übrigens die Kronjuwelen drei Tage zuvor nach einem offiziellen Termin höchstpersönlich selber in der Küche liegen lassen.                          1.11.04


Anmerkung von tastifix:

Eine absolute Blödelgeschichte...

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Kommentare zu diesem Text


 BrigitteG (02.11.04)
Sehr witzig. Das königliche Nachpolter ... ich hoffe, es hatte eine Goldkante.

 tastifix meinte dazu am 02.11.04:
Liebe Brigitte!

Dankeschön dafür, dass Du diesem Text eine so gute Note gegeben hast.
Tja, in diesen Tagen steht Düsseldorf des Besuches der Königin wegen Kopf.
Aber...als ich an die Queen dachte,kamen mir eben diese halt so ganz anders gearteten Gedanken.

Ach..ehem..ääh, wie genau dieses "Nachthemdchen" aussah...hat mir meine Phantasie leider nicht
zugeflüstert, grins.Doch mit der Goldkante könntest Du richtig getippt haben. So pflegen doch zumindest immer im Märchen die königlichen Gewänder verziert zu sein,grins.

LG
Gaby-tastifix













Aber mit der Goldkante wirst Du wahrscheinlich richtig tippen. So pflegt das doch bei königlichen Gewändern zu sein, oder??

LG
Gaby-tastifix
Brazos (48)
(04.11.04)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 tastifix antwortete darauf am 04.11.04:
Lieber Brazos!

Ich danke Dir für diese gute Bewertung meiner Blödelstory.
Deine Ergänzungsvorschläge zu dem Text finde ich übrigens toll.(smile!).
Deine Grüsse werde ich selbstverständlich ausrichten.

LG
tastifix
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