Ich klebe an Dir!

Innerer Monolog zum Thema Abhängigkeit

von  tastifix

!
Sehr begehrtes und verehrtes Etwas!

Es läßt sich nicht mehr umgehen. Ich erleichtere mir jetzt das Herz, selbst auf die Gefahr hin, dass die noch letzten Tipper der Zuneigung zwischen uns sich daraufhin in Nullkommanix und dann endgültig verflüchtigen.

Kannst Du Dich noch an den Tag erinnern, den Tag voller Freude und Sonnenschein, als Du in mein Heim Einzug hieltest? Du fühltest Dich wie im siebenten Himmel. Endlich warst Du diesem doofen Kastengewimmel (entschuldige bitte, nichts als die Wahrheit!) in der Moderne-Welt-Sucht-Abteilung entkommen. Endlich wurde Dir als "Individuum" mannigfache, zweibeinige Zuwendung, ja sogar zeitweise Bewunderung zuteil.

Stolz nahmst Du Deine Arbeit auf, murrtest nicht wegen des enormen Arbeitsanfalls und den gelegentlichen, so manchen, den recht vielen, den unwahrscheinlich häufigen Überstunden, die ich Dir abverlangte, sondern ackertest pflichtbewusst vor Dich hin. Stolz war auch ich, die ich Dir Aufträge erteilte, Dich bei Deiner Arbeit dirigierte und aller meistens zufrieden die Ergebnisse unserer gemeinsamen Schufterei betrachten konnte.

Du lerntest mich kennen, relativ schnell sehr genau kennen und schieltest mich manchmal denn doch ein bisschen verzweifelt aus Deinen Bedienungsknöpfen an:
"Reicht`s nicht langsam für heute??"
Nein, es reichte mir nicht und Du gehorchtest.

Doch seit kurzem träume ich nur noch von diesen seligen Zeiten der wunderbaren Übereinstimmung. Besorgt machte ich mir bereits die schrecklichsten Gedanken:
"Doch keine Virus-Grippe?? - Aber nein, er ist ja kein Computer, sondern ein Drucker!"

Ich wusste keine Erklärung für unsere Unstimmigkeiten. Solltest Du ein Dokument drucken, verweigertest Du nach spätestens einer halben Seite den Dienst. Das Schriftbild wurde schwächer und schwächer, Zeilen erschienen nur noch zur Hälfte oder wurden nur in Halbhöhe abgebildet.

Ich kontrollierte Deine sämtlichen Kabelanschlüsse, alles in Ordnung, sah Papierformat und Randeinstellungen nach. Es fand sich kein Fehler. Ich überprüfte den Tintenfüllstand Deiner Patronen. Sie waren noch fast voll.

Allmählich machte mich dieses Theater kribbelig. Ich wurde ungeduldiger, wahrscheinlich auch Dir gegenüber ein wenig ungerecht, was dann in zunehmender Häufigkeit in dem hilflosen Schrei ausartete:
"Verdammt noch mal, du dämliche Kiste!"
Du, die dämliche Kiste konnte doch gar nichts dafür und littest entsetzlich unter meinen Wutausbrüchen. Allein die Tatsache, dass Handgreiflichkeiten Dir gegenüber das Gegenteil von dem bewirkt hätten, was ich immer noch zu erreichen hoffte, hielt mich davon ab, Dich an die Wand zu knallen.

Aber dann besann ich mich eines Besseren, zwang mich zur Ruhe und überlegte, was noch auszuprobieren wäre.
"Wartung anklicken, das bringt`s!"
Schon froher gestimmt, klickte ich nacheinander auf Start, Programme, Zubehör, Systemsteuerung und letztendlich mit einem erleichterten Aufseufzen auf Drucker/Faxgeräte.

"Hier werd`ich es finden!", hielt ich meine Ungeduld im Zaum und wartete.
Ich hätte wahrlich Stunden, Tage, Wochen, Monate so sitzen und mich in Geduld üben können ... Es tat sich nämlich nichts weiter bis auf die Angabe Deines Namens, den ich eigentlich mittlerweile im Hinterstübchen gespeichert hatte sowie den netten Hinweis, Du wärest bereit. Genau den Eindruck hatte ich denn wahrlich nicht.
"Wieso bloß geht das denn nicht?", ärgerte ich mich aufs Neue.

Während ich noch grübelte, bekam ich den Hinweis:
"Der Drucker ist offline!"
Zweifelnd starrte ich Dich an.
"Die sagen, Du bist offline und dabei bist Du doch angeblich bereit. So ein totaler Quatsch!"
Du reagiertest diplomatisch und schwiegst.

Weiter machte ich mir Luft:
"Wenn Du bereit bist, kannste nicht offline sein, verflixt noch mal! Und weswegen lässt sich Deine Wartung nicht aufrufen?"
Die ganze gezwungene Gelassenheit war zum Teufel. Ich meckerte, ich schimpfte immer lauter, zu guter Letzt schrie ich mir den Frust von der Seele:
"Ich bin`s leid wie dicke Tinte! Immer, wenn es drauf ankommt, geht das olle Ding nicht!"
Auch dazu äußertest Du Dich nicht.

Mein schrilles Quieken war inzwischen bis in den Keller hinein zu hören. Prompt eilte eine aufgebrachte Tochter herbei:
"Mamaa, nun reg`dich nicht so auf!!"
Natürlich regte ich mich auf, weil ich nämlich anscheinend zu blöd war, um jenen Mist wieder in den Griff zu kriegen und überhaupt ...

Was mich innerlich wieder ein wenig aufrichtete, war dann das Unvermögen meines computererfahrenen Nachwuchses, auch nur andeutungsweise hinter des Rätsels Lösung zu kommen.
"Mensch, das muss ich doch finden. Das gibt`s doch gar nicht!", hielt ich mich dran.
Die Antwort war ein hilfloses Schulterzucken, das überdeutliche Zeichen für Null-Ahnung und/oder Null-Bock. Mein geliebtes Kind verzog sich flugs zurück in sein Zimmer und schloss unüberhörbar entschieden die Türe. Das bedeutete:
"Vorsichtshalber keine Sprechstunde mehr!"
Wahrscheinlich knabberte es an diesem Computer-Freak, dass sie da doch tatsächlich einmal an ihre Kasten-Hypnotisier-Grenzen gestoßen war.

Verlassen hockte ich dort vor meinem Gerät und raufte mir die Haare. Plötzlich aber erbarmten meine Gehirnwindungen sich meiner, arbeiteten mindestens dreimal so fix als bis dann wie auch richtig und gaben mir die nachfolgende Idee ein, allerdings nicht, ohne mich vorher nochmals fast ins Tal der Tränen absinken zu lassen:
"Wie kannste nur so doof sein!"
Es war alles andere als erbaulich für mich, just in jenem Moment mit dieser meiner eigenen Einsicht konfrontiert zu werden.

Danach jedoch kam der alles entscheidende Trost, der die große Wende bringen sollte.
" Was ... ist ... mit... dessen ... Bedienungsanleitung??!!"
"Ooh!", dachte ich dazu, schüttelte den Frust ab, wühlte mich durch den Papierwust in meiner Kommode und fand auch wirklich jenes schlaue Heft, dass mir als Engel des Drucker-Himmels erschien.

Ich brauchte genau fünf Minuten, um die betreffende Rubrik zu finden und nochmals zwei Minuten, um sie aufzurufen. Erleichtert durechstöberte ich das Kästchen´Wartung`, reinigte die Düsen sicherheitshalber gleich dreimal nacheinander und druckte ebensoviele Testblätter aus. Die beiden ersten Ausdrucke erwiesen sich noch als sehr schwach. Auf dem dritten allerdings zeigte sich eine leichte Verbesserung des Schriftbildes. Nur, richtig zufrieden stellte mich dessen Qualität immer noch nicht.

Abends schilderte ich dem Papa meiner Kinder den Fall. Der legte kurz seine Denkerstirn in Falten und lieferte mir prompt die Lösung meines Problems:
"Ich hatte auch schon mal diesen Ärger. Da brauchste nur die Patrone auszuwechseln!"

Sag`an, hättest Duu mich darauf nicht selber hinweisen können??

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