Regnpige - Das Regenmädchen

Geschichte zum Thema Regen

von  Secretgardener

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Da war einst dies Mädchen. Immer wollte es den Regen spüren, doch immer regnete es nur im Nachbarsort.
Sie wollte das Wasser auf Ihrem Gesicht spüren, wie die Tropfen einzeln jede Ihrer Sommersprossen bedecken.
So lief Sie dem Regen hinterher. Lief und lief und lief. Immer im gelben Regenmantel, den Sie aus Zuversicht trug.

Manchmal stellte Sie sich in eben jenem Regenmantel und Ihren grünen Gummistiefeln unter die Dusche, doch das konnte das Gefühl nicht ersetzen.
Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie es wäre. Im Regen zu tanzen, durch Pfützen zu springen; himmelwärts zu schauen, mit offenem Mund.
Wiesenliegend wollte sie sein, mit ausgebreiteten Armen und Beinen, regenliedersingend.

Ihre Eltern frug Sie, warum es bei ihnen nie richtig nass wurde. Es hieß, der Regen habe Jever verlassen, da dort bereits zu viele Tränen flossen. Doch das gefiel Ihr, denn damit konnte Sie etwas anfangen. Sie hatte einen Plan.
Fortan lief Sie jeden Tag in Regensachen in die Schule - Sie wollte den Regen anlocken.

Zuhause hielt Sie immer die Fenster geschlossen, bat Ihre Eltern, sie mögen doch die Gartenmöbel unterstellen. Sie lief durch den Park, sah sich die Frösche an, um zu sehen, wie diese sich auf den Regen vorbereiteten, wunderte sich, wenn Sie Vögel fliegen sah.
Sie rannte zu den Kühen, beruhigte die Kälbchen, sie mögen keine Angst vor dem Gewitter haben. Ebenso bei den Lämmern und Zicklein.
Der Stier kam wutentbrannt angerannt und stellte sich schnaubend vor Sie. Sie sah ihm in die Augen und sagte nur „Pass´ mal auf, du solltest hier nicht rumschnauben, sondern auf deine Herde aufpassen“.
Sie rannte über die Wiesen und sang Lieder über Lieder.

Im Ort wunderte man sich anfangs, doch mit der Zeit wurde der Anblick immer vertrauter; ja, es gefiel sogar. Die Leute sahen Sie, wie Sie Ihre Freude auf den Regen verbreitete. Es steckte so sehr an, daß manche Kinder sich Ihr anschlossen und manch Erwachsener immer einen Regenschirm bei sich trug. Es war schon ein seltsamer Anblick, bei strahlender Sonne und blauem Himmel Kinder in Regenmänteln und Gummistiefeln zu sehen, die den Himmel ansangen. Doch niemand konnte sich dabei eines Lächelns erwehren.

Aber es fing einfach nicht an zu regnen. So sehr Sie sich auch bemühte, es regnete nicht.
Sie setzte sich in einen Baum und klagte zum Himmel. „Lieber Regen, warum denn nicht? Ich habe doch alles versucht. Habe viele Tränen vertrieben, habe dich gepriesen. Warum willst du nicht zu mir kommen? Alles, was ich wollte war nur, daß es hier einmal richtig regnet, mehr nicht, damit würdest du mich schon glücklich machen“.

Sie saß für viele Minuten dort oben im Baum und schaute sehnsuchtsvoll in den Himmel, doch nichts geschah. Dann stieg das Mädchen hinab und lief mit schlurfendem Gang über die Wiese; sie wollte zu Ihrem Lieblingslamm. Sie kletterte über den Zaun, zog sich Ihren gelben Regenmantel aus, schmiss Ihre Gummistiefel wütend weit von sich und hockte sich neben Ihr Lamm. Sie umarmte es und fing an zu weinen und gar bitterlich zu schluchzen.

Plötzlich fiel Ihr ein Tropfen Wasser auf die Nase. Dann noch einer auf die Stirn und ein weiterer auf Ihren Mund. Beim Blick nach oben konnte Sie kein Stückchen Himmel mehr sehen, überall waren dunkle Wolken und Sie konnte die Regentropfen sehen, die an dicken Bändern Richtung Erde fielen.

Lachend und singend rannte Sie über die Wiese, rannte zu den Fröschen, den Kälbchen und Zicklein und strahlte über Ihr ganzes, sommersprossenbedecktes Gesicht.
Ihre roten Haare wurden völlig durchnässt, genau wie Ihre Kleidung und Ihre bunten Ringelsocken, mit denen Sie zurückrannte. Sie rannte durch die Stadt und klingelte an jeder Türe. Ihre Freunde kamen mit zu Ihr raus. Die Eltern riefen zwar hinterher, sie sollten sich wenigstens Regensachen anziehen, doch gegen das Mädchen kamen sie nicht an und so ließen sie sie ziehen.
Die Kinder rannten händehaltend durch Pfützen, sangen Regenlieder und lachten ohne Ende. Sie setzten sich auf der Wiese in einen Kreis und erzählten wild durcheinander. Das Mädchen sah ihnen nur zu, sah zu den Wolken und fing an vor Freude zu weinen.

Seit diesem Tage regnete es wieder regelmäßig in Jever und das Mädchen wurde von allen nur noch „Das Regenmädchen“ genannt.
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Anmerkung von Secretgardener:

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Für HvidLiljer, die Regenlizzy.
Inspiration kommt auch von Ihr.

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Kommentare zu diesem Text

HvidLiljer (35)
(23.06.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 23.06.07:
Og lille pige elsker dig.
Bitte; hast verdient. :)
shadowhunter (28)
(23.06.07)
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 Secretgardener antwortete darauf am 23.06.07:
Hab´ vielen Dank.
Immer schön, wenn man es schafft es so bildhaft hinzubekommen...wie im Film. Etwas märchenhaft sollte das Ganze auch werden.
Wobei mich manche Wiederholungen hier etwas stören.
Ich mag den Regen so lala.
Liebe Grüße.
The_black_Death (31)
(04.07.07)
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 Secretgardener schrieb daraufhin am 04.07.07:
Vielen Dank für das Kompliment und die Empfehlung.
Phantasie...bei sowas mag ich das, ja; mir kommen eben öfters allerlei Gedanken.
Viele Grüße, Angelo.
Traumfängerin (23)
(07.07.07)
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 Secretgardener äußerte darauf am 07.07.07:
Hab´ Dank für das Kompliment, und für die Empfehlungen.
Viele Grüße.
zackenbarsch† (74)
(07.07.07)
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 Secretgardener ergänzte dazu am 07.07.07:
Vielen Dank für das Kompliment, und die Empfehlungen. Obwohl mich noch ein, zwei Sachen ein wenig stören...
Geschichten...ja, manchmal halte ich durch, wenn die Motivation groß genug ist und die Ideen genügend kommen.
Liebe Grüße zum Formel1-Sonntag zurück, ;)
Angelo.
Lena (58)
(07.07.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 07.07.07:
Diese Art Gänsehaut mag ich. :)
Und da schieb ich Dir auch gleich eine kleine Regenwolke von hier rüber.
Danke auch für die Empfehlung.
Liebe Grüße, Angelo.
Eisblume (41)
(12.07.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 12.07.07:
Vielen Dank für das Kompliment und die Empfehlung.
Liebe Grüße, Angelo.
Martok (44)
(29.07.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 29.07.07:
Vielen Dank, freut mich, daß sie Dir gefällt.
Viele Grüße,
Angelo.
SK12 (24)
(30.07.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 30.07.07:
Vielen Dank für die Komplimente und die Empfehlungen.
Aber das ist dann doch dänisch gemeint. ;)
Freut mich, daß es so anschaulich rüberkommt, daß Du Dich reinversetzen konntest.
Viele Grüße, Angelo.
A.Nina.Mattiz (37)
(03.10.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 03.10.07:
Das freut mich sehr, daß es Dir so gut gefällt. :)
(Bald ist ja wieder Ihre Zeit angebrochen, mit dem ganzen Regen)
Ja, man meint immer, daß Märchen viel schwerer zu schreiben sind, weil sie "einfacher", aber auch verspielter sein müßen, und dieses Kindliche traut man sich nur schwer zu als Erwachsener. Dabei ist es gar nicht sooo schwer, das stimmt und macht einen dann zuversichtlich.
Liebe Grüße zurück, Angelo.
ArFeiniel (25) meinte dazu am 17.10.07:
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 Secretgardener meinte dazu am 17.10.07:
Diese Wiederholungen sind ja mit voller Absicht eingebaut. Ich las mir den Anfang noch einmal durch, sie haben den Effekt, den ich wollte und beeinflußen das Tempo und den Stil so wie ich es wollte. Etwas unzufrieden bin ich höchstens in der zweiten Hälfte...
Ich schrieb es ja in erster Linie wegen und für HvidLiljer, und da es ihr sehr gefiel, werde ich es deswegen auch so lassen; nix für ungut.
Liebe Grüße zurück.
just.a.girl (23)
(27.10.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 27.10.07:
Ja, mein Regenmädchen ist noch eine ganz kleine Süße. :)
Freut mich, daß Dir auch mein Werk gefällt (Cross-Marketing nennt man das wohl ;) ), die Kleine wird auch nie erwachsen...
Liebe Grüße, Angelo.
KriegerinDerTräume (29)
(05.01.08)
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 Secretgardener meinte dazu am 05.01.08:
*Dir Luft zufechel
Freut mich bei diesem Werk hier besonders :)

 Unbegabt (22.06.08)
Oh, toll.


*klicks*

 Secretgardener meinte dazu am 22.06.08:
Danke schön, freut mich echt.
:)
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