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Artemis

Kurzprosa zum Thema Sinn/ Sinnlosigkeit

von  souldeep

Illustration zum Text
(Inneres)KindBergen
(von souldeep)
Vlll     

Das Projekt nannten sie Artemis.
Der griechischen Göttin geweiht. Jene Amazone, die jung und
vital durch die Wälder streifend keinen Mann an sich heran liess,
mit Pfeil und Bogen auch gefährlich sein konnte und gleichzeitig Hüterin
und Beschützerin aller Neugeborenen, kleinen Kinder und
Wöchnerinnen war.
Diese anmutige Artemis hatte es Angelina sehr angetan.

Aus ihr selbst war mehr und mehr eine Frau geworden.
Sie hatte eine neue Art gefunden, sich zu kleiden und zu pflegen,
wodurch man ihr jene Jahre auf der Strasse nicht mehr ansah.
Sie begann die Ausbildung zur Buchhändlerin, nachdem sie
mit Lavinias Hilfe die Schulbildung nachträglich abgeschlossen hatte.
Diese anspruchsvolle Auseinandersetzung mit Literatur und
Arbeitswelt forderte eine ganze Menge von ihr. Da sie nun ein
richtiges Ziel vor Augen hatte, wusste in jeder Krise, dass sie
nie mehr so nah am Verrecken sein wollte, wie damals, als
Maurice verschwand und später, als sie selbst beinahe erfroren wäre.
Nie wieder.

Wer Angelina im Erwachsenenalter kennen lernte, durfte von ihr
einen bleibenden Eindruck behalten – war sie doch so ganz anders,
als die meisten jungen Frauen, die man heutzutage traf. Eine, die
noch etwas zu sagen hatte, die ihre Eigenheit zur Schau stellte –
jedoch niemals um jeden Preis und auf eine durchaus angenehme Weise.
Ein Selbstbewusstsein, das um viele Abgründe reicher war,
als manches von Menschen, die ihr Leben immer im sicheren Hafen
von bravem Bürgertum gelebt hatten, die mit Fingern und Grimassen
auf Randständige zeigten, um sich mit eigenem Dunkel nicht
auseinander setzen zu müssen.

Lavinia blieb ihr eine Verbündete fürs Leben. Die beiden wohnten
dereinst in einem alten Haus, wo sie ein riesiges Atelier einrichteten
und sich –jede auf ihre Weise- vielseitig kreativen Tätigkeiten hingaben.
Daraus entwickelten die beiden eine neue Lebensgrundlage,
mit welcher sie auch ihr Geld zu verdienen suchten.
Sie verbanden soziale, emotionale und therapeutische
Komponenten in einem Raum und Angebot für Jugendliche.
Als die Stadt die erstaunliche Wirkung von gelebter Kreativität auf
die Entwicklung der jungen Menschen prüfte, beschloss sie,
sogar jene Menschen in diese Darlegung zu schleusen,
die weder sozial noch finanziell in der Lage waren, selbst für das
Angebot aufzukommen. Es wurde ein fester Bestandteil
des Sozialsystems der Stadt.

Und so zog ein Quäntchen Griechenland in diesen nördlichen Teil
Europas – mit einer schillernden Person, die warm und einnehmend
wirkte – jedoch immer auch einen wehmütigen Zug um den Mund trug.
Die herausragende Fähigkeiten im Bezug auf bildnerischen
Ausdruck besass und diesen in einer unaufdringlichen Weise
den Menschen nahe bringen konnte, damit jene sich trauten,
ihre eigenen Abgründe genauer kennen zu lernen. Und niemand
wusste genau, was sie in ihrem Kern verbarg. Dass eine nie sterbende
Liebe ihr Licht und ihre Trauer zu speisen vermochte.

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Kommentare zu diesem Text


 Maya_Gähler (29.06.07)
Ich wünsche den Protagonistinnen, dass sich wirklich alles so entwickelt, wie du es hier darstellst. Was du wieder einmal auf sehr eindrückliche und wunderbar zarte Art tust. Deine Texte berühren und können unmöglich kalt lassen.
Bin gespannt, ob und wie es weitergeht.
Liebe Grüße von der Wundernase Maya ;o)

 souldeep meinte dazu am 29.06.07:
liebe maya-wundernase ;)
ist das schön, dich hier wiederzutreffen - ich freue mich über deine
rückmeldung, hab dank dafür.
naja...eigentlich wollte ich aufhören...ich will ja kein buch schreiben...
:)

dir helle, sonnenhungrige grüsse
kirsten
steinkreistänzerin (46)
(29.06.07)
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 souldeep antwortete darauf am 29.06.07:
hej, das ist schön, dass du diese gedanken, die ich in einfache sätze
gepackt, ausformulierst, liebe annette! ja, ich denke auch so - und
hab mal hier einen wunsch ausgeschrieben...

lieben dank und ebensolche grüsse
kirsten
Balu (57)
(29.06.07)
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 souldeep schrieb daraufhin am 30.06.07:
wenn es nur schon das ende, bzw die umkehrung der spirale nach
unten ins dunkle ist, ist es viel, oder?!
leben ohne leiden gibt es nicht - und doch gibt es veränderungen,
die einen mehr leben als leiden lassen.
was vergiftend wirkt, ist immer das ungelebte, das unausgedrückte,
das unreflektierte, nicht wahr? deshalb kann es ja sein, dass angelina,
wenn sie sich ihrem schmerz immer wieder stellt, ihm ausdruck verleiht,
doch auch heiler werden kann.

...ja, erfahrungen...

ganz lieben dank und sonnengrüsse dir,
kirsten

 rela (07.07.07)
Das Bild der Hoffnung das ich bereits in der letzten Folge hatte
bestätigt sich nun. Aus Angelina ist eine vom Leben geprägte Persönlichkeit geworden. Ein Mensch mit Feinschliff und sorgendem Blick für die Nöte junger Menschen. Sie nutzt ihre
Erfahrungen auf wundersame Weise und gibt liebevolle Hilfe, so wie sie das ebenfalls in ihrer Not erfahren durfte.
Lavinias guter Einfluß ist deutlich spürbar.
Die nie sterbende Liebe zu Maurice, die ihr Licht und ihre Trauer zu speisen vermag ist ihr zur Muse geworden.
Licht und Dunkel haben in ihrem Herzen ein ausgewogenes
Verhältnis gewonnen. Wie Yin und Yang. Das macht sie zu dieser starken und ausgeglichenen Persönlichkeit.
Das ist mein Empfinden beim Einfühlen in den Text und ich hoffe, meine Sichtweise wird Deiner wunderschönen
Erzählung ein wenig gerecht. Liebe Grüße. Rela

 souldeep äußerte darauf am 07.07.07:
dass du das verstehst, das wusste ich, liebe rela - und doch, wenn
ich deinen kommentar so lese...berührt er mich mehr, als ich hier
sagen kann...

deine rückmeldungen sind mir lieb und wichtig geworden und ich
danke dir von herzen dafür,
kirsten
mit hellen grüssen zu dir.
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