25 Meter hin ...

Kurzgeschichte

von  ViolaKunterbunt

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25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Sie zieht ihre Bahnen.
25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Die Wasseroberfläche glitzert im frühen Morgenlicht. Wie tausend kleine Sonnen und Sterne blitzt und funkelt es vor ihren Augen.

25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Strahlend blauer Himmel, zwitschernde Vögel. In den Blättern der Bäume schimmern die unterschiedlichsten Grüntöne in der leichten Brise des Morgenwindes; diese Kulisse ist schon geradezu kitschig.
25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Nun wird es nicht mehr lange dauern, bis das Freibad offiziell öffnet.

Am Abend vorher waren sie in der neuen Disco gewesen. Er hatte mit ihr getanzt, und sie hatten getrunken - viel getrunken. Da war die Musik, diese farbigen Lichter und sie drehten sich im Tanz; da waren seine Lippen auf ihrer Haut, seine fordernden Küsse, und drehen … und drehen …

25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Das Wasser umspielt ihre Haut wie kalte Seide. Bei jedem Zug taucht sie mit dem ganzen Gesicht unter und kühlt ihre heiße Stirn.

Irgendwann hatte er diese Idee gehabt. Lass uns schwimmen gehen. Eine Erfrischung wäre gut in der Hitze dieser Nacht.
Sie waren über den Zaun geklettert. Er hatte sich gut ausgekannt. Er wusste an welcher Stelle das kleine Mäuerchen hoch genug war, um problemlos über den Zaun zu steigen.


25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Sie hört Stimmen; noch sind sie weit weg. Sie haben wohl gerade das Eingangstor aufgeschlossen und ordnen nun den Kassenraum, Es wird noch eine Weile dauern, bis ihnen die leichte Wellenbewegung und die Schwimmerin im Becken auffallen werden.
25 Meter hin - 25 Meter zurück.

Mit ihm zusammen war sie über die Wiese geschwebt. Glucksen im Herzen und im Bauch. Noch war der Alkoholpegel hoch genug, um mit ihm bedenkenlos ins Gras zu sinken.
Danach ist die Erinnerung nur noch sehr verschwommen. Kino im Kopf - ein ganz schlechter Film - Hände, die immer fordernder werden - Drängen hier; Abwehr da - reißende Kleidung - Kampf - aufspringen - um sich schlagen - rettender Sprung ins Wasser - und dann noch ein dumpfer Aufprall hinter ihr, während das kalte Wasser über ihr zusammenschlägt.


25 Meter hin - 25 Meter zurück.
Das Wasser glitzert vor ihren Augen. Monoton zieht sie ihre Bahnen. Ein friedlicher Anblick.
Störend wirkt nur auf dem Grund des Beckens der langgestreckte, dunkle Fleck.


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Kommentare zu diesem Text

TomMüller (40)
(16.08.07)
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TomMüller (40) meinte dazu am 21.08.07:
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 ViolaKunterbunt antwortete darauf am 22.08.07:
Zuerst mal vielen Dank für die ausführliche Beschäftigung mit dem Text.
Ich habe einiges davon nutzen können. mit der kitschigen Kulisse, da habe ich Deine Änderungsversion genommen. Es war mir gar nicht aufgefallen, dass das schon an der falschen Stelle stand, aber nun - wenn du es so schreibst ... hast ja recht.

Das mit dem offiziell öffnenden Freibad finde ich ok, denn sie ist ja momentan eher inoffiziell da. Und so haben die beiden sich das in der Nacht ja inoffiziell geöffnet.

Dann zu der Musik, an die sie sich erinnert. Du hast hatürlich völlig recht, dass das ein Zeitfehler ist. Aber ich wollte ja in den kursiven Textteilen nicht konkret aus der momentanen Situation berichten, also musste ich das ganz ändern.
Vorher: Sie erinnert sich an die Musik, an farbige Lichter und an das Drehen im Tanz; seine Lippen auf ihrer Haut, seine fordernden Küsse und drehen ... und drehen ...
Jetzt: Da war die Musik, diese farbigen Lichter und sie drehten sich im Tanz; da waren seine Lippen auf ihrer Haut, seine fordernden Küsse, und drehen … und drehen …

Mit dem kühl umspielenden Wasser habe ich auch generell was geändert. Tja ...

Deinen Einwand mit dem Tor fand ich witzig. Natürlich ist das Tor vorne. Ich habe es also in Eingangstor geändert.

Nur der schlechte Film, da hänge ich tatsächlich dran. Ich finde den Begriff genau an der Stelle sehr gut und passend. Das ist so der Bezug zu dem Kino im Kopf, ist ja klar.
Mal sehen, ob noch mal einer was dazu schreibt.


An dem Abschluss mit "etwas störend" habe ich vorher schon rumgedoktort und nun noch mal viel überlegt.
Ich habe nun einfach mal das "Etwas" gestrichen. Ich finde, das klingt besser. Und der Effekt bleibt der gleiche.

Ja, ich bin genauso der Meinung, dass von den 25 Metern nichts gestrichen werden kann.

Also, nochmal vielen Dank und bis bald!
Viola
TomMüller (40) schrieb daraufhin am 22.08.07:
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 Martina (16.08.07)
Joooo...der kam guut!!! Bin wieder begeistert das am frühen Morgen auf nüchternen Magen :0) Lg Tina

 ViolaKunterbunt äußerte darauf am 19.08.07:
Hihi ... na danke schön auch für das Begeistert sien.
Ich freu mich. Liebe Grüße, Viola
steinkreistänzerin (46)
(16.08.07)
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 ViolaKunterbunt ergänzte dazu am 19.08.07:
Verschluckt am Glucksen. Das ist schön.
Ich bedanke mich sehr für Deine Worte und freue mich.
Liebe Grüße, Viola

PS. Vielen Dank auch für den Klick rechts!
(Antwort korrigiert am 19.08.2007)

 Maya_Gähler (16.08.07)
klasse Überraschungseffekt... sehr gelungen...
LG Maya

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 19.08.07:
Wenn es denn überraschend war, dann ist es richtig gewesen.
Danke für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße, Viola

PS. Vielen Dank auch für den Klick rechts!
(Antwort korrigiert am 19.08.2007)

 Vaga (16.08.07)
Die Leseaugen schwimmen zunächst ruhig mit in den Bahnen. Etwa ab Mitte wird der Text zum beunruhigenden Thriller. Am Schluss: Fröstelndes Entsetzen. Du schreibst hier sehr fotorealistisch-farbchangierend, sodass man am Ende diesen "Film" intensivst im Kopf hat. Liebe Grüße - Vaga.

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 19.08.07:
Ja, das ist ja ein schöner und plastisch beschreibender Kommentar. Vielen Dank für Deine Worte.
Und wenn Du den "Film" noch eine Weile im Kopf behalten hast, dann freut es mich besonders.
Kunterbunte Grüße, Viola

 Isaban (16.08.07)
Sehr spannend und gut gemacht, klasse das Ende!

Liebe Grüße,
Sabine

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 19.08.07:
Danke für Deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass Du ihn als spannend empfindest. Denn das sollte er natürlich sein.
Kunterbunte Grüße, Viola

PS. Vielen Dank auch für den Klick rechts!
(Antwort korrigiert am 19.08.2007)
orsoy (56)
(17.08.07)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 19.08.07:
Hallo Konni, das freut mich und ehrt mich. Vielen Dank!
Liebe Grüße, Viola

PS. Vielen Dank auch für den Klick rechts!
(Antwort korrigiert am 19.08.2007)
(Antwort korrigiert am 19.08.2007)
Blueeyse34 (36)
(17.08.07)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 19.08.07:
Vielen Dank für Deinen Kommentar!
Es freut mich sehr.
Kunterbunte Grüße, Viola

PS. Vielen Dank auch für den Klick rechts!
(Antwort korrigiert am 19.08.2007)

 BrigitteG (25.08.07)
Ja, ich finde es auch gut. Das Schwimmen wirkt entspannend, schon fast belanglos, eine "nette" Situation, ganz gefällig, und dann erfährt man, dass sie vor dem Öffnen des Bades schon da ist - da fängt man an, sich zu wundern, wird aufmerksamer und gespannter. Die Struktur mit dem kursivem Erinnern ist gut gelöst, finde ich. Die Wiederholung der 25-m finde ich angemessen. Nur der letzte Satz - hm - inhaltlich natürlich wunderbar, klar, aber irgendwas stört mich dran. Ich habe ne Weile überlegt, und dachte dann, warum man den Anblick als "störend" empfindet. Warum nicht umgekehrt? "Der langgestreckte bunte Fleck am Grund des Beckens störte nicht..." - d.h. auch den Überraschungssatz einpassen in die bisherige Atmosphäre? Nur so ein Gedanke. Liebe Grüße, Brigitte.

 souldeep (20.12.07)
da kann ich nur wiederholen, was früher gesagt wurde,
liebe Viola.
einzig, dass ich so spät hierher gefunden hab, bedeutet
mir, dass ich dich zu lange nicht gelesen hab.

deine stimme dazu, das macht den thriller perfekt!

:)))

helle grüsse dir
kirsten
Boeni (21)
(11.05.08)
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 Ephemere (29.07.08)
Eine echte Entdeckung! Der Text malt das Geschehen als Film vor meine Augen, hält einem in der fröhlichen Schwebe (mit nur leisen, verwirrenden Untertönen), bis er wie eine Faust zuschlägt, ohne dabei brachial werden zu müssen. Auch psychologisch sehr gut konzipiert...so genau wäre eine typische Schockreaktion...die heitere Verdrängung (oft verbunden mit eher infantilem Verhalten), eine gewisse paralytische Apathie, partielles Vergessen.

Das "ist schon geradezu kitschig" klingt finde ich zu sperrig für die fließende Atmosphäre...vielleicht wäre ein "ist beinahe kitschig" noch schöner.

Noch einmal: eine starke Schwebenummer mit eher harter Landung...bemerkenswert!

 leorenita (26.07.12)
Du hast mich neugierig gemacht auf facebook...

und es hat sich gelohnt, nur mit der Logik am Ende komme ich nicht klar:

"und dann noch ein dumpfer Aufprall hinter ihr, während das kalte Wasser über ihr zusammenschlägt."

also der Aufprall ist hinter ihr, als das Wasser schon über ihr zusammenschlägt, das heißt der Knabe muss noch gelebt haben als sie ins Wasser sprang, ist nach ihr hinein gesprungen, wieso liegt er jetzt als dunkler Fleck am Beckenboden, konnte er nicht schwimmen - kaum zu glauben wo er sich im Schwimmbad so gut auskannte.

Den Komentar mit der kitschigen Kulisse finde ich überflüssig.

Lieber Gruuuß, R.
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