Der Weg durch die Wüste

Geschichte zum Thema Lebenseinstellung

von  Borek

Auf allen Straßen, in allen Häusern herrschte eine frohe Stimmung der Menschen. Ein Gefühl von Leichtigkeit erfaßte mich, ebenso wie alle anderen Männern und Frauen denen ich begegnete. Viele von ihnen begaben sich in eine einzige Richtung, als hätten sie alle nur ein einziges Ziel vor Augen den sie folgen wollten. Heiter, hoffnungsvoll, mit strahlenden Gesichtern. Keiner trug eine Tasche oder einen Koffer. Niemand hatte etwas in den Händen. Sie verliesen, so wie sie gekleidet waren, ihre Wohnungen und Häuser und folgten den Menschen, die vor ihnen gingen und diese folgten wiederum denen, die ebenso vor ihnen gingen. Keiner fragte nach dem Weg. Die vor uns wissen schon den Weg zu dem großen Zauberer.
Da begegnete ich erstmals den Namen, der großer Zauberer.
Wie magisch angezogen gliederte auch ich mich in die Reihen derer, die auf dem Weg zum großen Zauberer aufgebrochen waren. Eine unsichtbare Hand führte mich, obwohl ich nicht zu einem Zauberer wollte. Ich hatte nichts zu verzaubern oder zu verwünschen. Ich war mit mir und meinem Leben zufrieden. Ich konnte nicht stehen bleiben, die Masse Mensch bewegte mich. Ich war eingebunden in sie.

Nachdem wir die Stadt verlassen hatten, vermischte sich langsam die Erde mit Sand und je weiter wir kamen verschwand die Erde gänzlich und wir befanden uns von riesigen Sandfeldern umgeben. Kein grünes Blatt, kein Stamm von einem vertrockneten Baum, Kein Vogel am Himmel, nur eine riesige helle Sonne. Es war schon etwas mühsam die Füße auf unsicheren Boden zu stellen. Es war kein leichter Weg zum großen Zauberer, doch die Fröhlichkeit der Wanderer war ungebrochen. Nur wenige Kinder waren zu sehen, vermutlich hatten die Eltern diese bei ihren Großeltern gelassen um ihnen den mühsamen Weg zu ersparen. Würden ihre Wünsche von dem großen Zauberer erfüllt, würde es auch ihren Kindern gut gehen.
Drei, ja ganze drei Wünsche dürfe man aussprechen. Was ist da schon das langsame Vorankommen im Sand, man nimmt es für drei Wünsche gern in Kauf.
Und soweit das Auge bis zum Horizont blicken konnte, bewegte sich eine schwarze lange Schlange von Menschen, die von der Grelle der Sonne und der Helligkeit des Sandes, sich wie ein schwarzer Schatten abhob, der Farbe des Todes.
Zeit spielte auf dieser Wanderung keine Rolle mehr. Man vertrieb sich diese mit erzählen von Anekdoten. Geschichten aus dem Leben. Und immer wieder hörte man  helles Lachen aus der Menschenschlange.
„Hallo, Herr Nachbar, haben sie auch eine lustige Geschichte aus ihren Leben zu erzählen? Wissen sie, als ich noch viel jünger war, die Liebe, die Liebe was war es doch für eine schöne Zeit. Blond, schwarz und rotes Haar alles war in meiner Sammlung zu finden. Nun ich entschied mich dann doch endgültig für Schwarz. Ja, meine Frau brauchte ja nicht unbedingt  mir so zu mißtrauen, dann wäre alles nicht passiert. Schön waren die stillen Stunden mit meiner blonden Königin. Mein Herr, sie wissen doch auch sicherlich, ein Späßchen  in Ehren ist seinem lieben Mann nicht zu verwehren. Ha, ha, ha, aber gleich zum Scheidungsanwalt zu gehen, ist doch unerhört. Meinen sie nicht auch, Herr Nachbar? Viel Liebe werde ich mir bei den großen Herren wünschen.“
So plauderte er wie am Fließband seine Anekdoten, wie eine Gebetsmühle vor sich hin, mehr für sich selbst bestimmt, als für mich seinem Zuhörer.
Es war überhaupt erstaunlich welche offenen Gespräche auf dem langen Weg geführt wurden, fast einer Lebensbeichte gleichkommend.
Man prahlte mit großen Geschäften, wie man seine Mitbewerber aus dem Feld geschlagen hätte, ganz regulär, ach, etwas hätte man schon nachgeholfen. Selbst ist doch der Mann, ein Ausspruch mit geschwellter Brust.
Auch andere Geschichten konnte man vernehmen. Eine etwas grazile Gestalt, Frau eines Jägers, erzählte von den vielen Geweihen die ihr Mann im Haus gesammelt habe. Sie habe auch welche gesammelt für ihren Mann, doch unsichtbare. Ein glockenhelles Lachen erklang, bei den Gedanken an ihre heimlichen Schäferstunden.

Je mehr wir uns dem großen Zauberer näherten, desto stiller wurde es unter den Menschen. Man konzentrierte sich nicht mehr auf das Vergangene sonder auf das Kommende. Habe ich die drei Wünsche richtig durchdacht. Wann werden diese Hoffnungen eintreten. Wird es mein Leben endlich so verändern wie ich es mir wünsche? Innere Fragen die zur Stille führen

Es war kein prächtiger Thron vor dem ich plötzlich stand. Er war bescheiden wie sein Gewand. Weiß mit leichtem Gold verziert, so verschmolz Thron und Person des großen Zauberers zu einer bestimmenden Einheit. Sein Blick wendete das Innere nach Außen und das Äußere nach Innen. Ich hatte das Gefühl, ich selbst werde zum Licht. Ein unbeschreibliches Gefühl der Hilflosigkeit und der Hoffnung.

„Was sind deine drei Wünsche?, sprich.“
„Oh, großer Herr und Schöpfer, ich habe keine Wünsche“
Erstaunt sah er mich mit seinen hellen Augen an.
„Du hast keine Wünsche? Du willst nicht wie alle Menschen hier, Glück, Liebe und Gesundheit ? Diese drei Dinge die sich alle wünschen für ein neues Leben?
„Nein, mein Herr und Vater!“
„Was willst du dann hier? Warum hast du diesen langen Weg auf dich genommen?“
„Ich wollte dich von Angesicht zu Angesicht sehen und dir danken.“
„Danken wofür?“

„Für deine geschaffene Vollkommenheit der Natur. Für den Lebensraum den du uns Menschen eingerichtet hast. Die Sonne, der Mond, den Tag und die Nacht. Die Liebe die du uns ins Herz gepflanzt hast. Das täglich Brot welches du uns gibst. Und für die vielen Dinge die durch deine Hilfe zu unserem Leben gehören.“

„Du klagst mich nicht an? Viele Menschen tun dies?
Daß ich verantwortlich sei, für Unwetter, Katastrophen, Hungersnöte und Kriege? Daß ich die Millionen von Bitten  der Menschen nicht erhöre, daß ich Leid über Familien bringe, daß ich Krankheiten nicht Einhalt gebiete?
Diese Aufzählung lies sich ins Unendliche fortsetzen.
Hast du keine Klagen gegen mich zu führen? Daß dein Leben von Höhen und Tiefen geprägt war. Daß deine Suche nach Liebe durch viele Täler wandern mußte?
Sprich, was für Weichen habe ich in deinem Leben falsch gestellt?“


„Ich klage dich nicht an, Herr.
Und beklage mich nicht über meine Wanderung durch die Jahre. Es waren meine Entscheidungen welchen Weg ich eingeschlagen hatte, warum soll ich dich dafür verantwortlich machen?
Der Mensch ist verantwortlich für sich selbst. Du hast den Kreislauf der Natur bestimmt, und die Gesetzmäßigkeit derselben. Du hast die Jahreszeiten geschaffen und die Wiedergeburt. Die immer wieder stattfindende Erneuerung von Mensch und Natur. Du hast die Gesetze der zehn Gebote den Menschheit in die Hand gegeben.
Würden wir Menschen diese mit aller Konsequenz befolgen, gäbe es keine Kriege, Mord und Totschlag. Es würden keine Ehen zerbrechen und die Kinder würden ihre Eltern achten und lieben. Es würde kein Falschzeugniß geredet
Nur, Herr, du bist so weit von uns fern, daß wir deine Gebote vergessen und uns selbst damit schaden.
Warum sollen wir für unser Vergessen deiner Gebote dich anklagen?“

Ein langes Schweigen trat ein.

„Du weißt, dies ist der letzte Weg der Menschen zu mir. Es sind die Toten die auf dem langen Weg sich läutern können. Ihre dunkle Gestalt verwandelt sich entweder in Licht oder Schatten. Hier erfüllen sich die Sehnsüchte derer, die ein verantwortungsvolles Leben geführt haben.
Hier beginnt das Paradies des Lichtes oder der Fluch der Finsternis.
In Eigenverantwortung hat der Mensch sein Leben zu erfüllen. Ich habe die Gesetze dafür aufgestellt. Ich bin nicht verantwortlich, so wie du es sagtest, für die Erfüllung so vieler Wünsche und Bitten auch wenn ich Verständnis dafür habe. Ich will sie. Ich will sie nicht verneinen, denn sie sind eine Verbindung zu mir, die ich jeden Menschen zu mir wünsche. Es erleichtert an diesen einen Tag, den Weg zu mir.

Der Mensch ist verantwortlich für seine Taten und nicht Euer Gott den ihr anklagt.“

Nach einer langen Pause, ich konnte nichts mehr sehen, ich hörte nur noch seine Stimme.

„Geh zurück, dein Weg ist noch nicht beendet.
Ich kenne deine Geschichte der Weihnachtsgeist, so schreibe auch deinen Weg durch die Wüste zu mir auf. Viele Menschen werden sie lesen. Dies ist mein Auftrag an dich.

Ein Sonnenstrahl kitzelte an meiner Nase. Benommen, wie aus einer Ohnmacht wachte ich aus einem tiefen Schlaf  auf. Mein Körper war zerschlagen, wie nach einer langen Wüstenwanderung.
Mein Traum ging mir nicht aus dem Kopf. Ich setzte mich an meinem Computer und schrieb ohne zu wissen was ich schrieb.----- Diese Geschichte.--------


Anmerkung von Borek:

Diesen etwas veränderten Traum, ist die Antwort für meine Freundin Amada auf ihr trauriges Gedicht „ lass Schweigen sprechen“.

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Kommentare zu diesem Text


 Rayoluna (17.08.07)
Die Aufgabe die der große Zauberer dir erteilt hat, hast du großartig gemeistert lieber Herbert und ich bin mir sicher, dass die meisten verstanden haben, was du damit sagen möchtest.
Der Herr schickte die Sinnflut, weil viele sich nicht an seine Gebote hielten. Er räumte auf!
Was muss geschehen, damit die Menschheit einsichtig wird und in Frieden miteinander lebt? Wir alle haben Wünsche, sollten wir aber nicht auch dankbar sein, dass wir leben, lieben und geliebt werden? Erst wenn wir aufhören so viel zu wünschen, werden wir uns auch über Kleinigkeiten erfreuen und deren Wert zu schätzen wissen. Danke für deine Geschichte, die ich gerne gelesen habe.
Liebe Grüße,
Franci

 Borek meinte dazu am 22.08.07:
Danke liebe Franci, daß mein Traum bei Dir Zustimmung gefunden hat.
Nur bin ich froh, daß ich solche Träume selten habe. Ganz liebe Grüße Herbert

 Martina (17.08.07)
Schließe mich der Franzi mal still an :0) Lg Tina

 Borek antwortete darauf am 22.08.07:
Liebe Tina, ich bin überwältigt. Du hast eine längere Geschichte gelesen und noch von mir? ich umarme Dich und sage Dir Dankeschön
Herzliche Grüße Herbert
Knusperhexe (57)
(17.08.07)
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 Borek schrieb daraufhin am 23.08.07:
Ich danke Dir liebe Marlene für Deine Meinung. Es ist eine Geschichte die ich eigentlich nich selbst geschrieben habe, wie der Weihnachtsgeist. Aber die Einstellung zu diesen Dingen besteht.
Danke auch für Deinen Klick. Liebe Grüße von meinem Schreibtisch aus
in Deine Hexengefilde. Herbert
Amada (38)
(21.08.07)
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 Borek äußerte darauf am 23.08.07:
Dein Kommentar ist ebenso nachdenklich und lehrreich wie meine Geschichte.Dafür Danke ich Dir. VlG Herbert
Melli (36)
(22.08.07)
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 Borek ergänzte dazu am 23.08.07:
Ja, liebe Melli, der große Zauberer hat auch gesagt" du mußt noch mit Melli unbedingt eine Tasse Kaffee in München trinken gehen" Lach,lach
Danke für Deine nette meinung zu meinem Traum. Liebe Grüße sendet Dir Herbert
Melli (36) meinte dazu am 24.08.07:
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Mahisha (69)
(11.01.12)
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aliceandthebutterfly (36)
(19.03.19)
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blackdove (37) meinte dazu am 04.09.20:
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 Borek meinte dazu am 05.09.20:
Liebe Stefanie,
Danke fürs „Lesen“
Ja, es war ein eigenartiger Traum, den ich sofort aufgeschrieben habe.
Nach anderthalb Jahren stürzte ich die Treppen ins Büro hinab.
Die Kanten der Stufen waren mit Stahl versehen und sie zerschnitten
meinen Kopf. Nach 7 Stunden Behandlung im Krankenhaus sagten die
Ärzte meiner Frau, es gibt keine Rettung. Sie lies mich in die 3 Militärklinik in Breslau verlegen und die schafften das Wunder. Als ich transportfähig war wurde ich nach München in eine Klinik verlegt.
Wie der Traum mir sagt: gehe zurück Deine Zeit ist noch nicht um.
Ich musste alles wieder wie ein Kind lernen, nach zwei Jahren durfte ich
wieder Auto fahren.
Liebe Grüße Herbert
i
blackdove (37) meinte dazu am 23.09.20:
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