Geschenke ohne Papier und Schleife

Text zum Thema Glück

von  Martina

Ja, es war bald Weihnachten. Kathi war bedrückt. Mit ihren bereits zwölf Jahren war sie ein sehr ruhiges, bedächtiges Kind. Trotz ihrer wenigen Erdenjahre schien sie eine innere Weisheit zu besitzen, bei der sich ihre Mutter immer fragte, woher sie diese mitbekommen hatte. Manchmal war sie ihr schon direkt unheimlich. Schon als Kleinkind kam sie mit Sätzen um die Ecke, wo man sich nur wortlos anschaute und sich wunderte. Kathi dachte viel. Es gab auch so viel zu hinterfragen, so viel zu erkennen. Oft schlief sie die halbe Nacht nicht, weil ihr Kopf einfach keine Ruhe gab und eine Stimme tief in ihrem Innern immerzu auf sie einredete. So auch jetzt. Kathi wälzte sich in ihrem Bett. Ein Blick auf die Uhr entlockte ihr ein Seufzen. Es war schon weit nach 2 Uhr, und noch immer übermannte sie nicht der Schlaf. Morgen war schon Weihnachten. Es würde ein anstrengender Tag werden, denn sie hatte ihrer Mutter versprochen, ihr bei den vielen Vorbereitungen zur Hand zu gehen. Die Kartoffeln mussten geschält werden, und der Baum geschmückt. Wieder sieht sie das enttäuschte Gesicht ihrer Mutter vor sich, als diese ihr erklärte, dass auch dieses Jahr wieder das Geld kaum für Geschenke gereicht hatte. Sie war schon froh gewesen etwas Anständiges zu Essen auf den Tisch bekommen zu können. Ach, wie gern würde sie ihrer Mutter die Sorgen abnehmen. Es schnitt ihr tief ins Kinderherz, sie so unter der Geldnot leiden zu sehen. Sie weiß noch genau, wie sie ihre dünnen Ärmchen um den Hals ihrer Mutter schlang, um ihr ganz gelassen zu erklären, dass sie doch gar keine Wünsche hatte. Alles was sie bräuchte besäße sie schon. Sie hoffte, der Mutter wenigstens so etwas Druck von der Seele zu nehmen. Alles Übel begann damit, dass Vater auf Grund seiner Krankheit arbeitslos wurde. Seitdem ging es mehr recht als schlecht weiter. Häufig hörte sie nachts ihre Eltern streiten, oder ihre Mutter weinte sich in den Schlaf. Ihre Zimmer waren nur durch eine leichte Gipswand voneinander getrennt. Es musste schwer sein, wenn man erwachsen war. Kathi wollte lieber Kind bleiben. Sie fürchtete sich vor den Problemen, die als Volljährige unweigerlich auf sie zukommen würden. Unbemerkt schlief ein sie mit dem Wunsch, dass Alles gut gehen würde.
Die Wintersonne erhellte schon ihr schlichtes Kinderzimmer, als sie erwachte. Ihre Mutter war wohl schon mit den Vorbereitungen angefangen, denn hier und da kamen klappernde Geräusche aus der Küche. Kathi wollte ihre Mutter nicht länger als nötig warten lassen. Deshalb sprang sie aus dem Bett und zog sich in Windeseile an. Frisch gewaschen und gekämmt setzt sie sich an den Küchentisch und nippt an ihrem Tee. Sie nahm ihn ohne Zucker, denn sie wollte sparen, wo sie nur konnte. Sie konnte ja nicht viel zum Helfen beitragen, aber das, was in ihrer Macht stand, tat sie. Eins kam schließlich zum anderen. Genauso nahm sie von all den anderen Dingen, die man im Alltag brauchte, nur das Nötigste. Zahnpasta, Seife, Shampoo, und auch wenn sie mehrere Kerzen ansteckte, versuchte sie mit einem Streichholz auszukommen.
Nachdem Kathi die Tasse geleert und weggestellt hatte, machte sie sich daran, den Baum zu schmücken. Dabei stieg ihre Stimmung, und sie sang dabei sogar ein paar Lieder. Ja, so dachte sie, heute ist Weihnachten. Was brauchen wir soviel Geschenke? Ist es nicht das größte Geschenk, Eltern zu haben, gesund zu sein? Die kostbarsten Geschenke sind doch immer die, die man nicht in Geschenkpapier einwickeln kann. Diese Erkenntnis zauberte ein zufriedenes Strahlen in ihr kleines Gesichtchen. Die Mutter, die aus einiger Entfernung zusah, bemerkte dieses glückliche Funkeln in ihren Augen. Dabei fiel ihr auf, dass selbst bei Kindern, die mit Geschenken überhäuft wurden, sie dieses Strahlen viel zu wenig gesehen hatte. In dem Moment wurde ihr sehr warm ums Herz, denn sie hatte das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Sie wusste, ihr Kind war glücklich! War das nicht auch das schönste Geschenk für sie?


Anmerkung von Martina:

...ist zwar noch nicht Weihnachten, aber trotzdem...

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Kommentare zu diesem Text

shakti (66)
(19.08.07)
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 Martina meinte dazu am 20.08.07:
Danke dir :0) Lg Tina
NichtdieMaus (45)
(20.08.07)
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 Martina antwortete darauf am 20.08.07:
Eben :0) Lg Tina
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