Feechen XII: Total daneben!!

Kindergeschichte zum Thema Tiere

von  tastifix

Hatte ich Euch eigentlich schon über meine erste große Liebe erzählt?
Also: Mich traf der berühmte Blitz aus heiterem Himmel, als ich beinahe noch ein Kleinkind war. Mir lief ´Chally` über den Weg, aussah aus wie ein weißer Mini-Teddy mit schwarzer Schnute und dunkelbraunen Augen und auch noch gleich alt war. Wir beschnüffelten uns einmal kurz und es funkte beidseitig ganz gewaltig.

Weil er in der Nähe wohnte, trafen wir uns von da an sehr oft, nämlich fast jeden Tag, tobten wie die Verrückten und waren ein Herz und eine Seele.

Zum Glück vertrugen sich unsere Frauchen ganz toll und eines Tages lud uns meine Quasi-Schwiegermama zu sich nach hause ein.
"Juhuuh! Es geht zu Chally!", jubelte ich Frauchen in den höchsten Tönen etwas vor.
Frauchen lachte dazu fröhlich, aber das war bei ihr nichts Besonderes, denn sie lachte sehr gerne.

Gegen Mittag zogen wir los. Mit klopfendem Herzen trabte ich neben meiner Mama her. Schließlich erwartete mich ein langer, gemeinsamer Nachmittag mit meiner ersten Liebe.
"Ich werd` mich benehmen wie ne Eins. Frauchen soll stolz auf mich sein können!", nahm ich mir fest vor.

Um die Ernsthaftigkeit dieses Vorsatzes auch sofort zu beweisen, setzte ich mich, als Challys Mama mich begrüßte, unaufgefordert hin und gab ihr die Pfote. Wie nicht anders zu erwarten, war sie ganz gerührt:
"Ach Gott, ist das süüß!"
"Und ob!", dachte ich stolz.

Challys Revier gefiel mir auf Anhieb, selbstverständlich vor allem die Küche, deren Tür so einladend offen stand. Klar, dass ich sofort hinein düste und mich keck- fordernden Blickes vor den Kühlschrank pflanzte. Das Ding hatte ich sofort erkannt, denn Mamas Kühlschrank sah diesem hier sehr ähnlich.

Chally war ja nicht doof und leistete mir da nur zu gerne Gesellschaft. Zu zweit würden wir die Beiden doch weich kriegen, ooder? Unsere Frauchen bestanden unsere Nettsein-Prüfung wirklich mit Auszeichnung.

Es dauerte höchstens eine einzige Minute, bis sich der Leckerchenspender öffnete und wir doch tatsächlich einen großen Happen Fleischwurst
ernteten.

"Hmm", flüsterte ich meinem Freund ins Ohr, "das merken wir uns aber!"
Als Antwort kamen ein vielsagender Blick und ein begeistertes Schmatzen.

Dieser Test hatte ja ein hervorragendes Ergebnis gebracht, was zusätzlich dazu beitrug, dass ich mich nach mehreren, nachfolgenden Besuchen dort bei Chally wie zuhause fühlte und mich entsprechend zu benehmen begann.

Ich spazierte völlig ungehemmt kreuz und quer durch die Zimmer, egal, ob Frauchen mir die Erlaubnis dazu gab oder auch nicht. Sie schimpfte ja nicht, also durfte ich das wohl. Vielleicht hätte sie aber mal besser meckern sollen ...

Einige Tage später verabredeten sich unsere Frauchen wieder einmal, wiederum zur Mittagszeit. Bester Laune begleitete ich meine Mama, denn ich hätte sie um nichts in der Welt dorthin alleine gehen lassen.

"Denn da warten ja Chally und die Fleischwurst auf mich!"
Nach wem ich mich da mehr sehnte?
"Hm, wenn ich mal ganz ehrlich sein soll ... "
Den Rest verschluckte ich besser, denn andernfalls hätte ich mich schrecklich schämen müssen!

Wir betraten die Diele. Ich guckte suchend rum. Chally lag auf dem Balkon und hatte mich anscheinend noch gar nicht bemerkt.
"Sein Pech!", brummelte ich gekränkt.
Dann allerdings war ich überhaupt nicht mehr gekränkt, sondern ich schnupperte angeregt.
"Wau, riecht das lecker!"

"Dankeschön, lieber Gott, dass Du mir so eine tüchtige Nase geschenkt hast!"
Ich war ja gut erzogen und wusste, dass ich die ihm zu verdanken hatte.

"Na, ich kenne doch meine Pappenheimer!", lachte der.
Keine Ahnung, was ´Pappenheimer` bedeutete, aber da der das so fröhlich gesagt hatte, ging ich denn einfach davon aus, dass es was Nettes hieß und fühlte mich sehr geschmeichelt.

Immer noch standen wir in der Diele herum. Unsere Mamas quasselten und quasselten und hatten anscheinend ganz vergessen, dass sie sich auch ins gemütliche Wohnzimmer hätten setzen können.

Ihr Pech! Mein Schupper-Instrument hatte ausgezeichnete Arbeit geleistet und mir verraten, von woher dieser verführerische Duft kam - nämlich aus dem besagten Wohnzimmer. Die Langeweile ging mir echt auf den Keks und ich beschloss, die Quelle des Wohlgeruches ausfindig zu machen.

Unsere Mamas merkten es noch nicht einmal, dass ich plötzlich nicht mehr neben ihnen stand.
"Quasselt noch ein wenig länger!", flehte mein Hundeherz.

Frech flutschte ich an ihnen vorbei ins Wohnzimmer. Vor mir standen Menschensessel (wichtig, das zu erwähnen, denn zuhause besetzten wir Vierbeiner jene Dinger) und vor denen ein niedriger Tisch und da drauf ...

Nach der nächsten Minute stand da nichts mehr. Es war einfach zu verlockend gewesen. Ich hatte kurzerhand mit ein paar hastigen Happs Challys Mama ihr Mittagessen geklaut.

Dann aber regte sich sogar bei mir so etwas wie ein schlechtes Gewissen.
"Wau, was mach` ich bloß, wenn die das sehen?"
Tja, wenn ich das denn nur gewusst hätte. Auch der liebe Gott half mir da nicht. Ob dem meine Idee vielleicht doch nicht so gut gefallen hatte?

Ich schielte zu Chally, der sich noch immer nicht von seinem Fletzplatz gerührt hatte. Der blieb doch tatsächlich ungerührt liegen, anstatt zu mir zu traben und mich wenigstens ein wenig zu trösten.
"Und wenn` s jetzt nur ein Nasenküsschen wäre!", dachte ich bedröppelt.

Ja, dies war meine erste Negativ-Erfahrung mit einem Mann. Denn das war Chally ja, wenn auch noch ein sehr junger.

Mittlerweile hatten Mama Eins und Mama Zwei wohl das erste Gesprächsthema abgehakt und betraten das Wohnzimmer. Noch lachten und scherzten sie, noch, aber nur noch ein paar Sekunden ...

Challys Mama guckte auf den Tisch und dann total entgeistert. Meine Mama guckte auch, dann noch entgeisterter.
"Neeiin ... !", meinte Challys Mama.
"Neeeiiin ... !", hauchte meine.

Zu mehr war Frauchen nicht fähig. Erst wurde sie kreideblass, daraufhin dunkelrot, dann fasste sie sich, so gut es da überhaupt ging und fing an zu stottern:

"Mir ist das so peinlich! Wie furchtbar ... Ihr Mittagessen!!"
Challys Mama riss sich zusammen:
"Was regen Sie sich denn so auf? Das macht doch nichts!"
"Ja, aber ... !"
"Ach, lassen Sie doch. Feechen hat es geschmeckt. Na und??"

"Nee, also, ich gehe jetzt erst einmal nach hause. Ich kann nicht mehr!", stammelte meine Mama, legte mich bitterbösen Gesichtes an die Leine, murmelte ein paar Abschiedsworte und zockelte mit wackelnden Beinen mit mir gen Heimat.

"Fee, wie konntest Du nur?"
Ich wusste es auch nicht.
"Das war ja wohl die größte Unverschämtheit, die Du Dir da geleistet hast!"
Da gab ich ihr geknickten Hundeherzens Recht. Aber es hatte doch so toll gerochen ...

"So schnell wirste Chally garantiert nicht wiedersehen. Das haste jetzt davon!", meckerte Frauchen weiter. "Wenn überhaupt!!", setzte sie gemein hinzu.
Ich hielt lieber dazu meine Schnute. Nicht, dass es noch schlimmer würde mit der Schimpfe.

Aber meine Mama schämte sich immer noch ganz schrecklich und hörte gar nicht mehr damit auf. Sogar zu hause schämte sie sich noch.
"Heute kriegst Du jedenfalls kein Gutenacht-Leckerchen. Da kannste sicher sein!"

So, wie Mama guckte, war ich mir dessen leider ganz sicher und auch noch, dass ich in dieser Nacht in meinem eigenen Körbchen zu schlafen hätte anstatt an Mamas Seite.

Und richtig: Matochen und Quinnylein wurden vor dem Schlafengehen mit einem extra tollen Leckerchen verwöhnt und ich ging leer aus.

Blutenden Herzens marschierte ich todtraurig in mein Körbchen und konnte vor lauter Gewissensbissen erst gar nicht einschlummern. Sogar Challys Mama tat mir plötzlich ein wenig leid, obwohl ...

Endlich, nach vielen quälenden Gedanken, war ich zu meinem Glück so erschöpft, dass mir die Augen zufielen.

Ich träumte von einem super tollen Mittagessen!

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Kommentare zu diesem Text


 telephassa (15.09.07)
Schöne Geschichte von deiner Hündin. Gefällt mir sehr gut. Wenn Tiere sich unbeobachtet fühlen, stibitzen sie nun einmal. Auch wenn es für ihre Menschen sehr peinlich ist. Ich kann mir dein Unbehagen gut vorstellen.
LG
Kerstin

 tastifix meinte dazu am 15.09.07:
Hallo Kerstin!

Dankeschön für Deinen netten Kommentar!

Ich war damals fix und alle mit den Nerven und habe mich in Grund und Boden geschämt. Aber: Diese Bekannte ist mittlerweile meine Freundin geworden und heute lachen wir oft über diese Episode.

Lieben Gruß
Gaby
(Antwort korrigiert am 15.09.2007)
(Antwort korrigiert am 15.09.2007)
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