Ich liebe Kletten!!

Tagebuch zum Thema Ehrgeiz

von  tastifix

Als I-Frauchen-Eheweib stürzte ich mich noch voller Illusionen und daraus resultierendem dollen Enthusiasmus auf das mir total fremde Haushaltsfeld, für das ich mich vor der Heirat nicht die Bohne interessiert hatte.

Dies geriet zum reinsten Abenteuer und hielt massenweise Überraschungen der unbequemen, arbeitsintensiven und selbstverständlich erst recht dann ausgesprochen peinlichen Art bereit.

Etwa so:

Ich kochte stolzgeschwellter Brust Nudeln und sie kochten über ...
Der Küchenboden kochte mit.

Ich briet Kartoffeln und es wurden Briketts...
Besaßen wir eigentlich einen Ofen??
Unseren Hunger stillten wir anschließend in Deutschlands Pommes-Futterkrippe Nummer Eins.

Ich versuchte mich an einem Braten...
Er wurde zäh wie Leder und uns sah man zum Zahnarzt eilen.

Wenn Sie jetzt glaubten, ich hätte aufgegeben und mich verschämt hinter dem sprichwörtlichen Ofen verkrochen, dann irren Sie sich gewaltig.
"Nee, wenn`s Kochen nicht hin haut, dann back`ich halt stattdessen!"
Dass dieser Aussage irgendwie etwas an Logik abging, nahm ich schulterzuckend in Kauf.

Die Gedanken kreisten. Zum ersten Male in meinem Leben durchschnupperte ich aufmerksamst jedes Backbuch, dessen ich habhaft werden konnte.
"Oh Gott, bei dem Rezept muss ich ja ... Nee, besser nicht!"

Die nächste Seite:
"Walnußtorte! Au ja, die ist etwas Ausgefallenes. Meine Verwandten fallen vom Glauben ab, wenn ausgerechnet ich die ... !"
Bevor ich zur Tat schritt, stutze ich denn aber:
"Hm, so` ne Kalorienbombe, zweifel!

Gerade noch rechtzeitig und dann endgültig stoppte mich vor jenem waghasligen Experiment die Erinnerung an den von mir geplanten, ja mehr als ungewöhnlichen Fischli-Nachtisch.
Nein, das ging denn wirklich zu weit. Das leuchtete sogar mir blindem Küchenhuhn ein. Also keine Walnußtorte.

Schon halb verzweifelt schnappte ich mir ein Party-Buch, blätterte gehetzt darin herum und bestaunte frustriert all die perfekt zubereiteten Köstlichkeiten.
"Mensch, wenn ich doch endlich ne Idee hätte!"

Ich hatte es noch nicht richtig ausgesprochen, da kam der rettende Einfall. Wieso nur war ich da nicht schon längst drauf gekommen?
"Ich backe Pizza!!"

Aufgeregt, weil endlich die Entscheidung getroffen war, griff ich zum Telefon und verriet meiner besten Freundin mein mutiges Vorhaben.
"Gaby, biste Dir da auch ganz sicher?", merkte sie vorsichtig an.
Traute die mir das etwa nicht zu? Na warte!
" Klar. so schwierig ist das ja wohl nicht!", trumpfte ich ahnungslos auf.
"Dann nimm aber wenigstens den fertigen Teig von Dr. XYZ!", riet sie mir abschließend.
"Denkste!", dachte ich. "Wenn schon, denn schon!"

Mein Mann käme ja erst spät nach Hause. Also bliebe mir mehr als genug Zeit. Frohgemut stellte ich sämtliche Zutaten wie Öl, Mehl, Wasser, Sahne, Eier und Schmelzkäse auf der Arbeitsplatte vor mich hin.
"Du hältst Dich genau ans Rezept. Dann kann nichts schief gehen!"

Brav arbeitete ich Arbeitsgang nach Arbeitsgang, vermischte Mehl, Hefe und Wasser und ließ das Ganze zwanzig Minuten gehen.
"Wieso eigentlich ´gehen`?", fragte ich mich.
Zum Glück ging da gar nichts, sondern alles blieb brav in der Schüssel. Dass mit ´gehen`´aufgehen`gemeint war, ging mir erst viel später auf.

Danach wurde es dann echt spannend. Ich vermengte das restliche Wasser mit dem Öl, der Hefe, dem Salz und dem Mehl zu einem geschmeidigen Teig.

Was stand da?
„Schlagen Sie den Teig solange, bis er sich gut vom Schüsselboden löst!“
„Schlagen ... !??“
Ich war empört. Mich als Teig-Quälerin zu betätigen, entsprach nun wahrlich nicht meiner Veranlagung.Nein,den würde ich vorsichtig umrühren, ihn streicheln, dabei mit ihm reden ... So gehörte sich das und nicht anders. Basta!!

Leider musste ich dann registrieren, dass die geforderte Gewalttätigkeit zwar gottlob nicht im normalen Alltag, aber sehr wohl einem Teig gegenüber durchaus zwingend notwendig sein konnte.

Derr zeigte sich nämlich wegen meiner zu zärtlichen Behandlung ausgesprochen beleidigt, löste sich keineswegs wie beschrieben, sondern ließ sich rachesüchtig von mir abkratzen.

Von Geschmeidigkeit war da keine Spur. Er legte sich als knochenharter Brocken in meine deswegen vor Enttäuschung bebenden Hände und schmeidete kein bisschen, so sehr ich auch versuchte, ihm das eindrücklich näher zu bringen.

„Da hilft alles nichts! Da muss noch mehr Öl dran, dann klappts!“
Im Anfall von Wahnsinn kippte ich so ungefähr dreißig Milliliter dieses Schmiermittels hinzu und mengte abermals, mit dem Ergebnis, dass der Teig jetzt ausgezeichnet schmierte und deutliche Ansätze zur reißenden Tropfenbildung zeigte.

Dem Heulen nahe, hielt ich meine Hände über die Arbeitsplatte, um das Ausmaß der Schweinerei zu begrenzen.

Meine Finger hatten sich als verklumpte Teigwürste verkleidet. Alle paar Sekunden löste sich ein bisschen von der klebrigen Matsche und kleckste mir auf die Platte und auch auf den Küchenboden, der sehr bald mit einem peppigen Pünktchenmuster überzogen war.

„Bloß jetzt kein Telefon und keine Klingel!“, stöhnte ich.
Leider zu spät. Selbstverständlich bimmelte im nächsten Moment das Telefon, gleichfalls schellte es an der Wohnungstüre Sturm. Das Telefon klang nach ´Schwiegermama` und die Tür nach ´Ehemann`.

Den Hörer würde ich jetzt nicht abnehmen, denn ich liefe Gefahr, dass der an der Hand fest pappte und ich ihn nach einem wahrscheinlich wieder einmal höchst erquicklichen Gespräch mit meiner Zweitmutter auch nicht wieder los würde.

Die Türe ... Hatte mein Mann etwa seinen Schlüssel vergessen, ausgerechnet heute??
„Oh Mann, oh Mann!“, murmelte ich und versuchte noch hastig, wenigstens etwas von der klebrigen Masse fix abzurubbeln.

Natürlich völlig ohne Erfolg, weshalb ich notgedrungen als Teigweibchen von oben bis unten, mit Teigwürmern in den Haaren, Teigkrümeln im Gesicht, krustenüberzogenen Armen und Teig-Klebe unter den Schuhen die richtung gen Eingang einschlug.

„Warum öffnest Du denn nicht?“, kam da ungeduldig von draußen.
„Moomeent ... Ich weiß nicht recht, wie ...“
Das ´Wie ` war mir da wahrlich noch recht unklar und demzufolge erst recht, wie ich ihm den ganzen Mist schonend beibringen konnte.

Mit puterrotem Gesicht vor Verlegenheit stapfte ich reißend/tropfend – der Teppichboden freute sich – zur Türe, legte meinen verkrusteten Arm (tropf) auf die Klinke, beschwerte diese mit meinen immerhin 49 kg, machte einen kleinen Hopser und die Türe sprang auf.

Vor mir stand mein entgeistert mich anstarrender Mann, stierte erst auf mein Gesicht, dann auf den ganzen verdreckten Rest und letztendlich auf meine Hände, von denen die reinsten Teigzapfen herunter baumelten und war kurz davor, die Fassung zu verlieren.

„Was ist denn hier passiert?“
„Ich hab` Pizza gebacken!“, war meine klägliche Antwort.

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