ein Vormittag

Kurzgeschichte zum Thema Alltag

von  kleineKiwi

9.30
Sie hatte Vivian in den Kindergarten gebracht . Nun noch schnell in den Supermarkt und die Briefe einwerfen. Sollte sie heute Spinat kochen? Vivian mochte keinen, aber Oma Henni predigte immer wie gesund er doch sei.
Sie sahen Oma Henni jeden Sonntag zum Kaffee und sie lies es sich natürlich nicht nehmen , stets zu bemerken wie dünn ihr einziges Enkelkind doch sei, ihrer Meinung nach "kein Wunder bei so einer Mutter" .  So eine - das hieß eine Vegetarierin, was in Hennis Augen nicht weniger schlimm war, als hätte ihr Sohn eine Kriminelle geheiratet und sie vergaß selten ihn daran zu erinnern .

9. 45
Sie erreichte den Supermarkt und durchsuchte ihre Handtasche verzweifelt nach dem Einkaufszettel…
ein hoffnungsloses Unterfangen wie sich bald herausstellte.
Zwischen Lippenstift, Portemonnaie und zahllosen Papierchen fanden sich nur noch klebrige Bonbons und einige Steinchen, die Vivian ihr zugesteckt hatte .
Sie drehte sie kurz liebevoll in der Hand hin und her, dachte an das glühende Gesicht ihrer Tochter , wie sie nach Stundenlangen  Streifzügen aus dem Garten zurückkehrte, um ihr stolz solche Schätze zu überreichen . Lächelnd steckte sie sie wieder ein und entschied den Spinat für heute zu streichen , Spaghetti mit Tomatensoße waren sicher auch gesund , sie würde etwas Salat dazu machen .

9. 50
Sie stand vor der Käsetheke und überlegte welche Sorten sie für den Brunch am kommenden Wochenende auswählen sollte, als die Stimme Julias sie aus den Gedanken riss : " Na das ist ja ein Zufall! Wir haben uns ja ewig nicht gesehen , wie geht’s euch denn? Bist du heut auch so spät dran?
Weißt du ich komme in letzter Zeit einfach nicht mehr aus dem Bett , aber das kennst du ja sicher …" , bei ihren letzten Worten legten sich Julias Hände schützend über ihren Bauch , und sie konnte nicht umhin dieser Bewegung mit den Augen zu folgen.
"Oh, weißt du , ich habe Vivian gerade …", stammelte sie und ärgerte sich gleichzeitig, dass sie sich schämte , nicht so einen Grund zu haben  mit dem Einkauf spät dran zu sein - doch da unterbrach Julia sie auch schon wieder : " Wann ist es denn bei euch wieder soweit? Jetzt wo Vivian im Kindergarten ist …und du noch Zuhause ..? " ,da war es wieder, das Thema. Alles was sie je vorher gemacht hatte , Studium, Sport, Malerei , schien mit ihrer Hochzeit den Wert verloren zu haben . Alles was die Leute interessierte war, wann sie denn ihrer "Pflicht nachgehen" und ihrem Mann ein Kind schenken würde , und dann, als Vivian geboren war, war es natürlich ihre mütterliche Pflicht ihre Tochter  nicht als Einzelkind aufwachsen zu lassen . Und was sollte sie schon antworten? Dass ihr Mann seit Vivis Geburt keine Nacht mehr mit ihr verbracht hatte, das sie nicht mal wusste, ob er sie noch wirklich ansah ? Das zwischen ihnen nichts mehr war, als ein Informationsaustausch bei den Mahlzeiten und ein Routine gewordener Begrüßungskuss?
"Nun wir warten noch etwas denke ich , um die Zeit in der sie noch so klein ist voll genießen zu können " , antwortete sie stattdessen, wählte den erstbesten Käse aus, murmelte etwas von "beeilen wegen Mittagessen" , versprach sich zu melden und auf einen Kaffee vorbeizukommen, wünschte alles Gute und beeilte sich dann möglichst schnell wegzukommen .

10.30
Sie versuchte die Kofferraumtür zu öffnen ohne alles noch mal abstellen zu müssen und fluchte, durch den Schlüssel in ihrem Mund gedämpft, als eine der beiden Zeitungen unter ihrem Arm auf den Boden fiel, über die unpraktische Bauweise von sich nach oben öffnenden Türen . Als sie sich bückte um die Zeitschrift aufzuheben, bemerkte sie, dass sie die zwei Rosinenbrötchen für Georg vergessen hatte, auf die er jeden Tag bestand. Einige Sekunden lang spielte sie mit der Idee einfach nach Hause zu fahren und ihm heute Abend ins Gesicht zu sagen, dass sie auch Dinge vergessen könne , so wie er vergaß in die Apotheke zu gehen wenn sie erkältet war oder nicht an ihren Hochzeitstag dachte. Dann erinnerte sie sich selbst daran, dass er ja der schwer arbeitende von ihnen war und sie diejenige die "nur" Zuhause war , wie Georg ihr in solchen Fällen zu erklären pflegte und so stand sie auf , schlug den Kofferraum zu und lief zum Markt zurück um nicht nur die Rosinenbrötchen sondern auch noch ein Stück seines Lieblingskuchens zu kaufen.

10.37
Sie schaute prüfend in den Spiegel bevor sie losfuhr und betrachtete einen Moment lang ihr Gesicht darin, wie sie es früher gemacht hatte um ihr Make-up zu checken. Eigentlich war es das gleiche Gesicht wie noch vor ein paar Jahren. Sicher, da waren einige feine Linien um ihre Augen dazugekommen und sie konnte sich nicht erinnern früher mal so müde ausgesehen zu haben , aber ansonsten glich es dem Gesicht auf ihrem Hochzeitsfoto und doch fühlte sie sich als blicke sie in die Augen einer anderen Person . Sie strich sich über die Stirn in dem Versuch die Gedanken wegzuwischen … es musste an der Stille im Auto liegen, jetzt wo Vivi nicht dabei war. Vivian , das hieß die Lebhafte, und das war ihre Kleine auch. Sie fehlte ihr sehr in den Stunden, die sie im Kindergarten oder bei den Großeltern verbrachte und oftmals sehnte sie sich nach dem Moment ihrer Geburt zurück, dem einzigen Moment vollkommenen Zusammenseins zwischen der Zeit des Annäherns und der des langsamen Loslassens. Und dann dachte sie an das letzte Mal, als sie versucht hatte ihren Mann zu verführen, wie früher, mit Kerzen im Zimmer und sie im Negligee auf dem Bett - und wie er dann erklärt hatte, dass sich das für eine Mutter nicht schicke und das er eine anständige Frau wolle. Sie war sich sicher , das er nur dachte, dass er das wollen müsste, aber sie hatte es nicht mehr probiert. Es spielte keine Rolle - ihr nächster Versuch würde anders sein ,bei seinem Lieblingsessen  die Erwähnung , dass sie Julia getroffen habe, das Julia schwanger sei, dass sie beide auch noch ein Kind haben sollten - ganz rational wie er das wollte.

11.20
Sie hatte die Einkäufe eingeräumt und begonnen das Essen vorzubereiten. Während sie den Salat putzte dachte sie an heute Abend , an ihren Entschluss und daran ob es nicht alles anders sein müsste, nichts worum man mit Argumenten bitten müsse,  mehr als Einkäufe, erzwungene Gespräche und geteilte Arbeit.
Früher, da hatte sie geglaubt Liebe, das müsse etwas sein , das ganz leicht ist, ganz zart und ein bisschen wie fliegen, nicht so schwer und drückend , mehr als Gewohnheit und mehr als Rosinenbrötchen… .
Der Wecker unterbrach ihre Gedanken , und sie schlüpfte in ihre Schuhe um Vivian abzuholen.Sie griff nach dem Schlüssel als drei Worte in ihr aufflackerten :
" das gesellschaftliche Etwas" , die hatte sie mal gelesen , aber sie wusste längst nicht mehr  wo und was sie bedeutet hatten und als sie die Tür hinter sich  schloss waren auch die Worte schon wieder vergessen .


Anmerkung von kleineKiwi:

Auch wenn ich die Ursprungsidee stark verändert habe , gehört das Copyright hier nicht mir allein , sondern dem
hului - team ;
der Text wäre dann vielleicht irgendwann wiederzufinden in den gesammelten Kurzgeschichten :
Als sie ging, ging nur ein Teil von ihr - auf der Suche nach
den Rosinenbrötchen des Lebens

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (07.09.20)
Entschuldigung, aber das ist nur eine Aneinanderreihung von Banalitäten! Kein Wunder, dass sich seit 2007 (sic!) kein Mensch für diesen Text interessiert hat...
Nichts für ungut! Mag als Fingerübung okay sein, ansonsten sehr lame, wie man heutzutage sagt.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.11.20:
Aber immer noch besser als so ein hermetisches Kitschgedicht!
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