Der schwarze Peter

Geschichte zum Thema Außenseiter

von  NormanM.

Der Peter, das war immer ein lieber Mensch, er war stehts höflich, nett und hilfsbereit. Vielleicht war er auch schon zu lieb, dass er für andere uninteressant wirkte. Und verletzlich war er, das war er schon immer, auch wenn er immer versuchte, es zu verbergen. Aber er war oft traurig darüber, dass er von den anderen nie richtig wahrgenommen wurde. Er hatte immer um Anerkennung gekämpft, was ihm aber nie gelingen wollte. Er lernte zwar oft Menschen kennen, doch immer wenn er jemanden ins Herz geschlossen hatte, stellte er fest, dass er diesen Menschen eigentlich egal war, es sie nicht sonderlich interessierte, ob er sich bei ihnen meldete oder nicht, oder verlor er diese Menschen wieder, indem sie von heute auf morgen den Kontakt abbrachen und er nie wieder etwas von ihnen hörte. Meistens sagten sie nicht einmal, dass sie keinen Kontakt mehr wollten, sie meldeten sich einfach nicht mehr. Das war immer besonders schlimm für ihn. Jedes Mal wurde er kleiner dadurch. Er zog sich dann oft wochenlang zurück und konnte sich zu nichts aufraffen, auf der Arbeit konnte er sich auch nicht konzentrieren, weil er nur grübelte. Er wusste, dass er Fehler gemacht hatte, doch hatte nie erfahren, was er falsch gemacht hatte. Er versuchte immer krampfhaft alles richtig zu machen, überlegte bei allem, was er tat mehrmals, aber machte dann doch immer irgendwie alles falsch. So wurde er immer unsicherer, verlor nach und nach sein gesamtes Selbstbewusstsein und wusste gar nicht mehr, wie er sich verhalten sollte, hatte ständig Angst wieder etwas falsch zu machen, er wusste, nur ein Fehler genügt.
Besonders wütend war er auf diese coolen Typen, die davon lebten über andere zu lachen, ihre Freundinnen zu betrügen, eine nach der anderen ins Bett zu kriegen und trotzdem immer erfolgreich durchs Leben kamen. Das war einfach nicht fair. Er überlegte oft, ob er sich auch zu einem Arschloch entwickeln sollte, Arschlöcher kamen anscheinend immer besser durchs Leben. Aber wenn das der einzige Weg sein sollte, um Anerkennung zu finden, dann wollte er lieber einsam und ohne Freunde bleiben. Er wollte nicht so werden. Er wünschte sich einfach nur, dass man ihn so mochte, wie er war.
Endlich traf er auf eine Frau, die ihn wirklich zu mögen schien. Er verliebte sich in sie, was zwar nicht einfach für ihn war, da sie einen Freund hatte, aber dass sie ihn mochte, so wie er war, auch wenn er Außenseiter war, machte ihn glücklich. Er war seitdem so fröhlich, lachte viel und hatte zum ersten Mal das Gefühl, jemand zu sein.
Doch nach einer Weile stellte er fest, dass er sich doch getäuscht hatte, dass auch sie kein Interesse mehr an ihm hatte. Plötzlich hörte er kaum noch etwas von ihr, und wenn er sich bei ihr meldete, fasste sie sich immer nur kurz. Einmal, als sie ihn sah, machte sie sogar einen Bogen um ihn herum, sie dachte, er sähe sie nicht, aber er hatte sie doch gesehen. Das tat weh, sehr weh. Ihm wurde bewusst, dass es nur an ihm liegen konnte, wenn alle Menschen ihm ständig den Rücken kehrten. Aber dass sie es auch tun würde, hätte er nie gedacht, er hätte erwartet, dass sie wenigstens offen mit ihm reden würde, dann wäre es nicht ganz so schlimm für ihn geworden. Wie sollte er sich ändern, wenn ihn niemand auf seine Fehler ansprach, er hatte ja auch niemanden, den er um Rat fragen konnte.
Er beschloss ein für alle Male aufzugeben und keinen Menschen mehr hinterherzulaufen und setzte sich ab, weit weg, um ein neues Leben anzufangen. Nie wieder wollte er versuchen, mit einem Menschen Kontakt aufzunehmen, so konnte er auch nichts mehr falsch machen und ihn niemand verletzen. Doch er konnte den Schmerz einfach nicht vergessen. Eines Tages, als er völlig deprimiert und grübelnd eine Straße überquerte und nicht auf den Verkehr achtete, wurde er von einem LKW, der es nicht mehr schaffte zu bremsen, überrollt. Er war auf der Stelle tot. Der LKW fuhr einfach weiter, während die Menschen kurz auf seinen leblosen zerschmetterten Körper sahen und dann weiter gingen, so als sei nichts passiert. Es war ihnen eben egal.

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Kommentare zu diesem Text


 Omnahmashivaya (30.11.07)
Trauriger, ergreifender Text. Solche Begebenheiten gibt es leider immer wieder. Schade. Lg Sabine

 NormanM. meinte dazu am 02.12.07:
Ja, oft zumindest. Klar, das ende ist natürlich jetzt etwas übertrieben, aber vom grundprinzip her ja.

Lg Norman
kdn (56)
(30.11.07)
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 NormanM. antwortete darauf am 02.12.07:
Hat er sich denn nicht selber gesehen?
kdn (56) schrieb daraufhin am 02.12.07:
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