Der Gedankenflüsterer

Erzählung zum Thema Allzu Menschliches

von  DanceWith1Life

In einem Land nahe der untergehenden Sonne war einmal ein nachdenklicher Familienvater bei seiner
Arbeit auf seiner Terrasse über seine Katze gestolpert und hatte sich dabei den Fuß verstaucht.
Zuerst war er wütend auf seine Katze gewesen, muss die denn immer vor seine Füße laufen, dann war er
wütend auf sich selbst gewesen, weil er nicht aufgepasst hatte, danach war er wütend auf sich selbst
gewesen, weil er so unordentlich war, und in solcher Unordnung immer solche Dinge geschehen.
Die Katze war erstmal vor ihm davongelaufen und am liebsten wäre er mitgelaufen, aber wie Sie sicher alle
wissen, hätte das wenig genützt.
Er blieb also auf seiner Trasse stehen und fragte sich, über was er denn nachgedacht hatte, bevor er
gestolpert war, aber es wollte ihm nicht mehr einfallen.
Das stimmte ihn noch nachdenklicher, und er sagte zu sich selber, dem selben selber, auf das er einige
Augenblicke vorher noch so wütend gewesen war, weil es nicht aufgepasst und er es am liebsten auf der
Terrasse stehengelassen hätte, ist es nicht seltsam, sagte er sich,
Da denkt man so angestrengt über so wichtige Dinge nach, dass man die Welt um sich herum vergisst, und
kaum meldet sich die Welt zurück, hat man alles wieder vergessen.
Just in dem Moment fiel ihm wieder ein, worüber er nachgedacht hatte, und musste sich eingestehen, so
wichtig war das gar nicht gewesen, und das stimmte ihn noch nachdenklicher.
Sie ahnen sicher bereits wie die Geschichte weiter geht.
Er wird noch über alles mögliche nachdenken und noch über alles mögliche stolpern, und dann auf alles
mögliche wütend werden, um dann wieder über alles mögliche nachzudenken.
Bei einer seiner täglichen Nachdenkereien, die inzwischen einen ziemlich großen Anteil seiner Zeit für
sich beanspruchten, ohne dass er das wirklich bemerkt hätte;
Also während der ganzen Zeit, in der er über irgendetwas nachdachte, war er einmal am Ende eines
langen Gedankens, beim zurückblicken auf das wirklich erstaunliche Gebilde, das er soeben gedacht
hatte, so begeistert von diesem seinen Gedanken gewesen, dass er ihn aufschreiben wollte.
Das Gebilde seiner Gedanken nämlich hatte ihm soeben plausibel erklärt, dass alles, aber auch alles was
geschieht, wie eine riesige Maschine mit tausenden von Rädern und Schräubchen und Zahnrädern und
kleineren Zahnrädern und immer noch kleineren Zahnrädern ineinander greift und etwas in Bewegung hält
oder die Bewegung von etwas ist, das wir ALLE unser Leben nennen.
Das Gebilde seiner Gedanken hatte ihm weiterhin und immer noch plausibel erklärt, dass diese Maschine
tadellos funktioniert.
Alles dreht sich wie es sich drehen muss.
Was allerdings fehlt, ist die Freude, was fehlt ist Zufriedenheit, was fehlt ist ein Lebensgefühl, das genauso
überzeugend wie diese tadellose Maschine, genau den Zweck erfüllt den es erfüllen soll.
Das ist nicht in der Maschine, in keinem einzigen Schräubchen, nirgendwo und auch nicht dazwischen.
Das ist auch nicht in den Gedanken daran.
Das ist ein Gefühl.
Und für diejenigen, die dieses Gefühl kennen ist das Leben etwas ganz anderes.
Also ein Gefühl für das was das Leben wirklich ist, ein Gefühl von Dankbarkeit, Dankbarkeit für ein
unglaubliches Geschenk.
An diesem Punkt wollte sich das Gebilde schon wieder den Tausend kleinen Tatsachen und Details, also
ganz im Sinne der Schräubchen und Maschinenmanier, den kleinen Unterschieden zwischen den
Menschen und ihrem Verhalten innerhalb der Maschine zuwenden, als irgendetwas in ihm sagte, he, wart'
doch mal.
Wo rennst du denn hin?

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Kommentare zu diesem Text

NachtSchwärmer (57)
(13.12.07)
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