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Gedicht zum Thema Kinder/ Kindheit

von  RainerMScholz

Illustration zum Text
(von RainerMScholz)
Kaum 11 Monate
alt und schon
aufgeschnitten von oben bis unten.
Vergraben
unter den Blumen
mit 17 in den
Geranienkästen.
Tiefgefroren
mit 21,
Teil für Teil;
mit der Tüte
aus Plastik
über dem Kopf,
und Mami weint
und drückt dann zu.

Papa hatte das Messer
geschärft, Mami
holte den Spaten.

Da war ich 24 Monate alt.

Ich flog
aus dem Fenster
im 15. Stock.
Das Pflaster raste so nah.
Es tat nicht sehr weh
und niemand hörte
mein Lied,
als mein kleiner Körper zerbrach.

Den 3. Geburtstag,
da war ich im Wald.
Ich lag da im Tann,
wo niemand mich fand;
da war mir ganz kalt
diesen Tag,
und den folgenden
Jahr um Jahr.

Bis Haut und Knochen
ich nur noch war,
ist mein Lager
das Trepploch gewesen.
Und dauernd traten Füße
die Stufen.
Niemand hörte mich Summen
und Kichern und Weinen;
eine Katze schlich leis´
um die Knöchel.

Als sie mich bissen und
schlugen und traten,
und kniffen mit eisernen Zangen,
und verbrannten die weiße Haut,
Papa hat auf mir `rumgekaut,
da hörte ich leises
Singen
wie von Schmetterlingsflügelschwingen;
ich war
2 und ein halbes Jahr.

Wenn die Sonne warm scheint
und der Himmel ist blau,
dann hör´ ich das Engelsweinen.
Mit gebrochenen Flügelbeinen.
Mama hat mich umgebracht,
Papa hat ein Loch gemacht.
Da war schon steinalt ich
und ganz kalt.

© Rainer M. Scholz, 2007

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Kommentare zu diesem Text

E.Lucy_Dation (32)
(20.12.07)
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 RainerMScholz meinte dazu am 21.12.07:
Schmetterfinken ist natürlich auch nicht schlecht.
Allerdings wollte ich schon, daß das Gedicht am Schluß so auseinanderläuft. Mir ist auch aufgefallen, daß ich sich nicht auf kalt, sondern auf alt reimt. Deswegen ja. Es sollten, wenn überhaupt, dann nur "verhunzte" Reime sein (Verhunzen - tolles Wort), bevor das ganze ins Melodramatische abdriftet und für mich seinen Sinn dadurch in sich verkehrt, bzw. das Reimgedicht sich dieser Sinnebene verschließt.
Ich denke nochmal darüber nach.
Grüße,
R.

 Omnahmashivaya (20.12.07)
Ein trauriges Gedicht, welches die Realität der heutigen Zeit wiederspielgelt. Wie aus einem Horrorfilm. Aber leider ist es wahr, was draußen in der Welt, vor der Haustür oder im eigenen Haus geschieht. Ich frage mich, was das für Menschen sind. Da kann man sich auch vorher entscheiden, ob man ein Kind möchte oder nicht. Und wenn man nicht mit Situationen fertig wird. dann wenigstens Adoption, "Kinderklappe" oder so. Das ist auch nicht schön, aber solch einen grausamen Tod hat Niemand verdient und die Keinen haben ein Recht auf ihr Leben. Immer wieder hört man in der letzten Zeit von solchen Fällen. Das ist bitter. Nachdenkliche Grüße von Sabine

 RainerMScholz antwortete darauf am 21.12.07:
Ja, da hast Du recht. Hänsel und Gretel waren scheinbar nie aktueller.
Grüße,
R.
amie (29)
(03.04.08)
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 RainerMScholz schrieb daraufhin am 04.04.08:
Worte, die Herzen brechen - das ist wahr. Knochenbrechen klingt anders. Transzendental ist man vielleicht schwerer tot, als in der Realität.
Grüße,
R.
mizzchaoz (34)
(30.05.08)
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 RainerMScholz äußerte darauf am 01.06.08:
Vielleicht sollte ich noch dran arbeiten; aber dieses "steinalt" soll darauf hinweisen, dass die Problematik nicht ganz neu ist.
Grüße,
R.
MarieM (55)
(01.06.08)
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 RainerMScholz ergänzte dazu am 03.06.08:
Grüße ebenso schweigend. Der Kommentar in der Klammer trifft es auch.
R.
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