Feechen XIII: Episode Oskar

Tagebuch zum Thema Tiere

von  tastifix

Es war an einem sonnigen Nachmittag.
„Feechen, lass uns zur Wiese gehen! – Alexandra, magst du mit kommen?“
Frauchens Älteste nickte.

Vergnügt marschierten wir zum Hundetreff. Wir waren allerdings nicht die Ersten. Da standen bereits mindestens zwölf Artgenossen. Damit sich ihre Besitzer zu hause allein wohl nicht langweilen sollten, durften die sie begleiten und schienen sich sehr geschmeichelt zu fühlen. Überall sah ich in fröhliche Gesichter.

„Nun“, bellte einer meiner vierbeinigen Kameraden, „unsere Zweibeiner brauchen doch ab und zu auch ein bisschen Auslauf. Meistens verhalten sie sich hier ja recht friedlich, ohne Beißerei oder so ... !“

„B... Beißen sich unsere Chefs denn auch manchmal?“, guckte ich verstört.
Mein Weltbild wankte gefährlich, denn eigentlich hatte ich mein Menschenrudel nicht allein für harmlos, sondern obendrein noch für ausgesprochen lieb gehalten.

„Du hast keine Ahnung von der Welt, Kleines!“, sagte er dazu.
Aber, anstatt mir mal reinen Wein einzuschenken, schwieg er sich aus.

„Vielleicht will er sich auch nicht mit trüben Gedanken den Nachmittag verderben“, grübelte ich, aber nur ganz kurz, denn ich wollte ebensolches auch nicht.

Dagegen trabte ich jetzt schwanzwedelnd herum, um alle zu begrüßen und die neuesten Neuigkeiten auszutauschen. Eine Freundin von mir war Menschenbabykindermädchen geworden und gab tüchtig an damit.
„Pöh!“, gab ich zurück, „Nur eiin Menschenwelpe?? Ich hab` gleich vier auf einmal zu hause!“
Leute, deren neidischen Blick hättet Ihr sehen müssen!

Ich  tat so, als ob ich den gar nicht mit gekriegt hätte und setzte meine Runde fort. Fast alle meine Freunde und Freundinnen waren da. Wir freuten uns riesig und tobten selig miteinander, immer fellhaarscharf an den Zweibeinern vorbei sausend. Einmal machte auch Frauchen ´huch` und sprang erschrocken zur Seite.
„Typisch Mensch!“, dachte ich. „Als ob ich mein Frauchen übern Haufen rennen würde!“
Fast war ich deswegen ein bisschen gekränkt.

Wir Vierbeiner spielten also und unsere Menschen unterhielten sich, natürlich, wie es sich ja wohl auch gehörte, vor allem über uns, ihre Lieblinge. Gut nur, dass ich nicht rot werden konnte, sonst wäre ich als überreife Tomate da her gelaufen, so haben die gekohlt! Ging es nach deren Gerede, waren wir alle die reinsten Engel.
„Den Quatsch merke ich mir für das nächste Mal, wenn Frauchen mich anbrüllt, weil ich (gar nicht schäm!) wieder den Tisch abgeräumt habe!“

Etwa sieben Rennrunden später passierte dann was, was meine Neugierde weckte. Da näherte sich so`ne lebendige Garnrolle auf vier Beinen. Durch die komischen Fellfusseln vor ihren Augen hindurch sah die garantiert nichts mehr. Hatte die oder der noch nie etwas von Fellspangen gehört?

Dann entdeckte ich hinter diesem wandelnden Mop das zugehörige Frauchen. Das hing bei dem an einer feuerroten Langlaufleine.
„Die haben sich bestimmt sehr lieb!“, schloss ich daraus.

Das komische Zotteltier zog aufgeregt auf die Wiese. Wahrscheinlich hatte das in seinem bisherigen Leben noch nie so viele Artgenossen auf einen Haufen gesehen, so stellte sich das an. ´Schnüffel` und ´scharr` und noch etwas, was sehr aufschlussreich war ...

Zottel hob nämlich ein Bein und markierte den nächststehenden Baum, nicht, ohne dabei die umstehende, vierbeinige Männlichkeit recht hochnäsig anzuschielen. Falls er das überhaupt schaffte ... !

Sein Frauchen quatschte sofort ein anderes Frauchen an und redete dann unentwegt. Das andere guckte kurz darauf recht komisch. Ich glaube, es hätte auch gerne mal was gesagt.
„Oskar, geh` spielen!“
Aha, so hieß der also!! Oskar ging aber nicht spielen, sondern blieb noch unentschlossen neben seinem Frauchen stehen.

„Den guck` ich mir mal näher an!“
Neugierig machte ich mich auf die Pfoten und lief denn doch etwas zögernd auf ihn zu. Immerhin war der mindestens doppelt so hoch wie ich und das, obwohl ich eine riesige Schäferhunddame war.
„Hm, zumindest schon fast Dame!“, gab ich mir insgeheim zu.

„Hallo, Oskar!“, bellte ich. „Ich heiße Feechen!“
Oskar musterte mich neugierig und wedelte. Da wurde ich keck, beschnupperte ihn und war dann sehr begeistert.Der roch ja richtig gut.

Und dann fand ich den dermaßen nett, dass ich mich nicht mehr zurück hielt und meinem Ruf als Schmusebacke alle Ehre machte. Ich leckte ihm wieder und wieder und immer inniger die Schnauze, was schließlich in einer wilden Vollwäsche endete, die Oskar in ein klitschenasses Riesengarnknäuel verwandelte.

Plötzlich zuckte ich entsetzt zusammen. Was war denn jetzt los? Oskars Frauchen schien kurz vorm Umkippen. Sie war blass wie die Wand in Frauchens Küche und schrie panisch vor Angst wie mein Mato in der Dusche:
„Sie hat meinen Oskar gebissen, sie hat Oskar gebissen, Hiillfe!“

Die kriegte sich gar nicht wieder ein. Die anderen Zweibeiner starrten sie fassungslos an und zwinkerten dann schleunigst meinem Frauchen und meiner Ersatzschwester Nummro Eins zu, wohl, damit die Beiden nicht auch noch vor Fassungslosigkeit deswegen umfielen.

Ein Herrchen, dass in der Nähe stand, raunte meinem Frauchen zu:
„Die spinnt! Wir haben alle gesehen, wie es wirklich gewesen ist! Ärgern Sie sich bloß über diesen Unsinn nicht!“
Frauchen und auch Alexandra wollten sich seinen Rat zu Herzen nehmen. Doch das klappte dann doch nicht so richtig.

„Die doofe Kuh!“, meckerte meine Ersatzschwester los. „Feechen ... und beißen!! Einfach lächerlich! Ne, Feechen?“
„Du hast es erkannt!“, schielte ich sie von unten her nach oben lobend an und hing noch ein begeistertes Wedeln an.

Trotzdem war Frauchen das Treffen gründlich verdorben und sie drängte nachhause. Auf dem Heimweg machte sie sich so richtig Luft. Jetzt meckerte nicht mehr nur Alexandra sauer vor sich hin, sondern auch mein geliebtes Leittier. Und wie sehr sogar:
„Die hat soviel Ahnung von Hunden wie ´ne Kuh vom Eierlegen! Eine Uunverschäämtheit das!!" Usw. ... usw. ...

Frauchen hörte überhaupt nicht mehr auf. So langsam machte ich mir Sorgen um sie, weil sie sich so aufregte.
„Das ist die gar nicht wert, Frauchen!“, jaulte ich leise und leckte ihr blitzschnell über die Wange.
´Soll ich vielleicht jetzt ´ne Vollwäsche ... oder im Moment doch besser nicht?`, überlegte ich und entschied mich dagegen, denn dann dächte sie vielleicht noch mehr an eben.

Anscheinend zeigte mein Tröstversuch doch ein wenig Erfolg. Frauchen hörte nämlich auf zu schimpfen und guckte auch wieder fröhlicher. Ja, sie fing tatsächlich an zu lachen:
„Feechen, wenn das eben ein Biss war ... Weißt du was? Dann gibst du ihm das nächste Mal aber ein Küsschen!“

Das Wort ´Küsschen` kannte ich. Das gefiel mir umwerfend gut.
„Und ob, Frauchen!!“, quietschte ich vor Freude.
Komisch nur, dass Alexandra so eigenartig guckte:
„Mamaa!!“

Wir Hunde nehmen nun einmal alles wörtlich.

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