Feralia

Kurzprosa

von  beneelim

Wie wir seit Wochen auf den Schnee warten, den ersten, den neuen; wie er hübsch sein müsste, in high definition, Kristall um Kristall, das Komponentenkabel durchschwebend, während die Snowboards aus dem Kellerabteil geräumt würden und die Nordic Walking Ausrüstung ihren Platz einnähme. Alle Sinne müssten vibrieren, der Atem im Hals knarren und die Finger wieder so prickelnd steif werden.

Du merkst, erzählst du mir, während ich schlafe, wie sich das Ungelebte vor deine Augen schiebt, und ich drehe mich, träumend, bis mein Arm über die Bettkante hängt. Deine Finger streifen meinen Nacken, als du blinzelst und draußen die Schneeflocken vorbeitreiben siehst, und ich erinnere mich kaum daran, wie du aufstehst und deine Kleider überstreifst. Aus dem Nachtfilm, drüben, bei der besoffenen Nachbarin, drängen Paukenschläge und rauchhälsig gebrummte Dialoge gegen die abgewandte Seite der Schlafzimmerwand. Wenn ich dir zugehört hätte, später, hättest du mir beschrieben, wie du durch diese stille Welt vor der Türe geschlichen bist und wie du durch all die fingerkuppengroßen Flocken die Sterne hast sehen können. Ich hätte die Decke hochgezogen und dich murmelnd beschimpft, weil du der einzige bist, der das begreifen kann, das, was mit mir passiert. Du hättest mir in die Seite geschlagen, fester wahrscheinlich, als es deine Absicht gewesen wäre, und ich hätte das begriffen. Ich hätte noch, vor dem Versinken, überlegt, ob ich lachen hätte sollen, um sicher zu gehen, aber im Grunde hätte es mich nicht kümmern brauchen.

Ist das so mit uns, fällt mir stattdessen ein, beim neuerlichen Durchwälzen unseres Kontinent, der sich unbeirrt gegen mein Gewicht stemmt und so tut, als dürfte mir zu irgendeiner Zeit weich sein. Warm. Und ich weiß noch, gerade eben, nach dem Aufwachen, wurde mir klar, dass es wohl wenigen gelingt, einen Himmel zu sehen, der sich auf die Straßen und Dächer leert, etwas zu sehen, das dahinter bleiben will.
Wie wir warten, seit Wochen. Unter dem Schnee, der dann doch noch gekommen ist.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (05.07.20)
Guter erster Absatz, dann wird es extrem wolkig-vage. Die Textqualität stürzt quasi ins Bodenlose.
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