Der Ohr-Igel

Short Story zum Thema Humor

von  tastifix

Nach einem amüsanten Nachmittag sitzen Anne und Peter abends in einem gemütlichen Restaurant und frönen einer dann noch amüsanteren Unterhaltung. Anne hat nämlich ein Problem. Sie druckst herum, denn sie kennt ja ihren Peter und kann sich lebhaft vorstellen, wie er gleich reagieren wird. Männer!

"Du, Peter", beginnt sie.
"Ja?"
"Ich halt` das auf die Dauer nicht aus."
Über Peters Gesicht fliegt ein Schatten. Anne sieht ihm förmlich an, wie es in dem armen Kerl arbeitet, und er wahrscheinlich sein Gedächtnis nach irgendeinem noch nicht verjährten Fehlverhalten durchforstet. Zum Glück wird er nicht fündig. Seine Miene entspannt sich.

"Was ist denn?", fragt er.
"So nicht mehr!", erwidert sie brüsk,. In diesem Anfall von Empörung vergisst sie völlig, ihrem ahnungslosen Schatz vielleicht einmal zu erklären, worum es eigentlich geht, sondern schnattert stattdessen einfach drauflos:
„Es kratzt und piekst wie wild. - Peter, in meinem Ohr hockt ein Igel!“

Bei Peter fällt der Groschen.
„Ach, aber Schatz, vielleicht ...“
„Quatsch! Daran liegt es nicht. - Leider nicht!!“, betont sie sauer.
Mitfühlend betrachtet Peter ihr Ohr und stellt nichts Ungewöhnliches fest, keine Rötung, keine Schramme und erst recht kein Loch.

Der besagte Igel jedoch lässt ihm keine Ruhe. Er muss dem unbedingt auf den Grund gehen, mopst deshalb seiner Anne das stachelige Etwas und bugsiert es zur Probe ins eigene Ohr.
„Der piekst doch gar nicht!“, meint er spontan.
„Du hast ja auch größere Ohren!“

„Typisch weibliche Logik!“, folgert Peter und platziert den Igel neben seinen Teller.
„Peter! Den kannste doch nicht auf``n Esstisch ... “
„Wiesoo? Igel liieeben Holz!“
Mit verschämtem Blick in die Runde greift sich Anne das Stacheltier und versteckt es in ihrem Einkaufsbeutel.

„Weißt du ...“, bemerkt Peter daraufhin sanft, sogar extra sanft, denn er kennt ja seine Anne.
„Du sträubst dich immer noch. Dagegen musst du angehen, denn es könnte ja sein ... “
„Willst du etwa damit andeuten, dass ich mir alles nur einbilde?“
Anne fasst es nicht. 

Liebevoll grinste Peter sie an.
„Sieh` mal: Die Psyche bewirkt so manches!“
„Aach nee! Interessant: Ich hööre ...“
Jetzt grinst auch Anne.
„Allein, weil deine Seele ihn ablehnt, ärgert er dich. Du musst Dir einfach sagen: Es ist gar kein echtes ... Es ist nur ein gefühltes Kratzen!“

Anne hebt ihre Hand und tippt ihrem so eifrig psychologisierenden Gegenüber ohne jegliche psychologische Überlegung ganz spontan sehr nachdrücklich mit dem Zeigefinger an dessen Stirn:
„Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen: Aber dort piept jetzt ein ganzer Vogelschwarm und zwar in totaal echt!! - Bäh!“
„Bähäh!“, kontert Peter.

Lachend strecken sie sich die Zunge heraus. Der Kellner guckt gelassen weg. Schließlich hat er in seinem Leben schon noch viel verrücktere Gäste erlebt.

„Ja, ja!“, seufzt Anne dann. „Mein Hörgerät, der biestige Ohr-Igel!“

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