atropa belladonna

Hymne zum Thema Schizophrenie

von  Lucifer_Yellow

ich reiß' mir die haare aus
ich kau' an meinen fingernägeln
versuche sie herauszuziehen
ich nage an meinen gelenken
ich ritze
ich verbrenn' mich
rieche verschmorte haut
das finde ich gut
ich schau' in einen spiegel
ich quäle eine kleine katze
ich zerreiß mein hemd
ich spritze auf meinen bauch
rieche mösen
und lutsche an stringtangas
ich finde das gut
ich zerschlage eine wand
ich zerschlage mein lachen
ich zerschlage diese dumme fresse
ich ficke ärsche
ich rauche
ich kotze blut
ich rauche noch mehr
ich schreie grundlos
ich schreie aus guten gründen
ich steche auf mich ein
ich schreie
ich lache
ich weine
ich genieße
ich wache
ich träume
ich entspanne
ich verkrampfe
ich liebe
ich lebe
ich sterbe
ich hasse
ich onaniere
ich friere
ich schwitze
ich kann nicht mehr

das leben langweilt mich
in seiner komplexizität
es ödet mich an

ich beschließe mich umzubringen
möglichst schmerzhaft
auch das langweilt mich

ich öde mich an.
ich fresse die scherben des lachenden gesichts
im spiegel
ich lächele mit blutverschmierten zähnen

ein schönes bild.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Mitternachtslöwe (27)
(09.03.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Lucifer_Yellow meinte dazu am 11.03.08:
hier geht es nicht um ein spezielles lyrisches ich, hier geht es auch nicht um irgend eine wirklich ausgeführte tat... das meiste geschieht in den gedanken.
hier geht es eher um die komplexität der menschlichen natur, um einen ganzen haufen von menschlichen eigenschaften und verhaltensweisen, im nüchternen, im psychotischen, im vergifteten zustand.
es sind in den einfach gehaltenen zeilen die konkreten handlungen von eben vielen lyrischen ichs gezeigt, die vielleicht (genau genommen noch) weniger worte bedürften - und damit ist die ich-form einfach notwendig. die vielen ichs sind ausdruck stilistischer mittel.
auch steigern sich die taten in ihrer (gesellschaftlich moralisch verwerflichen) art (ohne reihenfolge & erkennbares schema, jede handlung steht somit alleine und im zusammenhang), um zu zeigen, wie der mensch an sich grenzen für sich und für andre zu definieren und zu finden glaubt. er versucht sich selbst zu schocken und sich selbst zu mäßigen. aber er findet nichts, was ihn auch nur annähernd befriedigt, selbt der freitod wird zum langweiligen, alltäglichen, normalen ding degradiert und ignoriert. so muss der mensch schließlich einsehen, dass alle qual, alle lust und alle angst ihm keine grenzen aufzeigen kann und er machtlos (und handlungslos) blutverschmiert dasteht (und vielleicht ist das ja seine grenze) - so das ganze kann man jetzt auch noch metaphorisch auffassen - diesen text hier übrigends auch. [normaler weise ist es nicht meine art meinen texten einen sinn zu geben, dass grenzt sie ziemlich ein, aber hier war das wohl ma indiziert.]
(Antwort korrigiert am 11.03.2008)

 Mootz (09.03.08)
ich finde auch dass der letzte absatz alleine viel mehr rüberbringt als mit den ganzen worten vorher.
lg mela

 Lucifer_Yellow antwortete darauf am 11.03.08:
was genau bringt der letzte absatz denn so alles rüber?
greez, lu.

 Mootz schrieb daraufhin am 13.03.08:

ich öde mich an.
ich fresse die scherben des lachenden gesichts
im spiegel
ich lächele mit blutverschmierten zähnen

ein schönes bild.

kampf mit sich selbst. selbsthass und der daher rührende masochismus.
sich verletzen um sich zu spüren...
das is kunst, das is subjektiv. ich bräuchte jedenfalls nur diese paar zeilen um etwas darin zu erkennen. ich will nicht sagen alles andere ist überflüssig, denn wahrscheinlich ist für dich auch der rest unentbehrlich. aber wie gesagt, die paar worte allein sind in meinen augen mehr kunstwerk wie alles zusammen.
lg mela
Tempergus (43)
(19.04.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Dieter Wal (16.01.21)
Die "Schlusstrophe" ist genialisch. Durch die darin enthaltene Selbstrücknahme wirkt es auf mich spirituell und transzendent.

Schizophrenie kann ich darin keine erkennen.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram