Samsara

Ghasal zum Thema Sprache/ Sprachen

von  Erebus

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Sansibar und Samarkand,
Surinam und Feuerland,
schweben Worte durch die Zeit,
singen, weben mir ein Band,
schwingen, weiten mich zum Meer.
Steppenwogen, Wüstensand,
segnen sie und leiten mich,
spülen sie den müden Strand.
Sehe ich der Wahrheit Spur:
Saat und Ernte sind verwandt.
Sprich zu mir und schenke dich,
sende mir dein Anderland.
Spröd ist meine Zuversicht,
streifst du mich mit deiner Hand,
sag, Geliebte, siehst du mich,
spürbar, aber unbekannt?
Suche ich nach einer Tür:
Sehnsucht bin ich, Wortgewand.





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Kommentare zu diesem Text

kata (64)
(23.04.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Erebus meinte dazu am 23.04.08:
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Hallo kata - ich verstehe die Frage nicht. Meinst du, ich habe das Thema verfehlt?

LG
Uli
kata (64) antwortete darauf am 23.04.08:
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 Erebus schrieb daraufhin am 23.04.08:
alles klar! Was hast du denn auf die Leinwand projeziert? Du bist anscheinend nicht mehr in KG vertreten, da habe ich nach Aufschluß gesucht.

LG
Uli

 Isaban (23.04.08)
Dann wollen wir doch mal schauen.

Also: 18 Verse, Trochäen, wohin mal blickt, vier Hebungen pro Vers, alle Verse beginnen mit S und enden in männlicher Kadenz.

Gucken wir mal nach dem Reimschema.

Sansibar und Samarkand, (a)
Surinam und Feuerland,(a)
schweben Worte durch die Zeit,(b)
singen, weben mir ein Band,(a)
schwingen, weiten mich zum Meer.(c)
Steppenwogen, Wüstensand,(a)
segnen sie und leiten mich,(d)
spülen sie den müden Strand.(a)
Sehe ich der Wahrheit Spur:(e)
Saat und Ernte sind verwandt.(a)
Sprich zu mir und schenke dich,(d)
sende mir dein Anderland.(a)
Spröd ist meine Zuversicht,(f)
streifst du mich mit deiner Hand,(a)
sag, Geliebte, siehst du mich,(d)
spürbar, aber unbekannt?(a)
Suche ich nach einer Tür:(g)
Sehnsucht bin ich, Wortgewand.(a)

V7 und V15 gleiches Reimwort, drei d-Reime. Einige Stabreime. Der immer wiederkehrende (10 x) a-Reim ist das Webband und der Rahmen, der die Verse umschließt. Das Zeilenmuster (auch durch das S an jedem Versanfang) sieht aus, wie ein Teppich auf einem Webstuhl, eine Grundfarbe und viele bunte Fäden, die zusammen ein Bild ergeben.

Nach V10 ändert sich die Perspektive, vorher wurden Einflüsse von außen aufgezählt, ab V11 wird das lyrische Du angesprochen.

Eine Liebeserklärung ist es, eine verschlungene, genussvoll lautmalerische, exotisch samtweiche, an Wort, Klang und Sprache, ein sanftes Anklopfen an die Tür der Lyrik/Poesie, ein melodischer Minnesang ans Schreiben, romantischer Ausdruck des Bedürfnisses, sich in Worte zu fassen, sich in ein Wortgewand zu kleiden, wie in die Umarmung einer Geliebten, eine Möglichkeit, aus dem grauen Alltag ins Anderland zu fliehen.

Es gefällt mir sehr, Uli, auch wenn ich heute anscheinend zu viel Brett vor dem Kopf habe, um die Form richtig zu klassifizieren.

Liebe Grüße,
Sabine
(Kommentar korrigiert am 23.04.2008)

 Erebus äußerte darauf am 23.04.08:
Liebe Sabine,

meinen Versuch einer Hommage an die Sprache hast du wunderbar beschrieben und dankenswerterweise belobt. Da freue ich mich doch sehr.

Eigentlich ist etwas anderes daraus geworden als ursprünglich geplant, denn ich wollte zunächst andere Worte in einen Kontrast zur blumig-exotische stellen. Die Worte, von denen meine Kinder einige benutzen, die aus dem Raum zwischen egoshootern und fastfood stammen, und mir so dürr und traumlos scheinen. Aber dann war mir das Erreichte dafür zu schade.

Das Kettelnde "S", für Sprache, für die Liegende Acht, für Samsara, für Werden und Vergehen fand ich ganz passend, um dem endständig wiederkehrenden "A"-Reim etwas entgegenzusetzen.

Ich wollte schon sehr lange einmal ein Ghasel schreiben, dass seinem Ursprung nach für "das erotische Sprechen in der Lyrik, die Ansprache des Dichters an die abwesende Geliebte." steht. Okay, also für die Sprache

Ich habe einige Anläufe genommen, aber irgendwie klingt dieses Reimschema im deutschen ziemlich hölzern. Deshalb habe ich versucht, mit zusätzlichen Reimen, Assonanzen und klanglichen Echos zu arbeiten.
Dann darf ich also zufrieden sein ... bis auf das wiederholte "mich", das ließ ich mir einfach durchgehen.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar und die Empfehlung,
liebe Grüße
Uli

 Traumreisende (23.04.08)
da hat sich jede minute gelohnt, diesen reim zu erknobeln !!!
weißt du, es ist wie ein zauberspruch, der klang, dieses fast knappe der zeilen hat ewas von beschwörendem sich einhämmernden, so als wenn es reicht es dreimal zu sagen und dann, wenn du die augen öffnest ist wahr.

samsara... was für ein wunderschönes wort, ein wort, das für sich schon ein gedicht ist.
dich lieb grüßend
silvi

 Erebus ergänzte dazu am 23.04.08:
Liebste Silvi,

ja, jede Minute, alleine schon für deinen Kommentar

Und ich glaube - das war noch mit der ursprünglichen Idee verknüpft- dass es tatsächlich so ist, dass wir mit dem Gebrauch der Sprache unsere Welt beschwören, also schon eine Art Zauberspruch. Zwischen "Sansibar" und "BRD" liegen Sprachwelten, und das wirkt sich, so glaube ich, auch auf unser Empfinden aus.


Ich danke dir für deinen Kommentar, Zustimmung und Empfehlung!

Liebe Grüße
Uli
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