gottLos

Akrostichon zum Thema Einsamkeit

von  Erebus

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Erklingt die Ahnung im Gesang der Spötter,
berührt das All, aus dem das Allsein schied:     
es ist der Nachtigallen Sehnsuchtslied             
nicht tiefer als die Einsamkeit der Götter.

Befreit von jeder Pflicht und dem Begehren,
ist ihr Geschick erfüllt, kein Augenblick
lenkt ihre Sinne aus der Zeit zurück,
dass sie sich ihrer Eigenheit erwehren.

Ganz ohne Sorge, Angst und eigne Hüllung,
ob groß, ob tot, egal und ohne jede Wahl:
Trabant zu sein, das ist des Menschen Qual.

Trabant und ohne eigene Erfüllung,
es lenkt kein Götze, Dämon durch ihr Sein,
so sind die Götter: gottlos und allein.


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Kommentare zu diesem Text


 Isaban (19.05.08)
Mir erschließt sich der Text nicht so ganz, Uli.
Die Quartette stellen mich vor Rätsel. Ich kann mich ihnen inhaltlich nicht wirklich nähern. Vielleicht habe ich ja ein Brett vor dem Kopf.

Gesang der Spötter
All, das aus dem Allsein schied
Nachtigallensehnsuchtslied
Einsamkeit der Götter - ich steige nicht hinter die Zusammenhänge, habe keine Ahnung, wer oder was da wem spottet, was mit dem All los ist, was die Nachtigallen dort zu suchen haben und ob die Götter jetzt spotten oder verspottet werden oder was sonst sie in V4 machen und woher du weißt, dass sie einsam sind, wenn du davon ausgehst, dass es deren mehrere gibt. Kein Wunder also, dass mich das zweite Quartett einfach vor noch mehr Rätsel stellt.

Die Schlüsselzeile deines Sonetts scheint mir diese hier, V11, zu sein:
Trabant zu sein, das ist des Menschen Qual.

Ein Trabant ist, je nach Definition, entweder ein Begleiter, Leibwächter, Gefolgsmann, Diener, ein Kind, ein Mond, jemand, der um einen oder um etwas kreist, ein Satellit oder bei der Fernsehtechnik eine ganz bestimmte Frequenz zur Übertragung und Synchronisation der Bilder. All das bedeutet immer, dass ein Trabant eben nicht wirklich einsam, sondern immer im Zusammenhang mit einem anderen Menschen/Wesen/Planeten/Gegenstand gesehen wird. Ohne eigene Erfüllung, was meinst du hier? All das, was aufgezählt wurde bedeutet doch nicht, dass der Mensch keine eigene Erfüllung findet, nur, dass jeder Mensch in Zusammenhang mit etwas/mit anderen steht, eben ein Rädchen im Uhrwerk ist. Und ist man Gott, wenn man keinen Gott hat? Ist man Gott, wenn nichts und niemand einen lenkt? Ist es überhaupt möglich, dass nichts einen lenkt, gibt es nicht immer irgendeine (wenn auch manchmal schwer verständliche) Motivation für Handlungen?

Wie gesagt, es erschließt sich mir nicht wirklich.

Liebe Grüße,
Sabine

 Erebus meinte dazu am 19.05.08:
Liebe Sabine,

ich brauchte ein wenig für die Antwort. Jetzt ging es weiter unten nach einem verständnisvolleren Kommentar zwar schon weiter, aber ich erlaube mir, noch einmal zurückzugreifen.

Obwohl ich eigentlich keine Gedichte mehr im Detail erläutern will, besser gesagt, mir das von Mal zu Mal schwerer fällt. Nicht, weil ich selbst nicht mehr weiß, was ich schrieb, sondern weil ein Gedicht entweder packt oder nicht, der Autor kann ja nicht immer daneben stehen und erläutern.
Es ist mir auch schon des öfteren passiert, das es nach einer knappen Erläuterung (und ein Gedicht ist m.E. in seiner ganzen Vernetzung von Gedanken, Bildern und Empfindungen kaum anders darstellbar als eben durch sich selbst) hieß: "Och wie schnöde", oder "da habe ich mir als Leser aber wesentlich komplexere Dinge dazu gedacht" - was mich natürlich nervt. Dieses hier kann dich nicht mitnehmen, besser gesagt, du hast deine Schwierigkeiten damit.
Deshalb nur ein paar Gedankenansätze, ohne vollständig zu erläutern.
Der Spötter ist ein Vogel, der neben der eigenen auch artfremde Stimmen und Klänge nachahmt. Zum Teil mit einer gradezu unglaublichen Präzision. Ich kannte einen Beo in einem Restaurant, der die WDR- Nachrichten-Erkennungsmelodie derart nachahmte, dass es jedes mal zu einem erwartungsvollen Schweigen unter den Gästen kam, die allen Umständen zum Trotze glaubten, jetzt kommen die Nachrichten - obwohl kein Radio spielte.
Zum anderen höre ich jetzt täglich die Nachtigallen, deren Gesang wirklich ausserordentlich schön und tief ist.
Der Spötter, der Nachahmer wird gemeinhin als minderwertig angesehen - warum, so könnte man sich fragen? Auch die Nachtigall ahmt den arttypischen Gesang nach, lernt ihre Melodien im Laufe der Zeit. Aber auch wenn sie fix- und fertig mit zweihundertfünfzig Strophen aus dem Ei schlüpfen würde - was macht die Nachtigall hochwertiger als den Spötter, der sich anmaßt, wie eine Nachtigall zu singen.
Auch du folgst mit deinem Abziehbildvergleich dieser Denkart, die sich mir nicht erschließt sondern für mich nur ein übernommes Werturteil ist. Ich hätte das gerne hinterfragt verstanden. Die Stimme des Spötters enthält bereits die Ahnung, nur der Mensch fällt das Urteil zwischen Original und Fälschung, hoch- und minderwertig.
Selbstverständlich ist der Spötter auch als ein Mensch verstehbar, hier in Relation zu einem oder mehreren Göttern gesetzt. Die Anzahl ist mir völlig wurscht, ich habe keinen Religionsdisput im Sinn.
Vielmehr geht es mir um das ureigentliche, das, was Gott/Götter nach meinem Empfinden in jedem Glauben, der sich eines/verschiedener Gottes/Götter bedient, ausmacht: Anfang zu sein, ohne andere Götter/Anfänge darüber - OK. du kannst mir jetzt mit griechischen Götterhimmeln, Brockhaus oder sonst was kommen. Aber ich verstehe das unter Göttern: keinen Gott mehr darüber zu haben.


Die Nachtigall singt vor Sehnsucht, so wäre die menschliche Interpretation ... das Männchen lockt das Weibchen, hat es sein Ziel erreicht, dann schweigts. Nur die unbeweibten Nachtigallen singen einsam weiter. Der Spötter, der den Himmel verspottet macht dies n.m.E. aus dem selben Grund. Weil er keinen Himmel hat und einsam ist - jetzt spreche ich vom Menschen.

"Das All, aus dem das Allsein schied," sollte nichts anderes heißen als: die Empfindung von Einsamkeit.

Ebenbild Gottes - ja, warum nicht, aber nicht nach dem zitierten Gebot No.1 (du hast an dieser Stelle Exodus 20,2 u. 20,3 zitiert: "Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus." und "Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.")
sondern nach 1. Mose 1,27 :(wikipedia) "Der Begriff Gottebenbildlichkeit bezeichnet den zentralen Aspekt der jüdischen und christlichen Lehre vom Menschen und geht zurück auf 1. Mose 1,27: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib."
Aber ich bin wie gesagt nicht auf Bibeldispute aus. Der Mensch als Ebenbild Gottes - das hat sich aufgrund meiner christlichen Erziehung fest in mir verankert.

Soweit soll das erst einmal reichen, denn jetzt müsste ich ans 2. Quartett und noch zwei Terzette, und hätte trotzdem noch nicht das gesagt, was ich mit dem Gedicht sagen wollte.

Jedenfalls bedanke ich mich für dein Engagement und deinen Kommentar. Dies ist auch für mich nichts, das ich mit einem kürzeren Satz abhandeln könnte. Gerne, im Falle des Interesses per PN.

Lieber Gruß
Uli


edit/änderung:
die offensichtlichsten Schlampigkeiten entfernt
(Antwort korrigiert am 19.05.2008)
Angelika Dirksen (62)
(19.05.08)
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 Isaban antwortete darauf am 19.05.08:
Wenn es mehrere Götter gibt, warum sollten sie dann allein sein? Wenn man sich z.B. die griechische und die römische Mythologie ansieht, dann scheint das nicht so. Und sobald es mehrere gibt, gibt es anscheinend auch meist familiäre Bindung und eine gewisse Hierarchie. Hier finde ich schon den Ausdruck "Gottes Ebenbild" unstimmig, denn dieser Ausspruch träfe ja praktisch nur auf das Christentum zu, also auf eine Religion mit nur einem Gott, nicht mit mehreren Göttern. Und grade der Christengott sagt doch: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Allerdings könnte und konnte man das immer als Präventionsmaßnahme, als Angst vor Konkurrenz auslegen. Hm.
Mag ja sein, dass meine Gedankengänge da irgendwie die falsche Richtung nehmen, manchmal hat man ja ein Brett vor dem Kopf und kann das Offensichtliche nicht erkennen. Für mich steht der schöne Klang des Gedichtes außer Frage. Es klingt gut. Aber zum Inhalt bekomme ich dennoch nicht den rechten Zugang.

LG, Sabine

 Erebus schrieb daraufhin am 19.05.08:
@ Angelika
Hallo Angelika,
es freut mich, dass du dir den Text zugänglich machen konntest, noch bevor ich ihn mit dem Hinweis auf das Akrostichon versah. Herzlichen Dank fürs Draufeingehen und Kommentieren
Lieber Gruß
Uli

@ Sabine
Liebe Sabine,
wenn man in dieser Art und Weise von Göttern spricht, denkt, verinnerlicht, wird man den Text nicht verstehen.
"Gottes Ebenbild" setzt einen eigenständigen Himmel voraus und nicht Rechthabereien auf dem Niveau von Bekehrungsgesprächen.
Alleinsein, das setze ich jetzt einmal synonym zu Einsamkeit, denn so wäre das wohl gedacht, hat zum Beispiel nichts damit zu tun, das man nur bis zur Stückzahl 1 zählt. Mit mir bevölkern ca. 6.7 Milliarden Ebenbilder Gottes den Planeten und ich kenne dennoch die Einsamkeit.
In meinen Augen reicht das, um die Stichhaltigkeit in Frage zu stellen, mit der du die Möglichkeit des Alleinseins in Abrede bringst.
Aber, ich gebe dir Recht, du hast da einen anderen Ansatz und so wirst du dem Text nicht nahe kommen können.

Lg
Uli

 Isaban äußerte darauf am 19.05.08:
Lieber Uli, stimmt,
ich verstehe deinen Text immer noch nicht - und das liegt gewiss nicht daran, dass ich irgendwen bekehren wollen würde, sondern daran, dass sich mir - vermutlich, wie schon betont, rein subjektiv - die in deinem Text verdichteten Zusammenhänge nicht erschließen.
Jeder Gott einen eigenständigen Himmel, lieber Uli? Und wo steht das geschrieben - und warum ist das in den diversen Mythologien so wenig verbreitet?
Sieh mal, hättest du "Gott" im Singular verwendet, dann würde es sich - zumindest mir - vielleicht eher erschließen. Allerdings : ob Gott einsam ist, allumfassend, wie Gläubige ihn betrachten, ist ja auch noch die Frage, ganz besonders wenn man diese Einsamkeit nicht von der Anzahl der vorhandenen Gegenstücke abhängig macht. Wenn etwas oder jemand allumfassend ist, würde er/es sich dann nicht selbst genügen?
Ich betrachte allerdings Ebenbilder nicht zwingend als kongruent, eher als Abziehbilder, als Imitate, was deinem Ausdruck "Spötter" ja sehr nahe kommen dürfte. Diese Abziehbilder, diese Blaupausen sind jedoch nicht Gott, sind keine Götter. Der Mensch als Ebenbild Gottes, das entspringt einem Bibelzitat. "Du sollst keine anderen Götter haben neben mir" (ursprünglich stand da in der hebräischen Bibel: Ich bin Jahwe, dein Gott.) übrigens ebenso. Beide Fassungen beinhalten, dass (dieser) Gott sich nicht mit den Menschen auf eine Stufe stellt.
Menschen können fraglos einsam sein, ob Gott oder Götter einsam sind - wenn es sie denn gibt - darüber würde ich mir keine Vermutung anmaßen. Ist nicht meine Liga.
Aber das brauchen wir ja nicht auszudiskutieren, Glaubensfragen würden eindeutig zu weit führen. Ich verabschiede mich also hiermit aus der Diskussion.
Der Klang ist schön - und anscheinend gibt es ja Leser, die deinen Gedankengängen problemlos folgen können.

Liebe Grüße,
Sabine
spiegel (64)
(19.05.08)
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 Erebus ergänzte dazu am 19.05.08:
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Hallo Spiegel,

wenn du ein Spiegel bist, dann kennst du mich
ich danke dir für deinen Kommentar, dein Lob.
Ja, für mich ergebt sich ebenso aus Klang und Inhalt gemeinsam ein Verstehen, bzw. angesprochen werden.

Lieber Gruß
Uli
NachtSchwärmer (57) meinte dazu am 20.05.08:
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Spurensucher (44)
(19.05.08)
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 Erebus meinte dazu am 19.05.08:
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Hallo Petra,

ja, an diesen speziellen Trabanten habe ich nun gar nicht gedacht, ich bekomme ihn auch nicht untergebracht.
Was mach ich jetzt?
Ich bedanke mich für deinen Kommentar

lieber Gruß
Uli
Herzwärmegefühl (53)
(19.05.08)
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 Erebus meinte dazu am 20.05.08:
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Hallo Moni,

danke schön für deinen Kommentar und dein Verstehen!
Ich meine auch, das man von Göttern sprechen darf, denn gedanklich bewegt sich der Text ja nicht innerhalb einer Religion.
Als Kind habe ich die griechischen Mythen verschlungen und mir fiel immer wieder auf, das deren Götter sich niemals gegenseitig direkt disziplinierten, nur via zwischengeschalteter Opfermenschen bzw. Halbgötter - was mich damals wirklich geärgert hat, weil ich es absolut ungerecht fand.
Aber ihr einsames Handeln wurde dem Anschein nach niemals durch Furcht vor höheren Gewalten oder von dem klugen Abwägen irgendwelcher Konsequenzen bestimmt, immer nur durch Instinkte und deren Befriedigung.
Es gibt nichts, auf das sie sich berufen, ausser sich selbst. Später fragte ich mich schon, wie sie mit ihrer daraus resultierenden ungeheuren Einsamkeit umgehen, die meines Wissens nirgend -götterbezogen- Eingang in die Mythologie fand.

Lieber Gruß
Uli

 knud_knudsen (20.05.08)
cabezza ein schönes Sonett mit Tiefgang. Das Thema passt immer,
wenn auch manche Menschen ohne ihre Götzen überfordert werden.
Gefällt mir gut.
Gruss
Knud

 Erebus meinte dazu am 20.05.08:
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Hallo Knud,

sag "Uli" - du kennst mich doch vom Seepferdchenkurs im Tümpel -
Ich danke dir für deinen Kommentar und das passendfinden.
Du bringst es mit deinem Nachsatz auf den Punkt. Hätte ich mir das Sonett eigentlich sparen können
Na ja, macht aber Spaß. Ich glaube aber "manche" triffts noch nicht so richtig. Es gibt ja unsagbar viele Götzen und deren Diener

Lieber Gruß
Uli
LudwigJanssen (54)
(20.05.08)
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 Erebus meinte dazu am 21.05.08:
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Hallo Ludwig,

der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
und ich bin gegen Unterdrückung - lass die Minderheiten am Leben! Deshalb. Schon aus Prinzip.

ausserdem ... irritier mich nicht

;-)

lG Uli
LudwigJanssen (54) meinte dazu am 21.05.08:
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 Erebus meinte dazu am 21.05.08:
Ach, dich irritiert jemand wie ich nicht. :)
nö. :) , ja
Filosofierende Kartoffeln gehen für mich in Ordnung, die irritieren mich nicht, ich fühle mich sogar geistverwand. Faszinierend, mein Blauer Schwede! Obwohl ... ich iritiere mich immer wieder selbst, sonst hätte ich überhaupt keinen Spaß mehr.

Die Änderung war schon interessant, ich habe erfolgversprechend darüber nachgesonnen und muss jetzt mit der Auflösung leben. Vom freien Willen der Menschen habe ich schonmal gehört, bin aber kein Experte für sowas. Ich meine, ich müsste erst mal wissen, was das ist. So wie ... Neo?
Ich überleg mir jetzt mal ernsthaft, was mich nicht irritiert.

lG
Uli
;-)
LudwigJanssen (54) meinte dazu am 21.05.08:
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