Kapitel1 Die Zubereitung

Kurzprosa zum Thema Entwicklung(en)

von  DanceWith1Life

Obwohl dieses Jahr alles ganz anders war, getrauten sich die leicht zu erschreckenden Sorgenfalten noch nicht ganz ihre allzeitbereite Anspannung vollends aufzuheben, immerhin, ab und an kicherte man vor sich hin, legte die Füße hoch und genoss den Feierabend.
Der war sehr heiß, die meiste Zeit und wenn nicht, dann eben überraschend kühl, die Wettervorhersage sprach schon von Wüstenklima und die Rasenflächen taten ihr Bestes dies zu bestätigen.
Es gab zwar auch jetzt schon einige sandige Stellen, aber das waren meist Baustellen oder Sandkästen für Kinder.
Durch die für diese Breitengrade ungewöhnliche Hitze, kam Einem der Sommer viel länger vor, und das, obwohl er eigentlich später anfing und früher abklang, in einen jähen kühlen Herbst.
Wenn es wirklich ungewöhnlich gewesen wäre, dann hätte man uns doch gewarnt, so sagten viele im Nachhinein.
Der Frühling der Schlammfliege wurde durch einen Zeckensommer abgelöst, zum Glück nicht im gleichen Jahr und es flogen deutlich weniger Bienen, als all die Jahre zuvor.
Die Medien versuchten auch die Hitze mit jener Art gespielten Humors zu vermarkten, die solchen Veränderungen oft vorausgeht, der Tsunami wurde von Katrina und der wiederum von Seebeben Stärke Vielzuviel abgelöst. Ein Vulkanausbruch stand auch noch bevor.
Dessen ungeachtet ging ich auf eine meiner Reisen, allerdings nicht weit und nicht lang.
Nirgendwo war irgendetwas zu bemerken, man muss das doch sehen, dachte ich mir immer wieder.
Ganz das Gegenteil war der Fall, am Meer gab es keine Zecken und die Hitze verlor das ganze Gewicht ihrer Dürre durch die unglaublich Präsenz des Wassers, das ich zwar nicht sehen aber doch irgendwie spüren konnte.
In einem Park spielten die Kinder auf so verschwenderische Art mit dem Wasser, dass der Begriff Wüstenklima jeden zuvor geglaubten Kontext verlor.
Aber und auch das war spürbar, das Klima hatte sich verändert.
Nicht nur oder auf mehrere Arten atmosphärisch.
Der geplante Start einer Raumfähre, die ewigen Kleinkriege im nahen Osten, die ständigen Anschläge und Entführungen, die Suche nach Lösungen, alles gewann an Anspannung und verlor gleichzeitig an Wichtigkeit.
Es verlor diese Wichtigkeit, durch die gleichzeitig andauernde Zunahme anderer Unstimmigkeiten.
Über diese wurde nicht in den Medien berichtet.
Es fiel einem zuerst gar nicht so auf, wir sind ja auch kein Spinat in den jemand hineinbeißt und uns dann wieder ausspuckt, "yak", viel zu holzig, aber genau das passierte, und zwar auf eine sehr merkwürdige Art.
Die Kinder waren die ersten, die davon betroffen wurden, sie wurden einfach unausstehlich.
Nichts war ihnen mehr genug.
Lang ersehnte Spielsachen wanderten schon nach wenigen Minuten in die Ecke, in der sie leblos durch alles hindurch starrten, das ihren Blick kreuzte, seltsame Geräusche drangen durch die Fenster, als wäre die Baustelle von Gegenüber plötzlich allumfassend und kein hörnaher Zwischenraum mehr real.
Die Alltagsgeräusche, sonst ein murmelnder Hintergrund mit vereinzelten Warnsignalen mutierten zu einem fieberndem Sägen, das sich durch eine schier unendliche Zahl von Ästen mühte, und jedes mal aufheulte, wenn das Sägeblatt wieder weicheres Material zu fräsen bekam. Und das sonst selbstverständliche Rotieren der Zähne schien Funken zu sprühen, als wären es Metallarbeiten.
Die Menschen, die kaum ein ansatzweise praktisches Verständnis solcher Erscheinungen hatten, da sie immer alles voraussetzen und in ihren Idealen über alle Feinheiten hinwegschweben, teilten sich plötzlich in zwei Lager.
Die Einen, konzentrierten sich auf die immer häufiger auftretenden Zustände des Mangels, sprich, sie nahmen das Zeichen als solches, das plötzlich rasende Sägeblatt und setzten die daraus logische Schlussfolgerung, als Argument und Bekräftigung, und konnten gar nicht mehr oft genug darauf hinweisen, dass alles nur noch oberflächlich funktionierte, dass aber schon überall die Anzeichen des Verfalls deutlich und offensichtlich zu erkennen waren.
Die anderen wollten davon gar nichts wissen und hielten diese Ansicht für überzogen und ein Produkt kranker Fantasie in Verbindung mit Lebensangst und fehlendem Vertrauen in die weise Vorsehung.
Diese beiden Lager waren natürlich jeder Kompromissbereitschaft bereits im Ansatz beraubt und so wurde das ganze auf die politische Ebene transportiert, wo faule oder haarsträubende Kompromisse an der Tagesordnung waren.
Die Kommunikation brach ab, das heisst sie schrumpfte auf dieses Sticheln, das sich in allen ungeklärten Konflikten einnistet und so meinte jeder weiterhin, er wäre derjenige, der die Sachlage erfasst hätte und wie hirnrissig doch all die entgegengesetzten Ansichten blind in ihren Voreingenommenheiten selbstgerecht vor sich hin schwelgten.
Ein Standpunkt, der beide Lager auf einen gemeinsamen Nenner brachte, war nirgendwo in Sicht und so erwartete man Allerorts das dann übliche Gezeter.

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