Ode an ihn!

Innerer Monolog zum Thema Denken und Fühlen

von  tastifix

Alte Freundschaften sind doch immer noch die besten und uralte erst recht.

Ich bin zu beneiden, denn einen meiner Uraltfreunde habe ich immer um mich. Nun ja, zumindest fast immer. Gut, Reisen und Einkaufstouren hasst er wie die Pest genauso wie trockenes Wetter draußen, denn dann werde ich zur treulosen Tomate und bin weg. In solchen Stunden wie aber eigentlich auch sonst immer trägt er dezentes Schwarz. 

Kehr` ich abends zufrieden zurück, blinkt mich sein Standby-Knopf bereits hoffnungsfroh an.
"Jetzt bin endlich ich an der Reihe!"
Mein Tageswerk ist geschafft, ich gleichfalls und komme deshalb seiner blitzenden Aufforderung nur zu gerne nach.

"Warte noch ´nen Moment. ich will erst nachsehen, was heute ... "
Sein viereckiges Gesicht flimmert ungeduldig. Zwei Minuten später jedoch erhellt sich seine Miene und die Abendgymnastik startet. Ich feuere ihn tüchtig an:
"Wir machen solange weiter, bis Du alle zwanzig Übungen durchexerziert hast!"

Im Gegensatz zu so manchem Kadetten in der Grundausbildung bei der Bundeswehr ist mein Fernseher-Freund hellauf begeistert bei der Sache und läßt sich willig herum kommandieren.
´Tipp: Das Erste. Tipp: Das Zweite usw. ... `
Nach dem vierzehnten ´Tipp` schieben sich empört die Batterien der Fernbedienung aus ihrem Fach.
"Es reicht!"
Unnachgiebig stubse ich sie zurück. 
So läuft das Tag für Tag und Woche für Woche ab. Nichts Ungewöhnliches passiert.

Dann ist es eines Abends soweit. Ich habe mir einen bestimmten Spielfilm ausgeguckt und zappe durch die Programme. Jedes begrüßt mich leuchtend, wie es sich gehört, nur jenes nicht, nach dem ich so sehnsüchtig fahnde.
"Verflixt, dauert es noch länger, ist der Film zu Ende!"
Der Film ist dann tatsächlich schon zu Ende. Enttäuscht marschiere ich extrem früh ins Bett.
"Das haste jetzt davon!"
Mein Fernseher hüllt sich in schwarzes Schweigen.

Am nächsten Abend wiederholt sich das Ganze. Am übernächsten ebenso und ich erkläre dem Fernseher den Krieg:
"Entweder Du spurst oder ... !"
Nichts geschieht. Inzwischen vermeide ich tunlich den Blick in die Fernsehzeitung.
Mittlerweile fange ich an zu grübeln, denn ein solch aufmüpfiges Verhalten ist wirklich untypisch für ihn.
"Vielleicht liegt es am Alter? Denn so mit zehn Jahren ... Quatsch, vor drei Tagen war ja noch alles okay!"
Kurz darauf:
"Soll es etwa ein Hinweis sein, dass er trotz seines sportlichen Engangiertheit ab und zu mal ´nen Abend ausspannen möchte?"

Plötzlich ist mir klar:
"Der braucht nicht etwa mehr Ruhe, sondern sorgt sich um mich, die ich Stunden um Stunden vor seiner Mattscheibe klebe!"
Gerührt ob dieses Beweises inniger Zuneigung streichele ich seine Zimmerantenne, schalte ihn aus und versüße mir den restlichen Abend mit einem guten Buch.
Geliebte Flimmerkiste: Du bist wirklich der beste vierkantige Freund, den ich mir vorstellen kann!!

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