Was die Macht so mächtig macht oder Der Mensch ist frei, oder nicht?

Essay zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  Momo

Die Liebe ist eine Himmelsmacht. Geborenwerden zeugt von ihr, aber auch der Tod ist mächtig. Die Liebe ist aber mächtiger als der Tod, sagt man, und das stimmt wohl auch. Und beiden Himmelsmächten, der Liebe und dem Tod sind alle Lebewesen auf der Erde unterworfen.

Der Tod hat hier auf der Erde viele Gesichter, genau wie die Liebe. Wer liebt, ist ans Kreuz genagelt, heißt es, und da ist was Wahres dran.
Alles Leben auf der Erde fängt also schon damit an, dass es einer Macht unterworfen ist. - Und es hört nicht auf damit.

„Ich habe mächtigen Hunger“, würde ein Baby sagen, wenn es sprechen könnte, aber da es der Sprache noch nicht mächtig ist, schreit es ohrenbetäubend und gewinnt damit die Macht der Aufmerksamkeit seiner Eltern. Der Hunger kann mächtig quälen und wer nichts zu essen bekommt, muss sterben.

Neben dem Hunger ist es das Licht, das mit Macht auf ein Lebewesen einströmt. Das Licht des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit bringt das Gehirn so richtig in Schwung.
Man kann sich dem Licht kaum entziehen, wenn es da ist. Wer Augen hat, muss sehen, man kann einfach nicht anders und mit dem Hören verhält es sich ähnlich. Alle Lebewesen sind (fast) allen Tönen hilflos ausgeliefert, die mitunter mächtig laut sein können. Und beides, Bilder und Laute dringen mit Macht auf einen ein --- und dann die Gefühle, die Körperempfindungen, die Gedanken, Erinnerungen, Einfälle und Phantasien!
Der Mensch ist frei - oder nicht?

Hass, Liebe, Leidenschaften, Affekte, Perversionen, Aggressionen können einen Menschen mit Macht gefangen nehmen und aus ist es mit der Freiheit.
„Ich entscheide mich dafür, aggressiv zu sein, aber jetzt passt es mir nicht, ich verschiebe es lieber auf später.“  Das ist Freiheit, aber weil das Leben so nicht ist, muss der Mensch einsehen, dass er machtvollen Affekten und Gefühlen unterworfen ist, nicht wehrlos, nein, aber alle bekannten Abwehrmechanismen haben sich als mehr als unzureichend herausgestellt.
Und dann die Körperempfindungen - der Schmerz.

Der Schmerz kann aus einem lebenslustigen agilen Menschen ein Häufchen Elend machen, kann machen, dass sich ein Bär von einem Mann wie ein Wurm fühlt. Wenn das keine Macht ist? In seiner Hinterlist und Tücke hat der Mensch die Folter erfunden, um die Macht des Schmerzes für sich zu instrumentalisieren, und sie versagt fast nie. Nur ganz wenige standfeste Menschen können sich dieser Macht entziehen, der Macht, den Lebenswillen in einen Todeswunsch zu wandeln.

Durst, Hunger, Wärme, Kälte - der Mensch ist diesen Größen unterworfen. Ein Zuviel oder Zuwenig kann den Tod bedeuten.

Der Körper ist ein empfindliches Lebensgefährt: nur eine Kugel, die ihm mit Macht Gewalt antut, schon ist es vorbei. Nur ein Baum, der harmlos im Weg steht und ein zu schnelles Auto - das war's. Da muss man sich fragen, wer oder was hatte diese Macht, das Schicksal, die Kugel oder der Mensch, der sie benutzte, der Baum, das Auto oder der Mensch, der es fuhr? Oder ist es gar die reine Willkür, der reine Zufall, der Macht über ein Menschenleben hat? Ein Baum, der zufällig im Weg steht, ein Querschläger, der zufällig den Kopf trifft. Oder war gar jemand so sehr in Gedanken, dass er den Baum nicht sah?

Gedanken können Berge versetzen oder war es der Wille?
Na ja, ob Wille oder Gedanken, der Wille äußert sich ja in Gedanken, denn was wäre der Wille ohne Gedanken? Kann man überhaupt Wollen ohne zu denken? Ohne Gedanken ist alles Wollen ein Müssen.

Der Mensch hat einen freien Willen, sagt man, und der ist an Bewusstsein gekoppelt und ohne Gedanken, ohne Worte kein Bewusstsein. Dann ist es wohl mehr das Bewusstsein, das Berge versetzen kann. Jeder Gedanke hat demnach eine Wirkung. Es soll ja Leute geben, die allein durch ihr Bewusstsein andere Menschen wieder gesund machen können oder die Wirkung eines Medikaments verspüren, obwohl sie gar keins genommen haben! Und es gibt Menschen, die sagen, dass ohne Bewusstsein gar nichts wäre, keine Bäume, keine Straßen, keine Tiere und natürlich auch keine Menschen. Sollte das Bewusstsein wirklich die Kraft haben, alles was ist in Bewegung gesetzt zu haben, dann ist es wohl die größte Macht überhaupt.
Und wenn das Bewusstsein diese Macht besitzt, dann hat das Unterbewusstsein mindestens ebensolche, weil es viel mehr davon gibt. Die Welt des Bewusstseins ist der Tag und die Welt des Unterbewusstseins die Nacht. Wenn wir also wissen wollen, wie es in dieser dunklen Welt aussieht, müssen wir uns an unsere Träume erinnern und beginnen, unsere Gefühle und Affekte ernst zu nehmen.
Ein berühmter weiser Mann soll einmal gesagt haben: ich habe geträumt, ich sei ein Schmetterling. Bin ich nun ein Mann, der geträumt hat, er sei ein Schmetterling oder ein Schmetterling, der geträumt hat, er sei ein Mann?

Die Welt ist relativ, je nachdem, von welcher Seite aus man sie betrachtet. Leider gibt es keine hohe Mauer, die beide Welten voneinander trennt. Und da die eine viel größer und mächtiger ist, als die andere, kommt es vor, dass sie die andere völlig überwältigt und die Macht über einen Menschen ergreift. Das nennen wir dann Krankheit, geistige Krankheit, psychische Krankheit, das Gehirn funktioniert nicht mehr richtig, eine Funktionsstörung oder Hormon- oder was weiß ich für eine Störung. Es kann auch sein, dass eine Erbkrankheit vorliegt oder ein genetischer Defekt. Sicher, alles, nur keine Macht, die wir nicht greifen können, über die wir keine Macht haben, gegenüber der wir uns schwach und machtlos fühlen, weil sie nicht dingfest gemacht werden kann.

Wenn das Bewusstsein also nicht mächtig genug ist, kann es überwältigt werden. Dann hat der Mensch mir nichts dir nichts auch tagsüber Zugang zu dieser dunklen, manchmal schrecklichen Welt, hört Stimmen von Menschen, die nicht sichtbar sind, sieht Bilder, deren Gegenstände nicht real sind, bekommt Befehle, die er wie ein gehorsamer Soldat ausführen muss, erleidet Gefühle, die nicht seine eigenen sind. Das Bewusstsein macht mächtig, das Unterbewusstsein ohnmächtig, aber nur, solange das Bewusstsein nichts von ihm weiß.

Nur wenn Licht ins Dunkel fällt, beginnt die Macht der Dunkelheit zu schwinden und wir verwirklichen das, was wir glauben jetzt schon zu besitzen, einen freien Willen.

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