Meine erste Meer-Maske

Text zum Thema Humor

von  tastifix

"Erschrick nicht!", hieß es von Zeit zu Zeit und mir gegenüber stand eine Mischung aus Spinatwachtel und Alien, die sich beim kritischen Blick als ein Viertel meines Nachwuchses entpuppte. Leider ließ sich in jenen besagten Minuten die enge, verwandtschaftliche Zugehörigkeit nicht ableugnen.

Grün oder Orange auf der Stirn, auf den Wangen, der Nase und dem Kinn. Hinter den Ohren nachzusehen, ersparte ich mir, denn diesbezüglich war ich mir ziemlich sicher, dass auch dort ...

Wenigstens die Augen- und die Mundpartie sahen halbwegs normal farben aus - immerhin. In mir keimte die Hoffnung, dass sich die jeweilige Spinatwachtel wohl spätestens nach einer Viertelstunde in eine meiner süßen Töchter zurück verwandeln würde.

Und richtig: Bereits nach zehn Minuten stolzierte Madam-wie-nach-einer Lifting-Operation strahlend vor mir auf und ab und erwartete wegen der nun (allerdings vor der Prozedur genauso) fehlenden Falten wenigstens ein bewunderndes ´Aah`, wenn nicht sogar ein ´Boah!!`

Als liebende Mama kannte ich meine Pflicht und überschütttete die Tochter denn geradezu mit eben diesen Ausrufen und setzte per beinahe anbetender Blicke noch eins drauf. Dies wurde sehr zufrieden huldvoll lächelnd entgegen genommen.
´Das haste richtig gemacht!`, lobte ich mich und war darob ebenfalls sehr zufrieden.

Nachdem ich schon mehrere Jahre lang alle paar Tage maskierte Töchter in Orange und Grün genießen durfte, erwischte es mich denn heute auch ...

Schon seit Monaten war mein Interesse an deren Gesichtsmatsche gewachsen und wuchs ständig mehr. Ja, strenggenommen war ich inzwischen fast ein bisschen neidisch auf deren intensiven Teint!

Heute dann traf ich meine Jüngste in der Diele. Das ´Erschrick nicht!` war bereits seit einigen Wochen nicht mehr vonnöten. Ich hatte mich endlich ans Zusammenleben mit meinen Gesichtschamäleons gewöhnt und betrachtete eher äußerst aufmerksam die stetig wechselnde Farbpalette.

"Du, Katharina: Ich überlege, ob ich auch mal ..."
"Mama, ehrlich??"
"Ja, erklärst Du mir genau, wie ..."

Plötzlich war sie Feuer und Flamme:
"Mama, Du trägst die Creme gleichmäßig im ganzen Gesicht auf. Nur die Augen und der Mund müssen frei bleiben."
"Und wie krieg`ich den Mist hinterher am besten wieder ab?"
"Ich gebe dir Pads."

Mit klopfendem Herzen und der Cremepackung in der zitternden Hand verschwand ich ins Bad, entfernte das Makeup und trug die Pampe auf.
´Gleichmäßig, schöön gleichmäßig!`, sagte ich mir und betrachtete dann beinahe erstaunt das fertige Gemälde in Schlamm-Braungrün auf meiner Stirn, auf den Wagen und auf dem Kinn.

Wie es Katharina mir ja ernsthaft eingeimpft hatte, dass es unbedingt so sein müsste, zeigten Augen- und Mundpartie ein sehr helles, natürliches Beige. Der Rest - der reinste Horror.

Mit gewollt ernster Miene stolzierte ich zu meiner Tochter.
"Kati, guck`mal! Steht mir doch richtig gut, ja?"
Sie nickte grinsend und drückte mir eine Rolle Paids in die Hand.
"Mit denen geht es am leichtesten ab!`
Ób sie Angst hatte, dass ich vielleicht für den Rest meines Lebens, weil ich ja von jener Aktion dermaßen begeistert zu sein, als Pampenmama durch die Gegend laufen würde?

Wieder verbarrikadierte ich mich im Badezimmer. Entgeistert guckte ich in den Spiegel. In den letzten fünfzehn Minuten hatte meine Haut zunehmend gespannt und ich deshalb kaum noch gewagt, eine Miene zu verziehen. Die Pampe erinnerte inzwischen an bröckelnden Zement.

´Sogar die Marsmännchen mit ihren grünen Köpfen erlitten ´nen Herzschlag, wenn sie dies sehen würden!`

Bei diesem frustrierenden Gedanken rieb ich schneller und schneller mit der Watte durchs Gesicht und dabei, weil eben doch noch ungeübt, so manches Zementbröckchen in die Haare, an denen es dann sicher fest pappte.

Kurz darauf war es denn doch überstanden und ich konnte wieder ohne die Gefahr einer Ohnmacht in den Spiegel schauen.
"Die Falten, die vorhin sowieso nicht da waren, sind jetzt jedenfalls jetzt auch nicht da!`
Es hatte also nicht geschadet und ich bildete mir ein, besonders frisch auszusehen.

"Kati, das mach` ich jetzt öfters!`
Meine Tochter lächelte anerkennend.

Blieb jetzt nur noch zu überlegen, ob ich beim nächsten Male ´Orange` oder ´Grün` oder vielleicht ´Wildschweingrau` wählen sollte ...

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