Endgegner

Sonett

von  Isaban

Aus tiefsten Tiefen rief ich zu dir, Herr.
Mir ist inzwischen klar, du hörst nicht gut.
Jetzt sitz ich hier und kotze Blut
und schrei nicht mehr.

Zur Zeit fällt mir das Kämpfen schwer.
Was gäb ich für ein Quäntchen Wut,
für letztes Knistern alter Glut.
Leer ist leer.

So nimm mich zu dir, du da droben.
Wenn’s sein muss, werde ich dich loben,
dich preisen, dich, der immer schweigt.

Du hast gewonnen, Großer, hast es mir gezeigt,
ein Wurm bin ich und du beim Ficken oben -
und das Finale hab ich voll vergeigt.

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Kommentare zu diesem Text

Caterina (46)
(16.09.08)
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 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Probleme macht es mir, weil ich nicht davon ausgehe, dass Gott i.S. einer äußeren Macht in den Lauf der Dinge eingreift. Und weil eben die Formulierung von Klagegebeten den Eindruck macht, dass der Beter das erwartet hat.

Warum meinst du, dass dieses LI das anders sieht? Und warum bist du so sicher, dass da weder Sarkasmus noch Selbstironie noch die Erkenntnis der Situationskomik im Spiel sein könnten?

Liebe Grüße,
Sabine
Caterina (46) antwortete darauf am 17.09.08:
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Jack (33)
(16.09.08)
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Caterina (46) schrieb daraufhin am 16.09.08:
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 Isaban äußerte darauf am 17.09.08:
Tine, ich glaube, Jack meint mich, beziehungsweise das Gedicht.

@ Jack: Vielen Dank. Deine Rückmeldung ist mir ein Kompliment.

Liebe Grüße,
Sabine
Caty (71)
(16.09.08)
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 Isaban ergänzte dazu am 17.09.08:
Aber das macht doch nichts, Caty.

Sabine

 ManMan (16.09.08)
Aus dem Gedicht lese ich die Verzweiflung eines Mensche darüber, dass er sich von Gott verlassen fühlt. Das ist ja ein zutiefst menschliches Gefühl. Jesus selbst soll ja am Kreuz gerufen haben: Warum hast du mich verlassen? Das impliziert doch wohl, dass er annahm, er sei verlassen worden. Ein andere Beispiel: Ein Pfarrer antwortete mir auf die Frage, wie Gott denn Auschwitz habe zulassen können: Vielleicht ist er ja in Auschwitz gestorben!
Jedenfalls ist es wohl kein Gott, mit dem man Bedingungen aushandeln kann. Da ist Hingebung doch keine schlechte Lösung. Wenn man/frau es denn kann!
Ich finde das Gedicht erfrischend und anrührend zugleich. Es könnte allerdings sein, dass manche ältere Frau es als obszön empfindet.
(Kommentar korrigiert am 16.09.2008)

 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Eine ungewöhnliche, aber in sich sehr stimmige Interpretation, lieber Manfred. Ich danke dir herzlich für deine Rückmeldung und den neuen Gesichtspunkt.
Liebe Grüße,
Sabine
(Antwort korrigiert am 17.09.2008)

 Bergmann (16.09.08)
Grandios!
Das hat Witz und packt zu. Ein großartiges Gedicht!
Glückwunsch!
Hier stimmen Form und Inhalt (Sonett ist mir egal)!

 AZU20 meinte dazu am 16.09.08:
Da kann ich mich wieder nur anschließen. LG

 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Vielen herzlichen Dank, Uli
und auch dir ein Dankeschön für deine Rückmeldung, Armin.
Ich freue mich.

Liebe Grüße,
Sabine

 styraxx (16.09.08)
Ich kann mir nicht helfen, ich hab das Sonett nun einige Male gelesen und es erinnert mich irgendwie an Joseph Roth's "Hiob". Ich weiss, das ist zu weit hergeholt, dennoch im weitesten Sinne. Zynisch und witzig ist es, mitunter sogar wütend. Mir gefällts!

Liebe Grüsse c.
(Kommentar korrigiert am 16.09.2008)

 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Du meinst dieses Ergeben in das eigene Schicksal, lieber Cornel?
Auch das ist eine Interpretationsmöglichkeit, die nach genauerer Betrachtung nicht von der Hand zu weisen ist. Ich danke dir für deine Rückmeldung und diesen Blickwinkel.

Liebe Grüße,
Sabine

 DanceWith1Life (16.09.08)
Das ist ein Text mit dem ich am liebsten rumstreiten würde, weil ich das Gefühl kenne und sogar den Standpunkt. Yak und sowas auf nüchternen Magen, es sollte nicht P18 Einschränkungen geben, sondern auch BB, before breakfast

 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Ja, es ist ein Text zum Streiten, zum dran Reiben, zum Auseinandersetzen - und das darf, nein, das soll er auch. Dann zeigt er genau die Mischung aus Zerrissenheit, Erschöpfung, Trotz und hilflosem Zorn, genau die bissige, spöttische Ambivalenz, die Ergebnislosigkeit, die (temporäre?) Niederlage, die ich selbst mit ihm verknüpfe. Er soll ja keine Antworten, keine Patentlösungen, er soll Fragen liefern, die jeder nur für sich überdenken und beantworten kann.

Ich danke dir, du.

Liebe Grüße,
Sabine

PS: Stimmt (NBB), habe ich auch schon oft gedacht.
LudwigJanssen (54)
(16.09.08)
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 styraxx meinte dazu am 16.09.08:
Sehe ich jetzt auch so, Gott kann wohl nicht gemeint sein, vielmehr einer der sich aufführte als sei er Gott. Gott, ob man an ihn glaubt oder nicht, ist nicht irdischer Natur, demzufolge kann er ja auch nicht vögeln. Und das Herr könnte als herrisch, im Sinne von herrschen, gemeint sein.
Caterina (46) meinte dazu am 16.09.08:
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LudwigJanssen (54) meinte dazu am 17.09.08:
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 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Ich hole mir mal ein Klappstühlchen, die Unterhaltung wird grade so spannend! :-D
LudwigJanssen (54) meinte dazu am 17.09.08:
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Caterina (46) meinte dazu am 17.09.08:
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 Didi.Costaire (16.09.08)
Gleich im ersten Vers steht der unreine Reim - ein letztes zaghaftes Aufbegehren. Aber es nutzt nichts, nach tiefen Tiefpunkten kommen immer noch tiefere. Blutkotzen, Schweigen, Leere (wobei mir einfällt, dass es eine Gegend in Deutschland gibt, in der Herr tatsächlich Heer ausgesprochen wird und ich glaube, dort liegt auch der Ort Leer - aber um die letzte Einwohnerin Leers geht es hier wohl eher nicht).
Wenn man das Gedicht nicht auf Gott münzt, dann vielleicht auf sexuelle Hörigkeit, gegen die das LyrI lange Zeit angekämpft hat und sich nun ergibt und das, obwohl der andere wahrscheinlich gar nicht mehr lebt, um V 9 in diesem Zusammenhang zu deuten. Skurril, aber das ist V 13 ja genauso, wenn es um Gott geht. So etwas tut der gute Mann doch nicht...
Auf jeden Fall ist das Sonett gut gedichtet und äußerst interessant.
Liebe Grüße
Dirk

 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Auch dies eine höchst interessante Interpretation, lieber Dirk!
Hab herzlichen Dank, dass du uns an deinen ausschweifenden Gedanken teilhaben lässt. Und eh... welcher gute Mann?

Liebe Grüße,
Sabine

 Ingmar (16.09.08)
mit der letzten strophe hab ich ein wenig meine mühe, mit diesem bild: ein wurm, der da gefickt wird.
ansonsten: very goody.

ingmar

 Isaban meinte dazu am 17.09.08:
Wie würdest du eine Niederlage, wie würdest du Unterlegenheit bebildern, Ingmar?
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