Herzlichst Ihr Freddie

Text

von  ManMan

Am Montagmorgen waren Johanna und Elvira in der Schule. Gerade wollte Oma Lisbeth sich fertig machen für einen Spaziergang mit Mona, die bereits drängte, als sei sie tagelang nicht mehr draußen gewesen. Da bellte Mona auf einmal und es klingelte an der Haustür.
Draußen stand ein junger Mann mit einem Blumenstrauß, der in Papier eingeschlagen war. Er nannte ihren Namen und fragte, ob sie das sei.
„Ja, natürlich bin ich das, aber von wem ist der Strauß?“ fragte Oma Lisbeth, während sie ihn entgegennahm.
„Es hängt eine Karte daran“, beschied sie der junge Mann. Dann drehte er sich um, hob kurz die Hand, wünschte einen schönen Tag und war auch schon verschwunden. Dabei hätte sie ihm ein oder zwei Euro gegeben!
In der Küche wickelte sie den Strauß aus dem Papier und sah, dass es sieben langstielige Rosen waren, wunderschöne rote Rosen mit tiefroten Blüten. Wer hatte ihr die bloß geschickt? Verwirrt legte sie die Blumen auf den Küchentisch und schaute sich die Karte an.
„Liebe Lisbeth“, las sie, „es hat mir so gut bei Ihnen gefallen, dass ich mich revanchieren möchte. Daher lade ich Sie ein, am kommenden Freitag mit mir essen zu gehen, vielleicht chinesisch, wenn Ihnen das schmeckt. Ich hole Sie um 19 Uhr ab, wenn Sie mir keine andere Mitteilung machen. Herzlichst Ihr Freddie.“
Oma Lisbeth spürte das Blut in ihre Wangen steigen und stellte bei einem Blick in den Spiegel fest, dass sie errötet war. Wie ein junges Mädchen! dachte sie kopfschüttelnd. Dann zog sie rasch den Jogginganzug an und machte sich mit Mona auf den Weg. Es war etwas bewölkt, aber nach Regen sah es nicht aus.
Als sie draußen auf dem Feld waren, machte sie die Leine los. Aber Mona blieb an ihrer Seite und schaute sie erwartungsvoll an.
„Ach! Du willst ein Leckerchen, nicht wahr?“ Sie zog einen Kaustreifen aus der Tasche, ließ Mona sitzen und gab ihn ihr. Als diese ihn genommen hatte, stürmte sie wie gewohnt vorwärts über die Wiese in Richtung alter Steinbruch. Sie konnte das Tier hier problemlos laufen lassen, denn um diese Zeit war ihr noch nie jemand begegnet.
Sie dachte an Freddie, die Blumen und die Einladung. Wollte sie das wirklich? In ihrem Alter noch?
Anderseits fühlte sie sich gar nicht so alt wie sie war, und in manchen Ansichten war ihre Tochter konservativer als sie. Und dieser Freddie war ihr nicht unsympathisch. Er schien  ein Kerl zu sein, der wusste, was er wollte, und solche Männer lagen ihr.
Mona kam zurück gelaufen. Sie wollte immer zwischendurch gestreichelt werden. Noch einmal holte sie einen Kaustreifen aus der Tasche. „Mona, magst du den Freddie?“ fragte sie mit ernstem Gesicht. Das Tier wedelte freudig mit dem Schwanz, was Oma Lisbeth allzu gerne auf ihre Frage bezog. Rasch gab sie ihr den Kaustreifen und sagte: „Na gut, dann nehme ich die Einladung an. Aber nur, wenn du auch mitkommst!"

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