gäuböden

Gedicht

von  Erebus

.

fibeln und fabeln


weithin
streckten sich die felder und verrieten
schwerer äcker reichtum blüten schwollen
ohne halt wie wüsten ölrenditen
jener zeit das stete weiterwollen
trank aus süßlagunen ammoniten
sanken in pangäas uratollen
sediment basalten und graniten
beigemengt zu faltenprotokollen
metamorpher urgewalten brüten
übergletscherte mäander quollen
aus moränen leckten an gebieten
sander häuften stürme auf zu schollen
löß neandertaler troglodyten
kamen und verschwanden längst verschollen
töpferei- und kriegserfinder riten
nur und keine namen gräbern pollen
gräsersamen beigelegt behüten
rändern eingeritzt geheimnisvollen
bechern bänder aller ahnen mythen
aus den steppen drang der hufe grollen
ritten reiter westwärts weiter skythen
nordwärts römer tross und wagenrollen
hüllte staubige kohorten mühten
sich die völker stritten wem zu zollen
den tribut der knechtschaft zu erbieten
leidvoll eingelöstes gottessollen
und dem überfluß der parasiten
gruben kinder gips- und keuperstollen
pfiffen rüden um das vieh zu hüten
lasen messen galt der mägde schmollen
die voll inbrunst über bibeln knieten
bei den feldern in den müden schollen
zwischen futtermais und rübenmieten
zwischen zwiebeln und kartoffelknollen
liegen fibeln fabeln plastiktüten
und die wolken trollen sich nach süden

.

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Kommentare zu diesem Text

janna (60)
(23.09.08)
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 Erebus meinte dazu am 23.09.08:
Hallo janna

es freut mich sehr, das du dem Text etwas abgewinnen kannst. Das mit den Umbrüchen war mir klar, eigentlich könnte ich den Text beliebig in Strophen gliedern, wollte aber zunächst einmal abwarten, wie die Einschätzung der Leser ist.

Das ist ja für meine Verhältnisse schon reichlich experimentell: Kleinschreibung und fehlende Zeichensetzung (na gut, das mache ich sonst auch, aber unabsichtlich).
Hat mich sehr gefreut, deinen Kommentar zu lesen!
Ich hoffe aber, nicht altklug und oberlehrerhaft rüber zu kommen!

Liebe Grüße an dich

Uli

 styraxx (23.09.08)
Das finde ich ganz stark, echt gut wie das Gedicht mittels historischen, geologischen Attributen diesen Sog entwickelt und einen reinzieht. Ein Abriss von den Urahnen bis in die moderne Plastikzeit. Die Verwendung der immergleichen Endung "-en" gibt dem Gedicht zusätzlichen Drive (Rhythmus). Sehr dicht geschrieben, da stecken eine ganze Menge Verweise drin, um nicht zu sagen die ganze Menschheitsgeschichte. Auch der Titel sehr passend gewählt. Man muss es in einem Zug durchlesen, dann entfaltet es seine volle Wirkung, finde ich.

Liebe Grüsse c.

 Erebus antwortete darauf am 23.09.08:
Hallo c.,

mit soviel Zustimmung habe ich ja gar nicht gerechnet!
Der Text ist ja schwierig zu lesen, und eigentlich war ich der Meinung, hier ein echtes Entwicklungsprojekt zu haben, das der Hilfe hilfreicher Kommentare bedarf, um etwas Richtiges zu werden.

Na ja, glaube ich noch immer, aber dein Kommentar gibt ihm schon einmal eine echte Lebensberechtigung.
Soweit das ging habe ich nicht fabuliert, allerdings ließ ich die Skythen etwas weit nach Westen geraten, was zwar durchaus den Möglichkeiten entspricht, aber nicht explizit belegt ist.
Ausschlaggebend für den Text war die Absicht, zwei Reime möglichst lange durchzuhalten und zu sehen, welchen Ermüdungseffekt das mit sich bringt, aber auch der Wunsch, sprachliche Unzulänglichkeiten zuzulassen ... und die Vorsehung schenkte dem Dingen sogar einen Namen: "Apokoinu" - habe ich grade passenderweise erfahren. Und -natürliche- meine Erfahrungen mit den Gau/Gäuböden.
Danke sehr!
ich grüße lieb zurück,

Uli
Nuwanda (46)
(23.09.08)
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 Erebus schrieb daraufhin am 23.09.08:
.
hallo nuwanda -

da hatte sich was überschritten ...
ich werde schauen, das ich eine Leseerleichterung schaffe, auch wenn das gussmäßige Lesen, so wie styraxx es beschreibt, eine Möglichkeit ist, aber die braucht eine hohe Konzentration, merke ich selbst ...
denn ich verlaufe mich auch immer wieder. Und immer an den selben Stellen

allerdings will mir die Umbrecherei doch nicht richtig gefallen, irgendwie büßt der Text etwas ein. Z.B.

weithin
streckten sich die felder und verrieten
schwerer äcker reichtum blüten schwollen
ohne halt wie wüsten ölrenditen
jener zeit das stete weiterwollen
trank aus süßlagunen ammoniten
sanken in pangäas uratollen

sediment basalten und graniten
beigemengt zu faltenprotokollen
metamorpher urgewalten brüten
übergletscherte mäander quollen
aus moränen leckten an gebieten

sander häuften stürme auf zu schollen
löß neandertaler troglodyten
kamen und verschwanden längst verschollen
töpferei- und kriegserfinder riten
nur und keine namen gräbern pollen
gräsersamen beigelegt behüten
rändern eingeritzt geheimnisvollen
bechern bänder aller ahnen mythen

aus den steppen drang der hufe grollen
ritten reiter westwärts weiter skythen
nordwärts römer tross und wagenrollen
hüllte staubige kohorten mühten
sich die völker stritten wem zu zollen
den tribut der knechtschaft zu erbieten
leidvoll eingelöstes gottessollen

und dem überfluß der parasiten
gruben kinder gips- und keuperstollen
pfiffen rüden um das vieh zu hüten
lasen messen galt der mägde schmollen
die voll inbrunst über bibeln knieten

bei den feldern in den müden schollen
zwischen futtermais und rübenmieten
zwischen zwiebeln und kartoffelknollen
liegen fibeln fabeln plastiktüten
und die wolken trollen sich nach süden

na, ich lasse erst mal en bloc, klein kriegen kann ich's immer noch

herzlichen Dank und liebe Grüße,

Uli
(Antwort korrigiert am 23.09.2008)
Caty (71)
(23.09.08)
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 Erebus äußerte darauf am 24.09.08:
Hallo Caty,

ja, mag sein, dass du recht hast.
Zu voll gepackt.
Aber welche Aussage meinst du?

Weisst du, auf den Spaziergängen im Ochsenfurter Gau findet man -vorausgesetzt, man schaut darauf- immer noch die Scherben der Bandkeramiker, die sind an die 7000 Jahre alt. Und wenn man dann mit lehmklumpigen Schuhen im Acker steht weiss man: man steht mittendrin.

LG,
Uli
Caterina (46)
(23.09.08)
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 Erebus ergänzte dazu am 24.09.08:
liebe caterina - naja, die maßstabsgetreue Umsetzung scheiterte natürlich nur an dem Umstand, das mir die tollen "-ollen" Reime knapp wurden. Bei den "iten"-"üten" Sachen hätte ich wohl durchgehalten. Allerdings würde ich dir den Text dann auch nicht mehr zu Lebzeiten vorlegen können. Zwischen den Ammoniten und den Neandertalern liegen ja einige Millionen Jahre, selbst wenn ich die jüngsten meinte, aber ich verweise ja auf Pangäa, also mindestens 150 Millionen Jahre zurück. Oder ich hätte das Holozän in der Plastiktüte alleine erschöpfend beschrieben.
Den Bärenkult kenne ich gar nicht, werde mich mal schlau machen, den habe ich anscheinend übersehen.
Rhinitis
Pollen! und die vollen Taschen voller voller
Taschentücher, leerer Taschentüchertüten

Jedenfalls freue ich mich sehr darüber, dass es dir gefallen konnte und bedanke mich ganz herzlich

Uli
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