Herbstzeitlose

Naturgedicht zum Thema Traum/ Träume

von  Schwarzlicht

Ich sah dich eines Tages stehen,
als hätt ich dich im Traum gesehen.
Du warst so schön und ich allein,
ich bracht dich fort von deinem Hain,
den Hügel ganz hinab ins Tal
zu meinem Haus aus Mondgestein.

Du sprachst nicht, doch dein Lächeln stahl
des Herbstes letzten Sonnenstrahl.
Mit deiner kleinen Wurzel tief
vergrub ich dich in meinem Grund
und eine zarte Träne fiel
herab auf deinen Blütenmund.

Die Zeit verging und manchmal kam
ein frischer Wind herab vom Hain.
Er trug der bunten Blätter Schar,
die tanzten gar zu sonderbar
Und die, die dir zu Füßen fielen,
gingen in dein Erdreich ein.


Ein Vogel kam zu mir im Traum,
doch was er sang, verstand ich kaum.
Ein Lied von Regenduft und Schnee,
von Sommerwind und grünem Klee.
So schön, so schön war sein Gesang,
ich stand und staunte stundenlang
und doch entschwanden bald danach
die Worte, die er zu mir sprach.


Ach, war'n wir nicht ein stetes Paar?
Der Winter kam und funkelt' gar
den Glanz von deinen Lippen.
-
So glücklich war'n wir nun zu zweit,
du zeigtest mir dein Sternenkleid.
Ein leichter Hauch und tausend Flocken
stoben dir übers Gesicht.
Es war, als könnten wir uns lieben,
nur sagen konnte ich es nicht.

Ach war'n wir nicht ein freches Paar?
Der Frühling kam und sog sogar
den Duft von deinen Wangen.
-
So glücklich waren wir zu zweit,
du zeigtest mir dein Knospenkleid.
Ein leichter Hauch und hundert Perlen
glitzerten dir auf's Gesicht.
Es war, als würden wir uns kennen
doch was ich sah, das kannt' ich nicht.

Ach, waren wir ein schönes Paar!
Der Sommer kam und labt' sich gar
am Nektar deiner Demut.
-
So glücklich waren wir zu zweit,
du zeigtest mir dein Blütenkleid.
Mit leichtem Hauch die Honigbiene
streichelt süß dir dein Gesicht.
Es war, als würden wir uns lieben,
doch sagen würdest du es nicht.


Und wieder träumt ich einen Traum
vom Vögelchen im hohen Baum.
Doch diesmal ward ich mir gewahr,
denn sein Gesang erfüllte klar
zwei Tage und zwei Nächte lang
den Wald mit trauerschwerem Klang.


Ach waren wir ein tristes Paar.
Der Herbst, er kam so ganz und gar...
-
so einsam waren wir zu zweit.
Du zeigtest mir dein Safrankleid.
Zu spät erst sah ich dich in Not,
voll glutgetriebener Liebe Wut
dein Feuerkuß brennt mein Gesicht.
Mir war, als würde ich vergehen,
doch verstehen konnt ich nicht.

Von deinem Kuß berauscht lief ich
allein zurück auf deinen Hain
Ein Funke in mir sprang und sang
und kraftberaubt fiel ich ins Moos.
Der letzte Schimmer auf den Augen,
ein schwaches Wispern: herbstzeitlos.

-

So steh ich nun auf meinem Hain,
gar strahlend schön im Sonnenschein.
So flach und biegsam wie das Gras,
geduldig wie ein Baum,
ist mir, als wärst du längst bereit,
du träumtest von der Ewigkeit,
für mich ist's noch nicht an der Zeit,
ich träumte meinen Traum.

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Kommentare zu diesem Text

Ria (26)
(23.01.09)
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 Schwarzlicht meinte dazu am 24.01.09:
Hallo Ria! Hab vielen Dank für das Kompliment und die Empfehlungen. Ja...unheimlich find ich den Text auch. lg

 Misanthrop antwortete darauf am 29.12.21 um 20:18:
Ich sah dich eines Tages stehen,

als hätt ich dich im Traum gesehen.

Was hast Du denn nun gesehen? Dass Du was gesehen hast?

Grübelnd
Dat M.
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