Exzerpt über das Schreiben - Warum Schriftsteller Idealisten sind

Text zum Thema Schreiben

von  autoralexanderschwarz

Es gibt viele Motivationen, die einen Menschen dazu bewegen, einen Zettel mit Buchstaben zu füllen und mit diesen Buchstaben, in Wörtern und Sätzen Geschichten zu erzählen. Der finanzielle, marktwissenschaftliche Aspekt gelte hierbei als marginal, ebenso wie all jene Menschen, die zur Abwechslung oder um sich selbst zu schmeicheln ein Buch verfassen. Sie sind vernachlässigbar, weil sie im eigentlichen Sinne – in meinem eigentlichen, also in meinem subjektiven Sinne – keine Schriftsteller sind. [Dies gilt im gleichen Maße für die Musik, für die Malerei, überall dort, wo nicht Kreativität sondern Profisucht und die kapitalen Kräfte herrschen.] Vielmehr rede ich von jenen Menschen, jenen Köpfen, die wie ich dieses Bedürfnis spüren, jenen allzu oft fließenden Quell an Inspiration und Gedanken festzuhalten und ihn somit für die Umwelt transparent und verständlich zu machen.

....Man mag zunächst die Stirn runzeln, wenn ich schreibe, dass ich Schriftsteller für Idealisten halte. Kein Buch hat einen durchaus darstellenden Charakter und die bloßen Stipulationen, die den Markt füllen, sind in diesem Sinne keine Bücher, nur weil sie auf dem gleichen Papier gedruckt, von den gleichen Konzernen gebunden werden. Stets schwingt in der Darstellung etwas Subjektives mit, denn da jede Äußerung subjektiv ist, sind es wohl auch gebundene Äußerungen und was sind sonst jene Geschichten, als gebundene Sprache, die ebenso, an die Vorstellung des Autors gebunden, ihre Leser fesseln. Egal wie man die Welt zeichnet, in die man seine Protagonisten stürzt, man muss diese fiktive Welt immer in Relation sehen, in Relation zu der alltäglichen Welt und Umwelt, in welcher der Autor atmet. Und so wie der Maler in den alten Theorien immer nur auf vorhandene Formen zurückgreifen kann, die er neu kombiniert und in neue Zusammenhänge zueinander setzt, so steckt auch in jeder Geschichte, die ein Autor schreibt, ein Stück der eigenen Welt. Aber zurück zum Idealismus.

Egal wie ein Schriftsteller über seine Welt denkt, sie wird sein Werk beeinflussen, denn welche Teile seines Wissens wird er auswählen, um die Säulen seiner neuen Welt auf die leeren Papierseiten aufzusetzen? Er kann das subjektiv Gute, so wie das subjektiv Schlechte darstellen und so unbewusst seine Auswahl auch ausfallen mag, wird sie ihm doch bewusst machen, wie er über seine Umwelt denkt. Zeigt er etwas Schlechtes, so will er die Menschen darüber aufklären, will davon denen berichten, die vielleicht anders, vielleicht gar nicht darüber denken. Kurzum er will aufklären und weil Aufklärung in der Geschichte der Menschheit immer der Grundstein für Veränderung war, will er, ob bewusst oder unbewusst seine Welt verändern. Dort aber sehe ich den Idealismus eines Schriftstellers, der das subjektiv Schlechte abbildet und seinen Mitmenschen vorhält. Geradezu entgegengesetzt, aber doch in der Intention durchaus parallel – falls es hierfür ein Wort in der deutschen Sprache gibt, so ist es mir nicht geläufig – verhält es sich mit dem Schriftsteller, der über etwas subjektiv Gutes schreibt. Auch er will aufklären und denen, die vielleicht nicht einmal von diesem Guten wussten davon berichten, ebenso wie er jenen, die diese Gute vergaßen, dasselbe in Erinnerung rufen möchte. Somit haben auch die Schriften eines solchen Schreibers einen verändernden, wenngleich antiquarischen Einfluss auf die Schar seiner Rezipienten. Somit sind wohl auch diese Schriftsteller Idealisten und dies in einem durchaus hehren, positiven Sinne. So sei es mit der Intention des Schreibenden, die mal bewusst mal unbewusst den Stift und das Papier zusammenbringt, doch es gibt ein weiteres Moment, eine innere Motivation, die in einem viel stärkeren Grade komplex, dunkel und dabei wohl auch unheimlich ist. Der innere Drang all die Impressionen und Gedanken zu verarbeiten, die wohl bei den meisten, bei den unkreativen Menschen niemals bis in die Peripherie des Bewussten vordringen, kann durchaus als Sucht betrachtet werden, die oftmals den Geist, selten wohl auch den Körper fesselt. Jene Einsamkeit des Schreibens, die selbst an belebten und überfüllten Orten eine unsichtbare Mauer um den Schreibenden zieht, jenes Aufblicken zwischen Wort und Gedanken, jener Blick in die Leere in der so viele Farben miteinander um die Wette leuchten, durchdringt nahezu jeden Lebensbereich und beeinflusst die Menschen, die sich mit ihnen infizieren mit ziemlicher Gewissheit bis zu ihrem Tod. Der Mensch der schreibt betrachtet eine Blume, einen Vogel, einen Sonnenuntergang anders als die anderen. Er sieht jene kleinen Details, jene Widersprüche und Aspekte, die den anderen verschlossen bleiben und er notiert sie, irgendwo in den Wirren und Tiefen des Gedächtnisses, wohl wissend, dass er sie eines Tages hervorkramen wird und sie Teil einer Geschichte werden.

Die Gefahr des Schreibenden liegt hierbei in der Versuchung seine Sicht als ideal und überlegen zu bewerten, zumal er leicht vergisst, dass die anderen die Welt anders –oftmals rationaler und vielleicht öfter in diesem Sinne realistischer, es fällt schwer dies zu schreiben, aber wohl auch zuweilen richtiger- sehen. Derer Gefahren gibt es viele und in der Sicht des Schriftstellers als Idealisten ist mitnichten gemeint, dass deren ideale Welt besser und gerechter wäre – einzig ihre Motivation über diese Welt aufzuklären unterscheidet sie vom Rezipienten aber dies macht ihn nicht besser als den geschickten Demagogen, der zu jeder erdenklichen Zeit die Überzeugung der Massen sucht.

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