Impotenz

Gedicht

von  Erebus

.

Es lindern all die eignen Tränen nicht.
Sie erodieren Räume dem Verlust
der alten Träume in Gemüt und Brust
und, verdeckt von Strähnen, ins Gesicht.

Ich lege Blumen zu dir hin, mein Schatz,
du schläfst, mutiert zur Muse, ungeknickt.
Solange haben wir nicht mehr geblickt
auf Blüten - unter ihnen sei mein Platz.

Im Winter über Giebeln in der Nacht
verkünden mir die Gürtelsterne: fern
und klar sind die Gedanken, die im Kern
und ohne Schranken, immer Dich bedacht.

Ich lege Blumen zu Dir hin, mein Schatz,
im Inneren und in Gedanken nur,
die kalt und heiß umkreisen die Natur
des Wollens und Vermögens Gegensatz.


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Kommentare zu diesem Text

Caty (71)
(17.11.08)
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 Erebus meinte dazu am 17.11.08:
herzliche Caty,

du brauchst dir doch gar nicht so viele Gedanken um den Autoren zu machen ...
bleibe beim Text, verstehe und sei amüsiert.

Gruß Uli
LudwigJanssen (54)
(17.11.08)
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 Erebus antwortete darauf am 17.11.08:
.
wo ein Willi ist, ist auch ein Weg

;-)
LudwigJanssen (54) schrieb daraufhin am 17.11.08:
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 Isaban (17.11.08)
Selten habe ich einen Text gelesen, der Inhalt und Form so miteinander verwunden hat.
Steht auch das Thema deutlich im Titel, so taucht dieser Begriff nicht einmal in Synonymen noch einmal auf, fast so, als wollte das in diesem Falle natürlich männliche lyrische Ich ihn nicht aussprechen, fast so, wie der Name eines Feindes irgendwo im Höchstfalle geflüstert, nie aber ausgesprochen wird.

Es lindern all die eignen Tränen nicht.
Sie erodieren Räume dem Verlust
der alten Träume in Gemüt und Brust
und, verdeckt von Strähnen, ins Gesicht.


Bis auf einen Vers stehen alle im Jambus, den einzige Trochäus findet man in V4, wo er sinnbildlich als karge Strähne das Gesicht verdeckt. Der Rest des Textes ist klassisch fünfhebig geschrieben, jedes Versende zeigt eine hartem betonte, männliche Kadenz - ein Umstand, den man entweder als immer wieder neuen Schnitt interpretieren könnte, oder aber als wirklich bösartige Ironie, als Bild für den Sarkasmus, den das Leben in sich trägt.

Ich lege Blumen zu dir hin, mein Schatz,
du schläfst, mutiert zur Muse, ungeknickt.
Solange haben wir nicht mehr geblickt
auf Blüten - unter ihnen sei mein Platz.


Was für eine unglaublich traurige Strophe. Ja, hier wirkt alles, wie bei einer Beisetzung, doch nicht das Lyrische Du ist gestorben, LI legt die Blumen seiner Partnerin hin, die jetzt gezwungenermaßen eine "neue" Rolle bei ihm einnimmt, trägt aber eigentlich seine in der Vorstrophe erwähnten Träume zu Grabe. Mit ihnen die Macht, LDs Nachtruhe zu stören, zumindest in der angedachten Weise. "Ungeknickt" impliziert hier gleichzeitig das Blumenbild, die geknickte, gepflückte Rose - aber auch, dass LD nicht so sehr berührt davon scheint, dass die Umstände LI mehr "knicken", als die schlafende Schöne. Besonders witzig hier: Der unausgesprochene, aber in den Leserköpfen durchaus "mitgelesene" Reim zu "knicken". Hier durch das "blicken" umgewandelt in eine Art Gucken, aber nicht anfassen, in dieses Sätzchen, das man kleinen Kindern sagt, damit sie Wertvolles nicht begrabbeln. Sarkasmus pur.

Im Winter über Giebeln in der Nacht
verkünden mir die Gürtelsterne: fern
und klar sind die Gedanken, die im Kern
und ohne Schranken, immer Dich bedacht.


Die Gürtelsterne! Wenn das Thema an sich nicht so traurig wäre, ich hätte gelacht. Inzwischen komme ich beim Lesen immer mehr zur Überzeugung, dass dieses LI entweder eine fast ungehörige Portion Selbstironie besitzt - oder aber, dass hier ein Autor mit einem kleinen bösen Zwinkern ein Tabuthema angepackt hat, um dem Leser zu zeigen, wie es sich anfühlt, wenn man etwas immer nur anzudenken, aber wegen der zu erwartenden tragischen Schwere nicht zu Ende zu denken wagt. Wie man sich - in diesem Falle das Lachen - manchmal selbst kastriert. Und, seltsam, beide Möglichkeiten den Text auszulegen gefallen mir, erscheinen mir möglich, Lachen und Weinen, Tragödie und Komödie, Man windet sich als Leser wie das LyrI, will nicht mal gedanklich verletzen, will nicht taktlos sein, sieht aber durchaus die komischen, die lächerlichen Stellen, wagt es nur nicht, sie herauszuposaunen, tabubehaftet, wie es das Thema nun einmal ist. Selbst die Irrungen und Wirrungen bei der diesbezüglichen Meinungsfindung machen den Reiz dieses Textes aus.

Ich lege Blumen zu Dir hin, mein Schatz,
im Inneren und in Gedanken nur,
die kalt und heiß umkreisen die Natur
des Wollens und Vermögens Gegensatz.


Selbst ganz zum Schluss, nein, genau, wie es sich durch den ganzen Text zieht - die Gedanken kreisen um das Eine (wie auch, geschickt angesteckt und genau wie beim LI ohne das sonst eventuell auftretende Prickeln) die der Leser ebenfalls. Klasse: Selbst die einzige Handlung des Ganzen - das Blumenschenken - bleibt Theorie, wird nur angedacht, ausgeführt.


Liebe Grüße,

Sabine

 styraxx äußerte darauf am 17.11.08:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 17.11.2008 von styraxx wieder zurückgenommen.

 Erebus ergänzte dazu am 24.11.08:
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Liebe Sabine,

ich fühle mich mitsamt meinem Gedicht durch deinen Kommentar geadelt.
Es ist ein etwas älteres Werk, aus den Tiefen meinen kleinen Oevre, die damaligen Bezüge sind mir noch erinnerlich, aber die Distanz macht es mir leicht, deinem schwungvollen Kommentar zu folgen. Den ich um Strecken besser finde, als mein Gedicht.

Ich kann daraus sehr viel Lernen, vor allem, da ich genau weiß, dass dieses Gedicht nicht so bedacht entstanden ist, wie meine neueren Werke. So lese und staune ich über deine feinsinnigen Gedanken. Und freue mich, das es dir in mancherlei Hinsicht so gut gefällt.

Mir bleibt eigentlich nichts viel zu sagen, ausser: dir meinen ganz herzlichen Dank auszurichten.

Liebe Grüße,
Uli

 styraxx (17.11.08)
Ein interessantes Gedicht, zumal der Autor den Mut hat ein Tabu-Thema aufzunehmen und es auch noch kunstvoll (Metrik, Reim) zu verpacken weiss. Ansonsten ist schon alles gesagt - ich finde es klasse bebildert und trotz des ernsten Themas kommt es leicht daher. Einzig "mein Schatz" will mir nicht so recht gefallen, aber das ist Geschmackssache. Meine Empfehlung!

Liebe Grüsse
Cornel

 Erebus meinte dazu am 24.11.08:
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Hallo Cornel,

"mein Schatz" - wenn ich das so isoliert lese, habe ich doch tatsächlich Gollum vor Augen - im Text erscheint es mir allerdings stimmig, jedenfalls nichts, woran ich jetzt einen Nichtgefallen -für meine Person- ablesen könnte. Ich habe festgestellt, dass sich grade an dieser Art Bekosenamung die Geister scheiden. Ich hatte mal eines mit "Mein Lieb" geschrieben ... naja, lassen wir das.
Ein Tabuthema, ja, komisch. Wenn ich mich noch richtig erinnere, bezog ich die Impotenz seinerzeit nicht nur auf Körperfunktionen, sondern so, wie ich es in der Conclusio ausdrückte.
Das dir die Bebilderung eingängig und passend erscheint freut mich sehr - ich bedanke mich für dein Lob und deinen Kommentar!

Liebe Grüße
Uli
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