Matrix im Männerklo

Erzählung zum Thema Flucht/ Vertreibung

von  Mutter

Langsam komme ich wieder zu Atem, sehe zu ihm hoch. Er will keinen Bullshit hören, nichts über einen Ehrenkodex oder sonst was. Er will nur Informationen.
Ich verneine mit einer leichten Kopfbewegung - bekommt er nicht. Nicht von mir. Auch wenn der Filius alles verdient hätte, was der ganze Clan ihm antun würde. Aber so läuft das bei mir nun mal nicht.
Seine Kiefermuskeln entspannen sich, und er macht einen Schritt zurück. ‚Ich komme in zehn Minuten wieder, und dann sagst du mir, was ich wissen muss. Ansonsten schneide ich dich auf und kippe dich in die Spree.’
Er geht, zieht den Vorhang wütend hinter sich zu.
Ich glaube ihm. Er hat keinen Bock mehr auf mich und auf die ganze Scheiße. Wird ungeduldig. Und irgendwann ist ihm auch egal, dass ich seine einzige Spur zum Filius bin. Das ist der Nachteil, wenn man jemanden davon überzeugt, dass man nicht auspacken wird. Die Matinee ist möglicherweise vorzeitig zu Ende.

Einer der dicken Daltons schiebt sich durch den schweren Stoff und setzt sich. Um mich zu beobachten.
Kurz darauf steckt ein weiterer den Kopf durch den Vorhang, flüstert dem ersten was zu. Der nickt. Die beiden sehen mich an. Der zweite zieht sich wieder zurück.
Als mein stummer Wächter sich bequemer auf dem kleinen Stuhl zurechtrückt, gehe ich davon aus, dass wir eine Weile alleine sein werden. Vielleicht gehen die anderen einer Spur mit dem Hageren nach.
Fünf Minuten oder so sitze ich einfach da, bewege ein wenig die Finger und die Zehen, lasse das Blut zirkulieren. Die brauche ich gleich noch. Bewege die Schultern so gut es geht hin und her.
Der Dicke beobachtet mich eine Weile. Irgendwann entscheidet er offensichtlich, was ich mache ist entweder harmlos oder zumindest sinnlos, und schaut sich dann in Ruhe seinen Bauch an.
‚Ich muss pissen.’
Er sieht hoch. Reagiert nicht weiter.
‚Ey! Hast du gehört, Pikey? Ich muss schiffen.’
Er schüttelt den Kopf.
Mit einem schiefen Lächeln ziehe ich eine Augenbraue hoch und gucke demonstrativ auf das Linoleum. Keine Frage, den Rest meiner Zeit hier in nassen Hosen zu sitzen wird nicht gerade angenehm. Aber offenbar findet der Türke die Idee, ich könnte ins Café pinkeln auch nicht so prall. Vielleicht ist der Boden abschüssig.
Er lehnt sich leicht nach vorne. Unschlüssig.
Ich nicke ihm aufmunternd zu. Mach schon, denke ich.
Er verzieht entnervt das Gesicht, erhebt sich mit einem Stöhnen. Langsam kommt er zu mir rüber, wachsam. Er weiß, dass ich nicht harmlos bin.
Steht hinter mir, löst die Kabelbinder an den Füßen und die, die mir die Arme an die Stuhllehne fesseln. Mit einem unsanften Griff an der Jacke zieht er mich hoch.
Meine Hände sind immer noch auf dem Rücken gefesselt, und er schiebt mich vor sich her. Auf eine Tür in der Ecke des Raumes zu.

Wir betreten das hell geflieste Klo. Er schiebt mich ans Pissbecken und macht dann einen Schritt zurück. Grinsend drehe ich mich um, sehe auf meinen Hosenstall, auf ihn und mache eine Geste mit dem Kopf. Nach hinten, zu den gefesselten Händen.
Er verzieht wieder das Gesicht. Sorry ducky, ich bin nicht derjenige, der gedacht hat, ich könne freihändig pissen. Arschloch.
Einen Meter von mir entfernt bleibt er stehen und denkt nach. Für ihn ist das Ganze ein wenig wie das Rätsel mit den Schafen und den Wölfen. Was kommt zuerst in sein Boot, was rudert er rüber?
Offenbar hat er keine Lust auf die einfachste Lösung: Meinen Hosenstall aufmachen, den Schwanz rausholen und mich pissen lassen. Hatte ich auch nicht erwartet. Vielleicht hat er Angst das gefällt ihm.

Er nickt, ist zu einer Entscheidung gelangt. Mit etwas Abstand hockt er sich hinter mich und zurrt mir die Beine mit einem Kabelbinder zusammen. Kurz überlege ich, ob ich ihn mit einem Kick erledigen kann, aber das Risiko ist mir zu groß. Wenn der erste nicht sitzt, habe ich keine Chance auf einen zweiten.
Ungeduldig warte ich darauf, dass er mir die Hände losmacht. Ich brauche meine Beine nicht zu bewegen, um den Penner fertig zu machen. Er soll mir nur den Bruchteil einer Sekunde geben, dann geht der monatelang nicht mehr zum Pissen hier rein.
Aber der Dicke ist cleverer als ich dachte. Oder er hat richtig Schiss vor mir.
Mit einem weiteren Binder macht er mir das rechte Handgelenk am Gürtel fest und schneidet erst danach die beiden Kabelbinder durch, die meine Handgelenke zusammen gehalten haben. Meine Linke ist frei, aber meine Beine sind fixiert und die Rechte unbrauchbar. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Ich höre, wie er einen Schritt zurück macht. Befriedigt. Er hat das Scheiß-Rätsel gelöst, denkt er. Rudert gerade den letzten Wolf rüber zur Insel - Motherfucker.
Ich öffne mit der Linken meinen Hosenschlitz und hole ihn heraus. Seit es die Internet-Pornografie gibt, kann ich den Schwanz auch ganz gut mit der linken Hand bedienen. War einfacher, als sich mit der Maus umzugewöhnen.
Ich pisse.
Wahrscheinlich muss ich alles auf eine Karte setzen. Wenn ich nicht auf den Hageren warten will, und darauf, was er als Nächstes mit mir vorhat.
Ich beuge mich über das Becken als würde ich gerade reinspucken oder abschütteln. Nehme Körperspannung auf.
Obwohl ich nicht hundertprozentig weiß, wo er steht, muss ich es versuchen. Atme noch mal tief durch. Klostein und Ammoniak. Würde gerne nach ihm sehen, kann mich aber nicht umdrehen. Weiß er sofort, was Phase ist.
Er tut mir den Gefallen und zündet sich eine Zigarette an. Das mechanische Schaben des Feuersteins verrät mir genau, wo er steht. Wie weit entfernt.
Schlagartig mache ich mich gerade, stoße mich ab. Fliege waagerecht nach hinten wie einer dieser Turmspringer bei einem Rückwärtssprung, liege quasi in der Luft.
Wäre das hier ‚Matrix im Männerklo’ oder so, ginge die Kamera jetzt während des Fluges um mich rum, so cool sehe ich aus. Vielleicht könnte ich hinterher den offen stehenden Hosenschlitz und meinen kleinen Corker rauseditieren.
Falls ich mich nur um ein paar Zentimeter verschätzt habe, krache ich gleich in das Villeroy & Boch-Porzellan des Waschbeckens, schlage mir den Schädel ein und verspritze großzügig Hirn. Ob Ufuk die Sauerei dann wegmachen muss?

Mein linker Ellenbogen fährt aus wie der Stummelflügel eines Kampfhubschraubers. Versucht, mich zu stabilisieren.
Meine Schultern und der Kopf prallen auf Widerstand. Kein Porzellan. Behaarte Männerbrust unter feuchtem Nylon - das Jungfernhäutchen.
Sofort schießt mein Ellenbogen schräg nach oben, erwischt seinen Kopf. Die Wucht unseres Aufpralls treibt ihn in die Waschbecken, ich kann seine Rippen knacken hören.
Sein weicher Körper fängt meine Landung nicht komplett ab. Prelle mir die Schulter am Waschbecken, bevor ich mich zur Seite rollen kann und ungelenk auf die Füße komme. Ist nicht so einfach, wenn man die Füße nicht frei bewegen kann.
Er ist raus. Der Ellenbogen hat ihn sauber quer über das Gesicht getroffen, und zusammengesackt hängt er zwischen den Waschbecken.
Ich bücke mich - vorsichtig, um nicht umzufallen und fische sein Springmesser aus der Hose. Befreie meinen rechten Arm und dann meine Beine.
Über ihm stehend schließe ich meinen Hosenschlitz und überprüfe danach seinen Puls. Er lebt noch.
Das ist gut. Hätte mir Leid getan.
Ich wasche mir die Hände und fessele ihn dann mit ein paar von seinen Kabelbindern. Den Rest stecke ich ein. Vielleicht muss ich noch öfter pinkeln, heute.


Anmerkung von Mutter:

Teil III von V

*edit: Bah, einen bösen Schnitzer korrigiert. Das wäre ein schlechter Anschlußfehler gewesen. :D

Aber hat ja vermutlich niemand gemerkt.

**edit: Blabla ... ja, wieder die Zuchtmeisterin. :)
Wir sollten dankbar sein.

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Kommentare zu diesem Text

Kitten (36)
(07.01.09)
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 Mutter meinte dazu am 07.01.09:
Oh-oh, das Kitten war so schnell, das hätte den Fehler wohl bemerken können ... O.o

Hey, iss echt nicht einfach, clever zu sein, wenn man mit Kabelbindern auf'm Klo gefesselt ist. Versuch' das mal zu Hause ... :D
Kitten (36) antwortete darauf am 07.01.09:
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 Mutter schrieb daraufhin am 17.04.09:
'Kabelbinden' sind NICHT das Gleiche wie 'Kabelbinder' ... O.o

Aber - zu was braucht man die? An den letzten Tagen?
Kitten (36) äußerte darauf am 17.04.09:
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 Mutter ergänzte dazu am 17.04.09:
Musste halt etwas ... nachdenken. :D
Kitten (36) meinte dazu am 17.04.09:
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 Mutter meinte dazu am 17.04.09:
Da tut mein Kopf immer so weh - so, und nu' iss gut. Geh' raus, spielen ... :D

 RainerMScholz (07.01.09)
Ganz schön phallitisch (kleiner Corker?!), aber klar, die Szene spielt ja auch im Männerpissoir, inklusive türkischem Hymen.
Grüße,
R.
(Kommentar korrigiert am 07.01.2009)
sonnengrau (26)
(09.01.09)
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Leyla (29)
(16.04.09)
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 Mutter meinte dazu am 17.04.09:
Ahem ...

Das darf ich nicht sagen. Sonst bekomme ich Ärger mit der Männergewerkschaft.

Nur soviel: Männer sind so.

:D
Leyla (29) meinte dazu am 17.04.09:
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AnnaKarenina (31)
(01.06.09)
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AnnaKarenina (31) meinte dazu am 01.06.09:
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 Mutter meinte dazu am 01.06.09:
:)

Danke schön ...
Nein, nicht zu nahe. Geht das? Glaube nicht ... ;)
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