Der widerspenstige Toaster

Kurzgeschichte zum Thema Humor

von  tastifix

Auf meinen Toast frühmorgens bestehe ich, egal, was immer mein Toaströster auch dazu sagt. Sicherlich, irgendwie kann ich ihn ja verstehen: Jeden Morgen gehe ich ihm auf die Heizspirale:
"Vier Toastbrote bitte!"
Es bedeutet echten Stress für ihn, denn er ist nur für die gleichzeitige Bräunung von zwei Scheiben konzipiert.

Als er gerade erst bei mir eingebürgert gewesen ist, hat er noch keine übermütigen Streiche gewagt, sondern sich vorsichtshalber von seiner aller besten Seite gezeigt und aufmerksam all meine Befehle bezüglich des gewünschten Bräunungsgrades meines Frühstücks befolgt. Der Anblick der wunderbar gesund aussehenden Toastscheiben ist die reinste Wonne gewesen.
Selbstverständlich hat er sie nach erledigter Arbeit beinahe geräuschlos frei gegeben, so dass ich ungestört dem Frühstücksorchester aus dem Garten habe lauschen können. Ja ja, wie gerne ich mich daran erinnere ...

Und heute? Heute fühlt er sich seiner Arbeitsstelle so sicher wie viele Beamten ihrer Position und erlaubt sich genau wie einige von denen ungehörige Eskapaden. Ich fordere:
"Einmal Bräunungsstufe Zwei bitte!"
Er ignoriert es und ich halte blasse Brotscheiben in der Hand, so leichenblass, dass ich beunruhigt überlege, ob ich mit denen schleunigst zum Arzt wandern solle. Nur - zu welchem??

Ich sehne mich nach mittelbraunen Toastscheiben und er liefert mir die reinsten Kohlebriketts. Meinen schiefen Blick deswegen beachtet er nicht. hält demnach eine eigentlich längst angebrachte Entschuldigung offensichtlich für total unnötig und außerdem für unter seiner Röster-Würde. Mit spitzen Fingern - denn heiß sind die Scheiben auch noch - befördere ich den quadratischen Schund ins verdiente Abfalleimergrab.

Mein Toaströster ist einer von der extrem pfiffigen Sorte und hat sich etwas Neues einfallen lassen, um mich damit an mein Geduldsfadenende zu treiben. Neuerdings ist von leiser Übergabe des seiner Meinung nach perfekt bearbeiteten Weißbrotes keine Rede mehr.
"Plopp!!!"
Jedes Mal schrecke ich dermaßen zusammen, als ob hinter meinem Rücken etwas zu Bruch gegangen wäre. Aber mit diesem Effekt ist der freche Kerl beileibe noch nicht zufrieden gestellt. Es muss doch eine Möglichkeit geben, mich endgültig fertig zu machen.

Ein paar Tage später ist es soweit. Nichtsahnend sitze ich am Tisch und warte mit knurrendem Magen auf mein Toastbrot.
"Plopp!!"
Anstatt die Scheiben mir höflich entgegen zu strecken, lässt er diese in hohem Bogen eine hinter sich und die andere in der entgegen gesetzten Richtung mir mit Wucht an mein rechtes Ohr sausen. Es knallt wie eine Ohrfeige.
"Na warte: Wenn du dies noch einmal wagen solltest ... !"

Am nächsten Morgen warte ich regelrecht auf des Toaströsters Pfeil- und Bogenspiel und grinse hämisch in mich hinein.
"Der wird sich wundern!"
Wer sich dann wundert, ist keinesfalls er, sondern ich. Als ich die Bombentoasts, darin nun wirklich total ungeübt, in Richtung seiner Schlitze zurück schleudere, verfehlen sie ihr Ziel um sage und schreibe zehn Zentimeter und landen stattdessen auf der bis dato blitzblanken Arbeitsplatte.

Gar nicht braune oder nur mittelbraune Toastscheibenkrümel bilden einen vortrefflichen Farbkontrast zum eleganten Nussbraun der Platte und sind als Hundertschaft eine wirklich untolle Zierde. Die ich dann, schwer sauer auf mich selber, sauer auf den Toaströster und auch ein wenig sauer auf den Toast mindestens drei Minuten lang wegwische ...


Anmerkung von tastifix:

Dieser Text ist in der Rheinischen Post veröffentlicht worden.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram