Die Hölle ist mintgrün.

Erzählung

von  Unbegabt

Die Stimmung hier drin ist bedrückend.
Als ich in den Besucherraum trete schnürt es mir kurz die Brust zusammen. Die Wände in giftigem Mintgrün wirken eher abtötend, als dass sie eine angenehme Atmosphäre verbreiten.
Holztische sind in starren Reihen aufgestellt, davor und dahinter stehen harte Holzbänke. Vor den vergitterten Fenstern hängen graubleiche Gardinen. Die Besuchertür im Rücken, bleibe ich vor einem Tisch am Fenster stehen und weiß nicht mehr, wohin mit meinen Händen und Blicken. Wieder und wieder schnürt mir eine Mischung aus Angst und Liebe die Brust zu. Auf der anderen Seite des länglichen Raumes ist eine weitere Tür. Die Hände, wie zum Gebet an einen Gott an den ich nicht glaube, gefaltet warte ich.
Mit einem Surren öffnet sich die 2. Tür und zwei Pfleger, ganz in weiß, betreten den Raum. In ihrer Mitte ist meine kleine Schwester. Sie sieht verloren zwischen den großen Männern aus, wirkt aber gesund. Mit einem Scharren, dass ihr ausgewaschener weißer Kittel auf der rauen Holzbank verursacht, nimmt sie auf der Bank mir gegenüber Platz.
Diskret verharren die Männer einige Meter hinter unserem Tisch, immer bereit einzugreifen, falls ein „unerwünschter Zwischenfall auftritt.“ Ich kann die Dame an dem Empfang nicht leiden, sie redete über meine kleine Schwester als sei sie ein gefährlicher Mensch.
„Hey Süße. Behandeln sie dich hier drin ordentlich?“, flüstere ich sehr leise.
Ihr Kopf zuckt hoch und ich werde von dunkelbraunen Rehaugen fixiert. Das hellbraune Haar fällt ihr mittlerweile bis über die Schultern.
„Du bist so blass. Lassen sie dich auch mindestens einmal am Tag an die frische Luft, Edi?“
Ihre Mundwinkel zucken und noch immer sieht sie mich an. Ich lege eine Hand sanft an ihre Wange.
„Ich vermisse dich zu hause. Wir alle vermissen dich.“
Mit „alle“ meine ich unsere Großmutter und Tyson, unseren Hund. Unsere Eltern gibt es nicht, hat es nie gegeben, es gab schon immer nur Großmutter und später dann Tyson.
Ich sehe in ihren Augen, dass sie ihn vermisst. So sehr wie sie jemanden vermissen kann. Ich bemerke die angespannten Blicke der Pfleger in meinem Rücken.
„Denken die, dass du mir etwas tun könntest, Edi? Ist das nicht witzig, ich bin doch deine Schwester.“, flüstere ich immer noch leise, in der Hoffnung einen Scherz gemacht zu haben und tatsächlich zeigen sich ihre Grübchen, als sie ein kleines Lächeln lächelt.
„Wie ich das vermisst habe.“, meine Zeigefinger streichen über ihr Gesicht, vorsichtig streiche ich ihr eine lose Haarsträhne hinters Ohr.
Dann geht alles sehr schnell.
Sie zuckt zurück, Panik in den Augen, einen Schrei im Hals. Dann sind die Pfleger an ihren Seite und wollen sie an den Armen packen. Sie hat sich schon nach wenigen Sekunden wieder beruhigt aber ich komme gerade erst in Fahrt.
„HABEN SIE SIE NOCH ALLE?“, brülle ich dem der mir am nächsten steht ins Gesicht.
„Bleiben Sie ruhig, Mädchen.“, beschwichtigt er mich.
Einige Sekunden lang starren wir uns stumm in die Augen, dann schiebt sich eine schmale Hand in meine und ich blicke hinunter.
Da steht sie, mit Tränen in den Augen und ihrer Hand in meiner und sieht einfach nur verunsichert aus.
„Alles ist gut, Große.“ Ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Ich suche...“
Ihre Lippen bewegen sich kaum und ihre Stimme ist sehr leise.
Mir wurde gesagt, dass ich nicht erwarten solle, dass sie spricht. Habe ich auch nie getan, sie hat noch nie viel geredet. Auch die beiden Pfleger sind, nach ihren Gesichtsausdrücken zu schließen, überrascht bis schockiert.
Ein kleines Hochgefühl steigt in mir auf, ich bin mir fast sicher, dass sie die ganzen 3 Monate hier noch nicht gesprochen hat. Wir setzten uns wieder an den Tisch.
„Und was suchst du, Edi? Einen Schatz?“
„Ich suche.“, beharrt sie mit entschlossenen Augen die auf unsere verschlungenen Hände gerichtet sind. Ich kenne diese Art von Gespräch mit ihr, je mehr man sie drängen wird, desto weniger wird sie sagen, bis sie wieder stumm ist.
Ein Surren lässt uns beide hochfahren. Die Pfleger blicken immer noch interessiert von Edi zu mir und zurück. Der Größere von den beiden kommt vorsichtig an unseren Tisch getreten.
„Tut mir leid, aber die Besucherzeit ist vorbei.“
Edi umklammert noch immer meine Hand und ich ziehe meine sanft heraus.
„Ich komme nächste Woche wieder, Süße. Ich vermisse dich schon jetzt wieder.“ Ich schließe sie in meine Arme.
„Ich suche, aber ich kann ihn nicht finden.“ flüstert sie mir ins Ohr.
„Wen kannst du nicht finden, Edi?“, frage ich.
„Tyson. Wo ist Tyson?“
Tränen steigen mir in die Augen.
„Oma und ich, wir kümmern uns gut um Tyson. Nächste Woche bringe ich ihn mit hierher, okay?“
Hoffnungsvolle Augen werden auf mich gerichtet, ich winke und beobachte wie die Pfleger sie nach draußen führen.
Endlich entkomme ich der mintgrünen Hölle und bin fast froh die schneeweißen Klinikwände ansehen zu können. Vorne am Empfang angekommen, bekomme ich meine Tascheninhalte wieder.
„Sind hier Hunde erlaubt?“, frage ich die Frau am Empfang, die ich nicht leiden kann.
Sie lacht kreischend auf.
„Hunde? HUNDE? Sind Sie verrückt, das würde ein Chaos verursachen. Außerdem würden die Patienten völlig unvorhersehbar reagieren. Nein, Hunde sind hier NICHT erlaubt.“
Wieder ein hysterisches Lachen.
„Bitte.“
„Nein.“
Ich wende mich angewidert ab.
„Völlig unvorhersehbar, wie ein Mädchen auf ihre stärkste Bezugsperson reagieren könnte.“ murmle ich.
„Haben Sie etwas gesagt?“

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Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(28.03.09)
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 star meinte dazu am 28.03.09:
Mir ist der Text zu lang ... ich kann mich einfach nicht so lange auf eine Sache konzentrieren...
Aber er ist bestimmt gut.
grusstar
Elvarryn (36) antwortete darauf am 28.03.09:
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Canis (23) schrieb daraufhin am 28.03.09:
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 Unbegabt äußerte darauf am 28.03.09:
danke an euch beide,
aber star wieso empfiehlst du einen text, den du nicht gelesen hast?
Elvarryn (36) ergänzte dazu am 28.03.09:
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 Secretgardener meinte dazu am 28.03.09:
@ Star - Das find´ ich schon ein Armutszeugnis...

 star meinte dazu am 28.03.09:
Danke Geheimgarten, dass Du mir meine Armut nochmal bescheinigst. Ich schäme mich ihrer nicht und auch nicht dafür, dass ich sauschnell bin und reich an Ungeduld.

 Secretgardener meinte dazu am 29.03.09:
Bleibt doch die Frage: Wie kommt Scheisse aufs Dach?
Keyko (19) meinte dazu am 06.04.09:
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 Unbegabt meinte dazu am 06.04.09:
Uiui :)
Dein Lob freut mich, sehr. :)
HedgeGarfield (27)
(28.03.09)
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shadowhunter (28) meinte dazu am 28.03.09:
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 Unbegabt meinte dazu am 28.03.09:
Fortsetzung wirds wohl geben.
so viele ideen..


danke :)
shadowhunter (28) meinte dazu am 28.03.09:
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Caty (71)
(28.03.09)
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 star meinte dazu am 28.03.09:
Ich würde einige Rechtschreibfähler empfhelen (der Text ist echt zu gladt). Das hilft, gegen Sintax und so'n Zeuk ....
grusstar
(Antwort korrigiert am 28.03.2009)
Caty (71) meinte dazu am 28.03.09:
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 Unbegabt meinte dazu am 28.03.09:
Ich habe heute nacht einmal drüber geschaut, wohl einiges nicht gesehen... werde es mir heute abend nochmal vornehmen, allerdings sind Kommata bei mir sowieso ein Problem..
Wäre vielleicht liebt, wenn du mir die Stellen, die dir aufgefallen sind sagen könntest.

Dankeschön. :)

 AZU20 (28.03.09)
Eine aufwühlende Erfahrung, mitreissend geschildert. LG

 Unbegabt meinte dazu am 28.03.09:
vielen dank

 Secretgardener (28.03.09)
Joa, gefällt mir wirklich.
Besonders, wie Du Edi beschreibst, und der zwei Zeilen "Ich suche"-Absatz.
Ich mag ja Texte, die Personen vorstellen (wie man an meinen letzten Texten erkennt), und das hast Du eben gut hinbekommen.
Ich hätte dem Hund vielleicht einen anderen Namen gegeben, bei Tyson denkt man ja gleich an Mike, und dadurch an einen Pitbull oder so, aber trotzdem natürlich eine gute Idee den einzubauen.
Interessant wäre noch so ein ganz kleiner Ansatz, was mit Edi passierte. Natürlich nicht alles erklären, aber eben so ein ganz kleiner Ansatz, daß man grübelt - wenn es nicht die Eltern sind als Grund...
Und Recht hast Du, grün an Wänden ist die Hölle, sollte verboten werden... ^^

Wirklich schön gemacht; ich würde gerne mehr Texte von Dir lesen, in denen Du Personen vorstellst.

Liebe Grüße, A..

 Unbegabt meinte dazu am 29.03.09:
Wie gesagt,m das wird in den (geplanten) Fortsetzungen kommen.

und danke undso :D

 Mutter (30.03.09)
Macht ein trockenes Schlucken im Hals ...
Gut geschrieben.

 Unbegabt meinte dazu am 30.03.09:
dankesehr.

 SunnySchwanbeck (30.03.09)
So, jetzt mal hergehört Fräulein Nulsey N.
Ich mach das nichtmehr mit, immer wenn du einen neuen text veröffentlichst sagst du mir : Ja, aber der is ja nich so gut; oder; naja, die Überschrift is auch eigentlich das beste daran.
Hör auf, HÖR AUF, HÖR AUF!
Das is wirklich packend, wie schon von den anderen gesagt worden.
Ich freue mich sehr darauf weiterzulesen :)
Den Rest haben wir ja schon geklärt ;)
Ach, dann sag mir nochmal du kriegst keine langen texte hin, madame heuchlerin :P
Ach und, falls irgendwie möglich, änder deinen account :/
UNbegabt, is echt UNpassend, aber das hast du ja auch oft genug zu hören bekommen.

ein Kuss und ein Knuff,
von Fräulein Nulsey S.

 Unbegabt meinte dazu am 30.03.09:
*duck*
okay okay D:
(du wirst es nicht wieder zu lesen/hören bekommen)
hihi. :) danke dir, aber der Nick wird nicht geändert. :p

ein dickeren kuss und ein knuff,
von Fräulein Nulsey N.
Xandl (37)
(01.04.09)
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 Unbegabt meinte dazu am 02.04.09:
Danke. :) Freue mich über das Lob.
lunaris von aquanta (23)
(05.04.09)
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Steinwolke (65)
(18.04.09)
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FliegendesOink (27)
(11.06.09)
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 Unbegabt meinte dazu am 11.06.09:
das ehrt mich.
wupperzeit (58)
(15.06.09)
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 Unbegabt meinte dazu am 16.06.09:
Vielen Dank. :)
Ich war zum sterben nervös in Minden :D

Nele
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