Ohne Umweg zur Promotion

Skizze zum Thema Täuschung

von  NormanM.

So ein Doktortitel wäre doch wirklich eine feine Sache, dachte Dieter, so einen Titel wollte er auch unbedingt haben. Aber leider wäre es noch ein langer Weg bis dahin, denn er hatte nur ein Fachhochschuldiplom und das reichte im Gegensatz zu einem Diplom an einer richtigen Uni nicht aus, um zur Promotion zugelassen zu werden. Um promovieren zu können, müsste er entweder dem Masterstudiengang dranhängen oder ein Aufbaustudium an einer Universität. Aber das würde dann auch wieder mindestens zwei Jahre dauern. Nein, so viel Zeit wollte er nicht investieren, es müsste doch noch irgendeine andere Lösung geben. So durchsuchte er das Internet.
Hah, es war tatsächlich sogar möglich, mit einem Fachhochschuldiplom zu promovieren, wie er zu seiner Freude herausfand. Allerdings sei es extrem schwierig, unter diesen Umständen einen Doktorvater zu finden. Aber das würde er schon schaffen, schließlich hatte er einen Abschluss von 2,0, das war doch recht gut.
„Es tut mir leid, ich kann Ihnen leider keine Promotion anbieten. Wenn Sie einen Abschluss von 1,0 hätten, dann ließe sich ja noch darüber reden, aber ansonsten kann ich Ihnen nur raten, den Masterstudiengang zu belegen. Danach können Sie gern nochmal auf mich zukommen“, lehnte ihn der erste Professor, den er an der nächsten Universität aufsuchte ab. Der nächste Prof. erzählte nichts anderes, auch der dritte und vierte nicht. Nach einem halben Jahr hatte er ziemlich jeden Professor an jeder Universität in Deutschland gefragt, doch alle schüttelten nur mit dem Kopf. Wieso stellten sich alle nur so stur, wenn es doch rechtlich möglich war?
Inzwischen war nur noch ein Professor übrig, den er noch nicht gefragt hatte: Prof. Dr. Ehrenvoll. Und natürlich würde dieser nichts anderes sagen als seine Vorgänger auch. Ich muss anders vorgehen, dachte Dieter und schmiedete einen Plan…

Eines Nachts lauerte ein eingeweihter Freund Dieters Prof. Ehrenvoll auf und sprang plötzlich aus einem Gebüsch hervor und hielt ihm eine Pistole unter die Nase.
„Ihre Brieftasche!“, befahl er. Der Professor war so geschockt, dass er gar nicht reagieren konnte.
„Hören Sie schlecht, IHRE BRIEFTASCHE!“, schrie Dieters Komplize. Zitternd kramte der noch immer sprachlose Professor sein Portemonaie hervor und gab sie dem Bewaffneten.
„WAS??? NUR 50 EURO??? MEHR HABEN SIE NICHT DABEI? ICH MACH SIE ALLE!“, schrie Dieters Freund auf den Mann ein und entsicherte die Pistole.
„Nein, tun Sie es nicht. Ich habe zu Hause noch jede Menge Geld, ich geb Ihnen alles“, reagierte der Professor panisch. In dem Moment schlich sich Dieter von hinten ran und schlug den Gangster mit einer Flasche nieder, der daraufhin zusammen sackte.
„Sie haben mir das Leben gerettet“, stellte der Professor fest, nachdem er sich langsam wieder begann zu fassen.
„Nicht der Rede wert“, antwortete Dieter bescheiden. „Sagen Sie mal, sind Sie nicht Herr Professor Ehrenvoll?“, fragte er dann.
„Ja, der bin ich, Sie kennen mich“, antwortete Prof. Ehrenvoll erstaunt.
„Ich habe viel von Ihnen gehört und gelesen, ich bewundere Ihre Werke“, schleimte sich Dieter ein.
„Das freut mich zu hören. Und wie ist Ihr Name?“
„Dieter Möchtegern.“
„Angenehm.“ Der Professor reichte ihm die Hand.
„Nun Herr Möchtegern, ich möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mir das Leben gerettet haben. Ich stelle Ihnen einen Check von 1000 Euro aus.“
Tausend EURO??? Das ist eine Menge Geld, dachte Dieter, der das Geld sicherlich gut gebrauchen konnte. Aber da es nicht richtig war, sich für so eine gefakte Rettung belohnen zu lassen, konnte er dies unmöglich annehmen.
„Nein, das kann ich nicht annehmen. Es ist selbstverständlich, jemanden in der Not zu helfen.“
„So einfach kommen Sie mir nicht davon“, scherzte der Professor. „Ich bestehe darauf, mich erkenntlich zu zeigen.“
„Nun ja, ich würde gern promovieren, ich finde aber keinen Doktorvater, weil ich nur ein Fachhochschuldiplom habe. Wäre es vielleicht möglich, bei Ihnen eine Doktorarbeit zu schreiben?“
„Aber natürlich, gern bin ich Ihr Doktorvater. Hier ist meine Karte, rufen Sie mich einfach an, wenn Sie Zeit haben, dann machen wir einen Termin aus.“

Gesagt, getan, schon nach einem Monat begann Dieter mit seiner Promotion.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(03.04.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Omnahmashivaya meinte dazu am 03.04.09:
LOL, das nehme ich auch an, das diese Geschichte fiktiv ist - obwohl man auf soetwas auch erstmal kommen muss :) LG Sabine

 Mutter (03.04.09)
Jemanden mit einer Flasche über den Kopf zu schlagen, führt (anders als in den meisten Filmen suggeriert) in den meisten Fällen zu relativ bösartigen Schädelverletzungen, wenn nicht gar zum Tod.

Könnte mir vorstellen, der Freund hätte den Tausender schon gerne genommen, als Schmerzensgeld ... ;)

 Omnahmashivaya antwortete darauf am 03.04.09:
Ja, über den 1000er hätte er sich gewiss gefreut. Er hatte nichts außer Schmerz von der Hilfsaktion. Demnächst sollte der zukünftige Dr. Dieter Möchtegern wirklich eine Schoko-Praline-Flasche nehmen oder was auch immer.

@Norman: Und bekommen wir auch die Professorengeschichte zu Lesen oder die Zeit der Promotion? Wäre doch mal eine gelungene Serie!

 Omnahmashivaya schrieb daraufhin am 03.04.09:
Ja, über den 1000er hätte er sich gewiss gefreut. Er hatte nichts außer Schmerz von der Hilfsaktion. Demnächst sollte der zukünftige Dr. Dieter Möchtegern wirklich eine Schoko-Praline-Flasche nehmen oder was auch immer.

@Norman: Und bekommen wir auch die Professorengeschichte zu Lesen oder die Zeit der Promotion? Wäre doch mal eine gelungene Serie!

 Omnahmashivaya (03.04.09)
Hallo, wirklich schöne Schmunzelgeschichte! Auch wenn der Weg, den er eingeschlagen hat ziemlich daneben ist. Jetzt fällt mir partout nicht mehr ein, was ich noch sagen wollte. Auf jeden Fall sollte der Prot. demnächst einen Hello-Kitty-Gummiknüppel nehmen, um seinen Freund niederzuschlagen, denn ein Spielzeug ist weicher :) Lg Sabine
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram