IV: Die Forschungsreisen von Amant Emaior und Raréon

Roman zum Thema Reisen

von  kaltric

Beteiligte: Tól, Omé, Lían, Raréon, Amant Emaior, Malont Déaron, Gaunus, Galand, Tamirús, Diener von Tamirús, Emaiors Reisegesellschaft, Raréons Reisegesellschaft, Bürger von Lían, Seeleute

Orte: Lían, Burg Raí, Ahém, Tamilor

Nach dem Verschwinden von Raí fragten sich alle in Lían, was passiert sei und machten sich Sorgen um Raí und seinen Verbleib. Amant Emaior wies alle Grenzposten und Wächter größerer Orte an, verstärkt darauf aufzupassen, eine Spur von Raí zu finden und schickte zahlreiche Späher aus, nach dem Jungen zu suchen. Auch Lían und Raréon baten Reisende, nach ihm Ausschau zu halten. Nur Tól und Omé selber unternahmen nichts. Wurden sie von jemandem gefragt, bedauerten sie das Verschwinden ihres Sohnes sehr wohl – doch gaben sie auch stets zu bedenken, dass Raí sich vermutlich nicht mehr in der Nähe aufhielt. Heimlich jedoch ging Omé zu Amant Emaior und bat ihn, trotzdem Leute auf die Suche nach ihrem Sohn zu entsenden.
Die Jahre vergingen und ähnlich wie Silön machten sich auch Tól und Omé daran, ihre Herrschaft zu festigen und auszubauen. Die Ausweitung ihres Gebietes war aber schwerer geworden. Im Osten, an der Küste, hatten sich aus den Überresten der lurrukischen Verwaltungsbereiche kleine Länder gebildet. In Yalame zum Beispiel hatte eine Banditenbande die Stadt übernommen und allmählich umgebende Dörfer unterworfen. Nun entwickelte sich das Ganze langsam zum Piratennest. Nach Norden hin hatten Tól und Omé aber schon immer verstärkt ihre Aufmerksamkeit gerichtet. Nun begannen sie, wenige Jahre nach dem Verschwinden von Raí, mit dem Bau eines Hafens. 2010 wurde dieser endlich fertiggestellt und trug fortan den Namen Ahém. Ahém lag an der großen Bucht, deren Entstehung die Städte Ketaine und Silaine hatte untergehen lassen. Geschützt wurde sie von einer kleinen Feste, bemannt von den Kämpfern von Amant Emaior.
„Ihr wolltet mich sprechen?“
Amant Emaior stand im Empfangszimmer des Hauses von Tól und Omé in Lían. Tól und Omé waren wie immer in der Mitte des Raumes, Emaior hatte das Gebäude gerade erst betreten und kniete kurz vor den beiden nieder.
„Wie ihr wisst, wissen wir wiederum nichts von dem Vorgehen in der Welt“, sprach Tól.
„Ja, Herr!“
„Amant“, mischte sich Omé nun ein, „wir müssen erfahren, wie es mit dem Rest der Welt bestellt ist. Vielleicht bedürfen noch andere Völker unserer Hilfe.“
„Das Meer hat sich am Geist entlang tief ins Inland ausgebreitet“, sprach Tól, „viele Gebiete von Lurruken und Zardarrin müssen verschwunden sein – auch überall sonst auf der Welt wird es ähnlich aussehen. Wir wollen wissen, welche Länder noch vorhanden und welche im Wirrwarr versunken sind und unsere Hilfe brauchen. – Deshalb wollen wir von hier eine Forschungsreise per Schiff bis nach Tolum senden. – Sofern es noch besteht.“
„Was ist meine Aufgabe dabei?“ fragte Emaior etwas verunsichert, da er es bereits ahnte.
„Ihr sollt die Reise leiten“, sprach es Omé dann aus und lächelte ermutigend.
„Aber was ist mit meinen Aufgaben hier? – Wer sagt den Kriegern in meiner Abwesenheit, was zu tun ist?“
„Sucht euren fähigsten Gefolgsmann aus, eure Aufgaben zu übernehmen“, sprach da Tól.
„Ja, Herr…“
Emaior war gar nicht begeistert von der Idee, um die halbe Welt segeln zu müssen. Aber er würde alles für Tól und insbesondere Omé tun.
„Ihr brecht in einem Jahr in Ahém auf, bereitet bis dahin alles Notwendige dafür vor“, sprach Tól.
„Und Amant – wir vertrauen sehr auf euch. – Niemand anderem könnten wir diese Aufgabe anvertrauen“, ergänzte Omé und lächelte weiterhin.
„Ja, Herrin Omé.“
Emaior hätte alles für Omé getan, so war er nach ihrem Zuspruch auch ohne Bedenken bereit zu leisten, was man von ihm wollte. In den folgenden Monden hielt er sich abwechselnd in Ahém und der Burg Raí auf. In Raí suchte er einen Stellvertreter für die Zeit seiner Abwesenheit – der noch sein Nachfolger werden würde – und wies diesen und die Kämpfer ein. Sein Stellvertreter wurde einer seiner Hauptleute namens Malont Déaron. In Ahém wurden derweil Schiffe gebaut in den Werften, welche die Jahre zuvor errichtet worden waren, mit der Hilfe von kundigem Volk, das sich vor dem Vordringen des Meeres hatte retten können und ehemalige Seeleute und Schiffsbesatzungen bildeten Freiwillige aus. Nach einem Jahr war es dann endlich soweit. Es standen genug Schiffe zur Verfügung für Emaiors ausgesuchte Reisegesellschaft. Im Frühjahr 2011 belud man sie mit allen nötigen Vorräten – Nahrung, Waffen, Ausrüstung und anderem, was die Anhänger von Tól und Omé in den letzten Jahren gesammelt oder hergestellt hatten. Bevor Amant Emaior in See stechen konnte, gab es aber noch eine große Abschiedsfeier in Lían. Alle waren sie anwesend – Tól und Omé, Lían, Raréon, Gaunus, Malont Déaron, Galand, die Einwohner von Lían, ausgesuchte Vertreter der Besatzung von Burg Raí und viele andere. Irgendwann im Laufe des Abends riefen Tól und Omé Emaior zu sich.
„Amant Emaior“, sprach Tól, „ihr habt uns gute Dienste geleistet, doch nun ist es Zeit für eine weitere Aufgabe. Ihr wisst, was ihr zu tun habt – wir wünschen euch viel Glück.“
Doch Omé hatte noch mehr zu sagen. Nun trat sie vor, Emaior feierlich etwas entgegenstreckend, das sie in den Händen hielt.
„Dies habe ich für euch gewebt – es ist ein Banner.“
Sie entrollte das Geschenk um es ihm zu präsentieren. Und es war ein Banner aus feinstem Stoff in Rot und Gold, mit gekreuztem silbernen Schwert und Speer.
„Möge es jedem eure Ankunft verkünden.“
Und dann nahm sie mit beiden Händen die rechte von Emaior und fügte etwas leiser, doch nicht minder bedeutungsvoll hinzu: „Passt gut auf euch auf.“
Damit ließen sie ihn alleine stehend zurück. Er ging nicht wieder zur Feier, sondern setzte sich abseits auf einen Stein, beobachtete die Sterne und dachte nach. Irgendwann kam Lían und setzte sich neben ihn.
„So nachdenklich, alter Freund?“ fragte sie ihn.
„Ich wundere mich nur, was die Zukunft für mich bereit hält und ob ich dem Ganzen gewachsen und würdig genug bin.“
„Ihr habt schon viel für uns getan.“
Beruhigend legte sie eine Hand auf seine Schulter.
„Wir vertrauen alle auf euch.“
Damit ging sie wieder.
„Das ist es, was mir Sorgen macht“, murmelte er in sich hinein und sah ihr nach, wie sie von Raréon empfangen wurde.
Dieser erzählte ihr etwas, sie lachte fröhlich und beide mischten sich wieder unter die Feiernden.
Drei Tage später standen sie im Hafen von Ahém. Emaior stand mit Tól, Omé und Lían am Kai vor dem Flaggschiff der Forschungsreise. Die Schiffe wurden mit den letzten Dingen für die Überfahrt beladen und bereit gemacht für die kommende Abfahrt.
„Viel Erfolg bei eurer Reise“, sprach Tól und es waren seine letzten Worte, bevor Emaior sein Schiff betrat und die Leinen lösen ließ.
Seeleute auf den Schiffen nahmen lange Stangen und stießen die Schiffe vom Kai ab, ehe die Ruderer sie aufs offene Meer hinaus ruderten. Die Drei am Kai sahen ihnen nach.
Auf dem offenen Meere angelangt, ließ man Segel hissen und setzte Kurs gen West, immer an der Küste entlang. Aus mehreren Gründen mussten sie sich immer an diese halten: Erstens wollte Emaior unter anderem die neuen Küsten erforschen und auf Karten festhalten. Zweitens wusste man nicht, wohin das Meer überhaupt überall vorgedrungen war, also auch nicht, wo man wieder Küste finden würde, wenn man einfach blind drauf los fuhr. Und drittens musste öfters Halt gemacht werden, um die Vorräte, besonders das Frischwasser, zu erneuern. Dieser dritte Punkt sollte noch ein großes Problem werden. Nach Ahém und den Ländern von Tól und Omé kamen Küsten, die kaum bewohnt wurden. Und dann plötzlich überraschten sie der Wald von Stirmen und die Silbernen Bäume, welche nun direkt am Meer lagen. Gewahr, was laut alten Geschichten mit allen passierte, welche es wagten unaufgefordert den Wald zu betreten, legten sie für Tage nicht mehr an und hielten einen möglichst großen Abstand zur Küste. Aber sie konnten unbehindert an dem Wald entlang fahren. Nach Stirmen führte der Weg sie nach Norden, an den Schmelzöfen entlang, welche einstmals das Herzland von Lurruken von den Ostmarken trennte. Nun gab es keine Ostmarken mehr, ja nicht mal mehr das Festland, auf dem sie sich einst befanden. In den Ausläufern der Schmelzöfen fanden sie nur einsiedlerische Bergstämme, welche sie mehr als unfreundlich begrüßten. Nach Osten ging es weiter, die Berge wurden niedriger, das Land wieder bewohnter. Zardarrin lag immer noch im tiefsten Gewirr. Oft wurde die Reisegruppe von Plünderern angegriffen. In Thameny hatten sich einzelne Gestalten zu Herrschern kleiner Stadtstaaten aufgeschwungen und bekriegten sich nun gegenseitig. Nachdem die Schiffe den östlichsten Punkt des neuen riesigen Golfs namens Geistmeer hinter sich gebracht hatten und nach Norden drehten, wurde es nur noch schlimmer. Bis Pakama nördlich von Zardarrin griff man sie ständig an, auch erlebten sie Elend, Krankheit und Not. Nach über zwei Jahren erreichten sie endlich Aleca, eine Reise, die man früher in wenigen Wochen zurückgelegt hatte.

Zwischenzeitlich blieb man aber auch in Lían nicht weiter untätig. Malont Déaron bildete als Emaiors Nachfolger fleißig weiter Kämpfer aus und verteidigte das Land von Burg Raí aus gegen sämtliche Banditenhorden, die immer wieder von Osten aus einfielen. Lían und Raréon dagegen reisten zusammen durch die umliegenden Städte und Ländereien und versuchten weitere Verbindungen aufzubauen und Leute zu überzeugen. Ein Jahr nach dem Aufbruch von Emaiors Gruppe riefen Tól und Omé nun auch Raréon zu sich nach Lían.
„Herr und Herrin?“ fragte dieser, als er in der Versammlungshalle vor ihnen stand.
„Amant Emaior hat Stirmen vor einigen Monden passiert“, sprach Tól.
„Ja, Herr, davon habe ich gehört.“
„Dann weißt du sicher auch schon, dass Lurruken im Niedergehen begriffen ist.“
„Ja, Herr.“
„Die Welt ändert sich“, sprach Tól geheimnisvoll. „Bereite eine weitere Forschungsgruppe vor. Erkunde das Land. Dort, wo das Durcheinander am größten ist, lass dich nieder, vereine die Einwohner jener Gegenden und hilf ihnen.“
„Ja, Herr“, sprach Raréon ohne Zweifel.
Er kniete nieder, neigte den Kopf und erklärte: „Ich bin euer Diener.“
Dann stand er auf und ging. Natürlich war er traurig, sowohl Stadt als auch Person Lían verlassen zu müssen, doch war er völlig Diener von Tól und Omé. Die nächsten Tage und Wochen verbrachte er mit Lían, meist aber mit Vorbereitungen. Diesmal dauerte es nicht so lang wie bei Emaior. Bald schon war Raréon mit einem kleinen Tross von Leuten und Vorräten bereit. Galand begleitete ihn. Vor der Stadt winkte er Tól, Omé und Lían zum Abschied; letztere verbarg ihre Tränen.
Die Reise über Land war für Raréon wesentlich einfacher als die über das Meer für Emaior. Schnell verließ er das Einflussgebiet von Tól und Omé, als er Arasanh passierte. Im Herzland von Lurruken hielt man immer noch an dessen alten Traditionen fest, doch waren diese schon längst entartet. Ohne Schwierigkeiten zu bereiten, ließ man Raréon und seine Leute bis Ruken ziehen. Als Raréon dort aber damit anfing, die Lehren von Tól und Omé verbreiten zu wollen, wurde er schnell von amtlicher Stelle dazu aufgefordert, die Stadt schnellstens wieder zu verlassen. Doch Raréon ließ nicht locker. Zwar beugte er sich Ruken, zog aber weiter und erzählte es jedem, der seinen Weg kreuzte. Wollte er es nun hören, oder nicht. Nach Norden kam er, Richtung Tamilor, dem Herz von Lurruken, dorthin, wohin alle Straßen von Lurruken zwangsweise führten. Tamilor war die größte, mächtigste, beeindruckenste und fortschrittlichste Stadt der bekannten Welt und wohl noch weit darüber hinaus. Erbaut vor über tausend Jahren, war sie stets Mittelpunkt des Reiches von Lurruken gewesen, doch nun lag sie im Sterben. Ungefähr zwei Monde verbrachte Raréons Gruppe unentdeckt in der Stadt, bis eines Tages etwas Unerwartetes passierte.
„Ihr seid Raréon, Diener Tóls?“ fragte ihn eines Abends im Gasthaus eine Gestalt von der Seite her.
„Ja, der bin ich“, entgegnete Raréon, „wer will das wissen?“
Er musterte sein Gegenüber misstrauisch. Eigentlich war die Frage überflüssig, erkannte doch jeder sofort, dass da ein Beamter der Stadt neben ihm stand.
„Tamirús möchte euch sprechen.“
Nun war Raréon aber tatsächlich erstaunt.
„Tamirús? Warum das? Was will er?“
„Das weiß ich leider auch nicht, aber kommt bitte morgen nach der Mittagsstunde zum Palast, wenn euch das möglich ist.“
Raréon nickte nur nachdenklich. Tags darauf tat er, wie ihm geheißen.
Tamirús war der vierte Herrscher Lurrukens. Und das seit dreihundert Jahren. Ob dies so stimmte, ob er wirklich selber so lange lebte, oder ob sich hinter dem Namen Tamirús nicht nur ein Geschlecht von Herrschern verbarg, sollte Raréon nun herausfinden. Tamirús war es gewesen, der die südöstlichen Königreiche der Colite- und Kalt-Stämme, wie Tambien und Arasanh, befriedete, nachdem sie sein Vorgänger Vaiaris einst erobert hatte. Heutzutage verehrte man ihn im ganzen Reiche von Lurruken als Gott, als gottgleichen Kaiser. Dies spiegelte auch sein Palast wieder, welcher eher eine Stadt in der Stadt war. Überall begrüßten Raréon Figuren von Tamirús und seinen Vorgängern und Schreine zu dessen Ehren. Einige der größten Gebäude auf dem Palastgelände waren Tempel, Tamirús und Vorgängern geweiht. Glücklicherweise holte der Beamte vom Vorabend Raréon ab, bevor dieser sich völlig verlaufen konnte, und führte ihn durch die Palaststadt bis zu Tamirús’ Halle. Diese war riesig doch gleichzeitig prunk- und geschmackvoll ausgestattet. Tamirús selber war gerade nicht anwesend.
„Wo ist er?“ fragte Raréon seinen Führer.
Der Beamte seufzte und sah ihn dann ernst und irgendwie bedauernd an.
„Tamirús liegt im Sterben“, erklärte er ihm.
Raréon runzelte die Stirn. Irgendwie kam ihm das bekannt vor.
„Was ist mit ihm?“
„Das vermag niemand zu sagen. Tamirús lässt schon seit Jahren niemanden mehr zu sich, nicht einmal das Gesinde.“
Der Beamte wirkte, als würde sich ihm sein krankes Kind verwehren und er nun nicht wüsste, was zu tun sei.
„Und warum bin ich nun hier?“ wollte Raréon endlich wissen.
„Tamirús selbst hat nach euch verlangt. Niemand hatte ihm mitgeteilt, dass ihr hier seid, noch weiß jemand, warum er nach euch verlangt hat.“
„Wie soll ihm auch jemand mitteilen, dass ich hier bin, wenn niemand zu ihm darf?“ brachte Raréon ein Problem zu Gespräch.
„Er unterrichtet uns mit Hilfe von Briefen.“
Raréon beachtete das nicht. Er war noch bei dem Punkt, dass er mal wieder von einem wichtigen Herrscher verlangt wurde, ohne dass jemand – und vor allem er selbst nicht – wusste, warum. Aber das war er ja schon gewöhnt.
„Bringt mich zu ihm, er wird mich schon aufklären.“
Der Beamte nickte.
„Folgt mir.“
Sie verließen die Halle durch eine Seitentür, folgten einem langen Gang und kamen schließlich zu Tamirús persönlichen Gemächern. Dort wurde Raréon dann allein gelassen. Dieser erkundete neugierig die Räumlichkeiten. Sie waren wesentlich schlichter, als er gedacht hätte, aber sonst im selben Stile wie der Rest des Palastes es auch schon gewesen war.
„Danke, dass ihr gekommen seid“, hörte er plötzlich eine Stimme hinter sich.
Überrascht drehte Raréon sich um. Tamirús war ein Mann am Ende seiner mittleren Jahre und saß in einem großen Sessel im Wohnzimmer neben einem Kamin. Feuer prasselte in diesem. Raréon musterte Tamirús kurz. So sterbend sah er doch noch gar nicht aus.
„Warum wollt ihr mit mir reden?“ kam er direkt auf das Problem zu sprechen.
Tamirús nickte, als wäre er damit einverstanden, nicht groß drumherum zu reden.
„Das Reich ist im Niedergang begriffen, und mit ihm auch ich. Ich habe dieses Reich von Vaiaris übernommen und zu seinem Höhepunkt gebracht. Immer waren wir eins. – Tól und Omé haben gut daran getan, den Völkern im Osten zu helfen und ich hoffe, sie werden auch gut für mein Volk sorgen. Und ebenso ihr.“
Er schien kurz zu überlegen und erklärte dann: „Ich werde euch einige meiner besten Leute mitgeben.“
Raréon war überrascht.
„Ihr gebt mir Leute mit?“
„Ja.“
Tamirús setzte sich im Sessel auf und sah ihn ernst an.
„Nehmt die Gepflogenheiten meines Volkes mit in den Norden, lasst sie nicht vergessen werden. Im Gegenzug biete ich euch meine Hilfe.“
Tamirús griff neben sich, wo auf einem kleinen Tisch ein kleines Kästchen stand. Reich verziert, doch sonst völlig unscheinbar aus rotem Holz, das matt schimmerte. Er reichte es Raréon.
„Nehmt dies. Ihr findet alle Anweisungen und was ihr weiterhin noch zu wissen hättet darinnen.“
„Was ist das?“ wollte Raréon wissen, ehe er das Geschenk annahm.
„Das Geheimnis meiner Macht und meines Lebens und eine Möglichkeit für euch, in Zeiten der Not Kontakt mit Tól und Omé aufzunehmen.“
„Ihr kennt Tól und Omé? Warum fragt ihr sie dann nicht um Hilfe für euch? Warum mich?“
„Dachtet ihr, sie hätten mich nicht auch besucht? Sie warnten mich und boten mir an, mein Volk zu retten, doch ich war hochnäsig und eingebildet. Ich lehnte ab, da ich nicht an ihre Verkündungen glaubte. Doch sie sind mächtiger und allwissender als ich. Sie gaben mir aber den Inhalt dieses Kästchens. Und ich legte nun für euch noch ein eigenes Geschenk bei. Möge es euch von gutem Nutzen sein. Jetzt nehmt!“
Und damit drückte er Raréon das Kästchen auf, ob dieser wollte oder nicht.
„Ich danke euch“, sprach Raréon verunsichert.
Doch Tamirús winkte nur ab.
„Ich habe euch zu danken. Ihr macht meinen Fehler wieder gut. Ich zähle auf euch – wir alle zählen auf euch. Erzählt meinem Volk von Tól und Omé und warnt sie vor der Zukunft.“
Als Raréon schließlich wieder zurückkehrte zu seinen Leuten, wurde er von eben diesen mit Fragen nur so überhäuft. Doch statt auch nur eine zu beantworten, zog er sich still und nachdenklich auf sein Zimmer zurück.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram