Peru. Die Geheimnisse eines wunderbaren Landes

Satire zum Thema Länder/ Erdteile

von  JoBo72

Was gibt es in Peru nicht alles an Geheimnissen zu entdecken! Jahrtausendealte Kulturen breiten ihre Spuren großzügig aus und verzaubern Anthropologenteams und Reisegruppen stets aufs Neue. Die Nazca-Linien, die sagenumwobene Stadt Machu Picchu, der legendenumrangte Titicaca-See, immer wieder neue archäologische Funde immer früherer und komplexerer Hochkulturen, deren Artefakte gleichermaßen von einer differenzierten Gesellschaft sowie filigranster Kunstfertigkeit zeugen. Tausend Wunder begegnen dem Peru-Besucher auf Schritt und Tritt.

Doch dies ist nichts gegen das größte Wunder Perus: die Sprache. Nicht erst von der Sprechakttheorie wissen wir, dass „sagen“ und „meinen“ manchmal auseinander laufen. Die Differenz von Wort und Begriff, von Bedeutung und Sinn wird in Peru zu wahrer Meisterschaft erhoben. Wer sich dort zurechtfinden möchte, braucht mehr als eine Vokabelliste, denn die ist ohne zusätzliches Exegesehandbuch wertlos. Es ist ja ganz nett, dass man in den touristischen Nachschlagewerken so Dinge wie „Mein Pass wurde gestohlen.“ oder „Wo ist die nächste Polizeidienststelle?“ findet. Wenn jedoch Erläuterungen zum Konzept der peruanischen „Polizeidienststelle“ fehlen, erweisen sich die beim Hinflug auswendig gelernten Phrasen in der Praxis ziemlich bald als unnütz.

Ein Schwerpunkt der dringend nötigen Sprachführer-Hermeneutik sollte auf Zeitangaben gelegt werden. Dazu einige Beispiele.

„Ahora“ bzw. „ahorita“ – Lateinamerikaner verniedlichen alles, um zu verbergen, dass es in Wirklichkeit noch viel schlimmer ist, wie man etwa am „Krieglein“, spanisch: guerilla, erkennt –, das heißt eigentlich „jetzt“, „gleich“, „umgehend“, meint aber: „in drei Stunden“. Wenn bis dahin nichts dazwischen kommt. In der Regel kommt etwas dazwischen. Im interpretierten Wörterbuch findet sich hier ein Querverweis auf „planificar“ (eigentlich: „planen“, wirklich: „sich nachträglich eine Begründung ausdenken, warum man spontan etwas völlig anderes macht als vorgesehen“).

Ein weiterer oft genutzter Begriff zur Beschreibung einer gewissen Zeitspanne ist „rato“. „En un rato.“ heißt eigentlich soviel wie „in/nach einer Weile.“, meint jedoch die Zeitspanne zwischen zwei Europapokalsiegen von Germania Hückelhoven. Wenn eine Peruanerin sagt, sie wolle „shoppen“ gehen (so heißt „einkaufen“ auf spanisch) und komme „en un rato“ zurück, sollte man ihr Zimmer untervermieten. Die Steigerung von „rato“ ist „momentito“. Wer bei einer Bank „un momentito“ auf die Auszahlung seines Geldes warten muss, bekommt es von den Enkeln des Kassierers. In einer neuen Währung.

Ebenso hat es die Angabe bestimmter Zeitpunkte in sich. „Mañana“ heißt – völlig harmlos, scheint’s – „morgen“, meint aber, wenn es mit leichtem Lächeln gesagt wird, etwa soviel wie ein süffisantes „schaun mer mal“. Wenn es von einem Mitarbeiter der staatlichen Verwaltung gesagt wird, bedeutet es „nie“. Auch ohne Lächeln.

Wenn der gleiche Mitarbeiter „al toque“ sagt, dann meint das nicht, was es heißt, nämlich „sofort“, sondern „jawohlsofortselbstverständlich“ (ein Wort, klein), findet aber nur nach Zahlung erheblicher Summen an Schmiergeld Anwendung oder wenn man ihm sagt, man kenne Claudia Schiffer. Tipp: In letzter Zeit braucht es für „al toque“ Euro. Bei US-Dollar hörte man zuletzt häufiger: „Un momentito!“

Wer diese Kleinigkeiten berücksichtigt, kann sich entspannt den kulturhistorischen Geheimnissen des Landes zuwenden. Und den vielen netten Menschen. Ich jedenfalls möchte wieder nach Peru. Mañana.

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Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(08.04.09)
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