es tropft grün

Monolog

von  Zeder

"einen arm in die dunkle gracht hinein, wie in ein grab. da schimmert etwas auf dem wasser. wie etwas noch schimmern kann, wenn es schon dunkel ist. der boden ist kühl, aber die luft scheint irgendwie kälter. und die menschen, die um mich herum laufen, achten kaum auf mich. einen arm ins grab hinein. mit dem kopf ganz nah an das wasser heran. da schimmert etwas - wie kann etwas schimmern, wenn schon alles dunkel ist? es ist so, wie wenn es im dezember an sonnigen und klaren tage plötzlich nach frühling zu riechen beginnt. ich wünsche mir nie schnee zu heiligabend.
und da blättert der lack von meinen fingernägeln, wie der ast da vom baum abbrach, nur bin ich zu viel in bewegung, um die teile, die von mir fallen, beobachten zu können. und der baum will es vielleicht gar nicht, dabei könnte er es.
und in der vielen bewegung all das suchen. nach wegen, nach leben, nach spannung. oder es gibt kein spannendes leben - in dem moment, in dem etwas geschieht, gibt es vielleicht keine spannung, spannend sind eigentlich nur die träume, weil man sich in ihnen beobachten, sich ausprobieren kann.
da schimmert etwas auf dem wasser. noch ein stück näher heran, es riecht schon nach erde, nach lilien, nach sternen und sonne und dabei ist es nacht -
jetzt geht der atem noch. wie leicht atem geht. ob man so leben kann wie man atmet?
und wie der atem sich vermischt.
nein, eigentlich weiß ich nicht, warum meine hände so aussehen und warum ich einen körper habe. ich finde hautporen seltsam, ganz seltsam die merkwürdigen schattierungen von rot und weiß und braun und blau und rosa oder eigentlich alle farben. ganz seltsam mir ein stück fleisch darunter vorzustellen, weil ich im nächsten augenblick an ein blutiges steak denken muss oder an die bilder von schaufensterpuppen in meinem zimmer. da schimmert nichts, da fühlt nichts. es gibt kein wort dafür und es gibt kein wort dafür, dass es kein wort dafür gibt. nein. da ist ein horizont und dieser horizont ist auch daneben und gegenüber und darunter und überhaupt gibt es keine richtung zu nehmen, kein zug, nicht mal ein gleis. aber beine habe ich, nur nichts zum hingehen, weil ich nirgends ankommen kann.
es schimmert da seltsam im wasser. noch näher heran und ich fühle die kälte. meine augen sind grün. ich habe zu wenig in mich selbst gesehen, merke ich jetzt.
als kind war ich gerne im dunkeln. habe im dunkel gegessen und gelegen und geduscht, viel geduscht, und danach habe ich mich in ein handtuch gewickelt und mich möglichst klein auf unserer badematte zusammengerollt. und da war so viel stille. es ist seltsam, dass ich das heute manchmal noch versuche. es ist der traum, der von alleine träumt. der faden hat sich irgendwo verhakt, ich komme immer wieder darauf zurück, aber das erleben dieser erinnerung ist überreizt. ich seufze dann nurnoch.
es tropft jetzt säure in das wasser vor mir und verfärbt die sicht. da schimmert nichts mehr. es tropft grüne säure und nimmt die farbe aus meinen augen mit. vielleicht bin ich schlecht geworden. ich kippe vielleicht und plötzlich ist nichts mehr da - wie leicht atem geht."


Anmerkung von Zeder:

24.03.2009

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