Meine Jagd nach den Untoten

Groteske zum Thema Humor

von  tastifix

Selbstverständlich halte ich Geister für einen reinen Humbug. Selbstverständlich mache ich mir deshalb auch keinerlei Gedanken um irgendwelche Spukgeschichten und lache mich höchstens kringelig, wenn mir jemand eine solche auftischen will.
´Unselbstverständlich` aber habe ich ja doch so meine Zweifel. Zu viele Geister-Rendezvous beschert mir die Flimmerkiste, zu viele Berichte über Gespenster wuseln durch sämtliche Medien oder werden mir von angeblich Betroffenen starren Blickes und schlotternder Gliedmaßen geschildert. Es wimmelt anscheinend unter den Untoten von weißen Frauen, Rittern ohne Kopf, aber dagegen mit dann recht lustig einher scheppernden Fußfesseln ohne und mit Kugeln in mindestens Fußballgröße oder auch nur schwebenden Gestalten, die zum Entzücken von uns normal lebendigen Erdbewohnern laut grölen, rülpsen oder uns hingebungvoll mit genau dem Gegenteil des Letzteren zu beeindrucken versuchen.

Nicht immer sind deren arme Opfer nach eigener Aussage so couragiert wie die Zwillinge in Oscar Wildes Komödie ´Das Gespenst von Canterville`, die mit einem Eimer Wasser den ungebetenen und zudem echt aufdringlichen, unirdischen Gast denn dermaßen erschreckend ernüchterten, dass dieser schleunigst in sein Geistergemach verdampfte. Die Tochter der Familie, Victoria empfand Mitleid und erlöste letztendlich das erschreckte Etwas von seiner bereits Jahrhunderte andauernden Schreckensarbeit.

Auch ich zähle nicht gerade zu den mutigsten Ausgaben der Spezies Mensch. Zudem mit einer gehörigen Portion Fantasie begabt, spielt mir genau die nur zu gerne manchmal ausgesprochen gemeine Streiche. Vor allem des Abends oder auch nachts, wenn ich allein im Haus bin. Es knackt und ich horche auf. Ich bilde mir ein, eine Türe wäre zugeschlagen und erstarre. Selbstverständlich denke ich nicht sofort an einen eigentlich sehr unwahrscheinlichen Besuch aus der Nebenwelt, sondern beschäftige mich zunächst nur mit der Möglichkeit, die eventuell gleich von Einbrechern massakriert zu werden.

´Die Haustür habe ich doch abgeschlossen! Wie sind die bloß rein gekommen?`
Und dann:
´Hoffentlich geht’s wenigstens schnell. Erschossen zu werden ist immer noch angenehmer als irgendwo dann von der Decke zu baumeln.`
Da aber nichts weiter geschieht und auch keine schwarz maskierten Unholde in mein Zimmer eindringen, muss ich mich wohl getäuscht haben, lasse mich aufatmend ins Kissen sinken und erkläre mich selber für bekloppt.

Keine Ahnung, wie lange ich friedlich geschlafen habe, jedenfalls sitze ich urplötzlich wieder hellwach im Bett und lausche, bekomme wahre Hasenohren, die sich der räumlichen Gegebenheiten in meinem Hause wegen um -zig Ecken winkeln, um zu meiner hoffentlichen Beruhigung die Ursache für die neuerliche Störung der Nachtruhe auszumachen. Diesmal klingt es beileibe nicht nach Beutefahndern, sondern bedrohlich anders, unheimlich anders sozusagen. Es schlurft die Treppe rauf und runter. Schatten bewegen sich auf den von der Straßenlaterne beleuchteten Wänden und scheinen sich mir langsam zu nähern. Gleichzeitig raschelt es unter meinem Bett, knirscht es am Kleiderschrank, weht die Gardine hin und her.

Dies alles zusammen versetzt mich in eine wohl verständliche, ziemliche Unruhe. Ich krabbele aus dem Bett und robbe halb unter dasselbige, taste alles andere als mutig mit der Hand den Boden ab - nichts. Umso unheimlicher wird es mir, denn ich stehe eindeutig einem Feind gegenüber, der weder sichtbar, noch greifbar und demnach überhaupt nicht einschätzbar ist. Bereits in Schweiß gebadet, trete ich mit einem Stockschirm bewaffnet den Kontrollgang durchs ganze Haus an, vom Keller ins Erdgeschoss und zurück in die erste Etage. Das Dachgeschoss erspare ich mir. Dort wohnen Spinnen.
´Hinter jeder Wand kann das Grauen lauern!`

Ich umklammere den Schirm noch fester, trotz der Todespanik eisern dazu entschlossen, dem Herrn oder der Frau Gespenst damit eines über die Rübe oder Auch-nicht-Rübe zu hauen.
Auf die Idee, dass ich dem Geist in meinem weißen Nachthemd mit dem unter den Arm geklemmten Kampfsportgerät selber wie ein Gespenst erscheinen könnte und ihm so zu einem untoten Herzinfarkt verhelfen könnte, komme ich gar nicht.

Auf Zehenspitzen schleiche ich durch die Räume, schiele in jede noch so winzige Lücke:
´Überall kann er stehen, sitzen, liegen!`
Vor allem die Vorstellung, solch ein vielleicht bluttriefendes Monster könnte mir unter einem der Betten entgegen lugen, verhilft meiner Ohnehin-schon-Gänsehaut zu einem prächtigen Outfit.

Leider oder eher zum Glück entdecke ich jedoch tatsächlich nichts. Mir kollern keine Fußfesseln ohne einen vielleicht sonst gruselig stöhnenden, lebhaften Anhang entgegen noch kündigt mir eine Nebelgestalt sämtliche Qualen der Hölle und die alle auf einmal an. Frustriert muss ich mir zugeben, dass alles auf dem Mist meiner allerdings extrem spukenden Fantasie gewachsen ist und ich mich in meinem nur augenscheinlich grölenden, rülpsenden und sonst noch was veranstaltenden Haus absolut in Sicherheit befinde.

Oder ist es etwa nur an dem, dass sich sämtliche Gespenster bei meinen Anblick, diesem Regenschirmsoldaten mit dem wachsbleichen Gesicht, gewandet in einen fast noch weißeren Nachtpolter und angetan mit neongrünen Filzpantoffeln, vor Schrecken schleunigst verdünnisiert haben ??

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