Wann kommt der Frühling zurück...?

Gedanke zum Thema Abschied

von  ZornDerFinsternis

Leis' fällt der Schnee. Bedeckt die schwarzen Tannen.
Lässt die leeren Augen, sich in einem Meer aus Schmerz,
Kälte und Puderzucker verlieren.
Eigentlich, ein netter Gedanke. Würde der Frühling doch
endlich wiederkommen. Endlich, wieder seinen Weg in mein Herz finden.
Frostig haucht der Wind seinen Atem in die Nacht hinein.
Keine Regungen mehr. Alles still. Alles kalt - alles tot.
Schwärze starrt mir vom Weltall entgegen. Nur Schwarz und Weiß.
Angst und sterbende Hoffnung.
Stille zieht sich schreiend durch die stillstehende Zeit.
Noch immer fällt der Schnee.
Noch immer stehe ich hier, noch immer friere ich.
Noch immer, bin ich allein.
Erinner' mich nicht mehr, wie lange ich gelaufen bin.
Weiß nicht mehr, um den Schmerz, den ich empfand, als du fortgegangen
bist.
Kenne das Lachen dieser Welt nicht mehr.
Der Winter herrscht seit endlosen Jahren.
Erinner' mich nicht mehr daran, wie lieblich die Blumen im Frühling rochen.
Wie schön es war, mit dir, gemeinsam, die ersten warmen Sonnenstrahlen
auf der blassen Haut zu spüren.
Erinner' mich nicht mehr, an das Rauschen des Meeres.
An das Gefühl, von warmen, weichen Sand unter den Füßen.
Stehe hier.
In einem Wald aus Eis und Schnee.
Bitterkalt ist es hier, ohne dich.
Und doch, spüre ich nichts.
Bin kein Mensch; kein "wertvolles" Wesen mehr.
Bin eiskalt; lieblos - verloren.
Habe die Augen geschlossen, um nicht mehr in die leeren Augen des Hasses blicken zu müssen.
Habe aufgehört, auf dich zu warten. Aufgehört, zu hoffen, dass du wiederkommst.
Habe vergebens zum Himmel empor gefleht, dass er dich zurückgibt.
Dass du wieder bei mir bist...
Habe deine Spuren im Schnee gesucht.
Mein Herz, neben dir, auf dem winzigen Friedhof im Wald, begraben.
Alles was bleibt, was mir von dir, von uns, geblieben ist, sind die Tränen im Gesicht.
Die vielen, langen, tiefen Schnitte, auf meiner Haut.
Der Schmerz, der mich, über die Jahre, so stumpf; kalt; empfindungslos gemacht hat.
Kein Lachen begegnet mir mehr. Habe nie mehr, einen Engel auf diesem verseuchten Grund und Boden; auf dieser Welt;gesehen.
Nacht oder Tag? Ich kann es nicht sagen, ist es doch auch völlig egal; vollkommen bedeutungslos.
Mir ist kalt, ohne dich.
Du fehlst mir. Ich vermisse dich.
Doch weinen, kann ich trotzdem nicht.
Trage dein Bild, fest in meiner Seele. Doch muss ich trotzdem hilflos zusehen, wie die Farben verlaufen und sich im Ozean verlieren.
Kann die blasser werdende Erinnerung nicht halten, sie rinnt wie feinster Wüstensand durch meine Hände. Kann nichts tun. Nichts machen. Nur stillhalten. Zusehen. Den Schmerz über mich ergehen lassen.
So viele Gedanken; wertlose Gedanken und Gefühle in mir drin. Und keines findet seinen Weg aus mir heraus. Bin ein Gefanger. In einem Käfig. Einem Verließ, das ich mir selbst erbaut habe. Kein Fluchtweg - alles ausbruchsicher.
Schreie, hallen von den kalten Wänden zu mir zurück.
Die Hoffnung, ich habe sie vor ewiger Zeit ziehen lassen. Wusste ich doch, dass sie hier, genauso elendlich verenden würde, wie ich - ohne dich.
So bleich und kalt, wie der Schnee. So trostlos und leer, sind deine Augen. Kein Leben - kein Lachen - keine Freude mehr.
Das Bild; unser Bild - es ist nur noch weiß. Ein krankes, schwächliches Weiß. Furchtbar blass. Alles, alle Gefühle, all die schönen MOmente, alles fortgeschwemmt.
Klammer' mich an die winzigen Farbpartikel; an die noch so kleinsten Erinnerungsfetzen, die das Meer in den finsteren Ozean, spült.
Verliere mich. Habe ich mich je gefunden?
Mein Leben; meine Existenz; mein Sein, verliert seinen Wert.
Verliert sich, wie die winzigen Farbtropfen, die keinen Namen mehr tragen. Die kein Bild mehr malen können.
Tränen fließen. Schneiden sich tief in meine Haut.
Fragen. Wieder so viele Fragen in meinem Kopf, dabei dachte ich...
Was dachte ich eigentlich?
Habe ich wirklich geglaubt, ich könnte jemals "wertvoll" sein?
Je, einem Menschen etwas "bedeuten"?
Hätte ich wirklich jemals, etwas anderes verdient, als dies; als Leid, Schmerz und die schöne, stillezehrende Einsamkeit?
Wo sind meine Flügel - will ich doch zurück zu dir.
Wo ist die Sonne - werde ich doch unter diesen Tonnen; diesen Schneemassen, deine Spuren nicht wiederfinden.
Wo ist dein Lachen?
Wo das warme, herzhafte Blau deiner Augen?
Wo deine Arme, die mich immer festgehalten haben - ist mir doch so kalt...
Starre in den Himmel.
Tiefschwarze Wolken verdecken alles - keine Ahnung, ob es hinter ihnen überhaupt etwas anderes als Schwärze gibt. Habe zu lange, keinen blauen, lachenden Himmel mehr gesehen.
Schreie.
Öffne meinen Mund ein letztes Mal. Wieder fehlen alle Worte. Frage mich, ob du es überhaupt verstehen würdest, wenn du ohne mich aufwachen wirst.
Ob du wissen wirst, dass es das Beste sei, ich hätte nie gelebt.
Frage mich, ob Mutter Recht hatte, wenn sie sagte, ich sei nutzlos, dreckig, wiederwertig.
Frage mich, ob mich dort oben, ob mich dort jemand erwarten wird, der mich in den Arm nimmt. Der mir zeigt, dass "Liebe" etwas Schönes ist.
Nehme die Pistole - "klick".
Entsichere sie.
Schreie ein letztes Mal, verzeifelt in den leeren Himmel.
Noch immer fällt Schnee.
Noch immer, bin ich allein - ohne dich.
Finde meinen Weg nicht zurück.
Noch immer fällt Schnee.
"Wann kommt der Frühling zurück"?
"Klick".
Freudig sickert das Leben in den bleichen Schnee. Hinterlasse meine Spuren.
Blut wühlt sich in den Schnee - deckt sich zu.
Noch immer fällt der Schnee.

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Kommentare zu diesem Text

yodafan (47)
(28.06.09)
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 ZornDerFinsternis meinte dazu am 04.07.09:
Danke dir, Liebes.
Aber, in einem Punkt werde ich mit dir "streiten" "müssen":
Richtig, die meisten Menschen tragen einen Wert. Ich würde fast behaupten alle. Alle, außer einem. Der eine bin ich. Und glaube mir, ich habe es verdient, dass ich dieser eine bin.
yodafan (47) antwortete darauf am 04.07.09:
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 ZornDerFinsternis schrieb daraufhin am 04.07.09:
Such's dir aus - oder, interpretiere, was du für's möglichste hälst
yodafan (47) äußerte darauf am 04.07.09:
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 ZornDerFinsternis ergänzte dazu am 06.07.09:
Negativ.

 Dieter Wal (21.07.09)
Liebe ZornDerFinsternis,

schrieb bereits zu "Tanz am Abgrund (Dem Himmel so nah)", dass mich dein Text an Hölderlins Hyperion denken ließ. Einmal im Hinblick auf seine teilweise kühnen Natur-Metaphern und durch seinen deutlichen autobiografischen Bezug. Hyperion ist zwar in ein zeitloses imaginäres Griechenland versetzt, das dem Dichter viele poetische Anlässe bietet, im Rollenspiel unter der Sonne Griechenlands archaische Idyllen zu schreiben, aber im Grunde ist der Text dort den schönsten Stellen biblischer Propheten nah, wo er konkret deutsche Zustände kritisiert. Dabei ist Hölderlin stets subjektiv, schreibt wie du mit einer überdeutlichen autobiografischen Note. Wer Hölderlins Gedichte liebt, dürfte begeistert sein. Ich glaube, diese Rechnung ging auf. Das schrieb ich in der Hoffnung, falls du Hyperion noch nicht gelesen haben solltest, das schnell zu tun, damit dir die Ähnlichkeit bewusst wird und du vielleicht einen guten (leider maustoten, aber unglaublich literarischen) Freund und Bruder findest, der viele Dinge gesagt hat, die dir wichtig sind.

Bis "Bitterkalt ist es hier, ohne dich." sprachlich gut durchgeformte Prosa, die eine besondere Einsamkeit beschreibt, die jahrelange Trauer darstellt. Verhalten wird beschrieben, welchen biografischen Anlass die bittere und doch so farbige Rede hat, die sich in Höhen aufschwingt, wie man sie vielleicht bei Jean Paul finden könnte, einem unserer größten Sprachmagier. Dein Satz, den ich meine, heißt: "Schwärze starrt mir vom Weltall entgegen." Darin lese ich ein kosmisches Entsetzen über eine Verdunkelung, die auf das Universum ausgedehnt wahrgenommen wird. Betrachtet man den nächtlichen Himmel, nicht ganz von der Hand zu weisen trotz all der Sterne. Die Beschreibung von erhofftem Frühling und empfundenem Winter machen die Prosa so farbig und lebendig. Du meinst die Seele, aber beschreibst die äußeren Jahreszeiten.

Dem Frühling entsprechen im mittelalterlichen Analogiedenken der Hermetiker das männliche Luft-Element, als Tageszeit der Morgen, als Himmelsrichtung der Osten und mental der Verstand. Du könntest demzufolge also sagen, dahin möchtest du dich bewegen.

Dem Winter entsprechen im mittelalterlichen Analogiedenken der Hermetiker das weibliche Erd-Element (Die Mutter Erde), als Tageszeit die Nacht, als Himmelsrichtung der Norden und mental die Selbsterkenntnis.Dorther scheinst du im Text zu kommen. Diesem Element ist auch der Tod in der Doppelbindung Leben und Tod wesenhaft verbunden (Schoß der Erde). Aus ihm kommen wir und in ihn kehren wir einst zurück.

Setzt man die dreieckigen (alchemistischen) Symbole beider dual entsprechender Elemente zusammen, ergibt sich als Ganzheitssymbol der Davisstern als Symbol der Einheit oder wie die alten Kulturen formulierten, der Himmlischen Hochzeit. Eine mögliche Lösung des von dir formulierten Konfliktes könnte lauten, beide Jahreszeiten in dir in Einklang bringen. Man könnte sagen, das lyr. Ich hat im Text erdige Selbsterkenntnis, aber möchte sich wieder von der dunklen Erde mehr weg zum luftigen morgenhaften Frühling des Lebens entwickeln. Dem Winter entspricht ja auch das Alter mit dem Tod. Da ist die glückliche Jugend des Lebens vor allem dann, wenn man noch wie du so jung ist, deutlich vorzuziehen. Gerade wenn man in jungen Jahren schon so viel Sterben erfahren hat.

Hab dir übrigens als ich heute las: "Erinner' mich nicht mehr, an das Rauschen des Meeres. An das Gefühl, von warmen, weichen Sand unter den Füßen." mein Sand-und-Meer-Gedicht "IMMER MEER" gepostet.

"Nacht oder Tag? Ich kann es nicht sagen, ist es doch auch völlig egal; vollkommen bedeutungslos.
Mir ist kalt, ohne dich."

Nicht bedeutungslos. Aber ganz gleich, wenn man Trauer trägt.

"Doch muss ich trotzdem hilflos zusehen, wie die Farben verlaufen und sich im Ozean verlieren." Was für ein Satz! Erinnerungen verblassen. Nur unter besonderen Umständen kommen die Farben wieder. Vielleicht kennst du solche Momente. Bin Eidetiker und erlebe manchmal plastisch Ereignisse, ich sehe sie, wo sie sich andere vorstellen. Eidetik ist verwandt mit Synästhesie, einer Fähigkeit, unterschiedliche Sinneswahrnehmungen miteinander zu verbinden, die du nach deinen Schriften auch zu haben scheinst.
Aber diese Dinge ereignen sich spontan, sind nicht steuerbar. Was vergangen ist, bleibt vergangen, nimmt im Lauf der Zeit andere Bedeutung an. Trauer wird Gott sei Dank zunehmend bewältigt. Nicht immer von selbst. Die Jahre helfen vielfältig dabei.

"Kann die blasser werdende Erinnerung nicht halten, sie rinnt wie feinster Wüstensand durch meine Hände. Kann nichts tun. Nichts machen. Nur stillhalten. Zusehen. Den Schmerz über mich ergehen lassen." Bitte lies dazu Novalis 3. Hymne an die Nacht. Dort schildert er seine Vision, bei der während des Besuches ihrem Grab seine jung verstorbene Verlobte visionär sah. Dann lies bitte alle von der 1. bis 6..

"Klammer' mich an die winzigen Farbpartikel; an die noch so kleinsten Erinnerungsfetzen, die das Meer in den finsteren Ozean, spült.
Verliere mich. Habe ich mich je gefunden?" Wunderschön. Wer erkennt sich schon bis aufs Letzte, ist er ein Mensch? Aber du kennst den (seelischen und geistigen) Winter, die Jahreszeit der Nacht und der Selbsterkenntnis.

Streichen würde ich:

- "Bin kein Mensch; kein "wertvolles" Wesen mehr."


- "Habe ich wirklich geglaubt, ich könnte jemals "wertvoll" sein?
Je, einem Menschen etwas "bedeuten"?"


- "Schreie.
Öffne meinen Mund ein letztes Mal. Wieder fehlen alle Worte. Frage mich, ob du es überhaupt verstehen würdest, wenn du ohne mich aufwachen wirst.
Ob du wissen wirst, dass es das Beste sei, ich hätte nie gelebt.
Frage mich, ob Mutter Recht hatte, wenn sie sagte, ich sei nutzlos, dreckig, wiederwertig.
Frage mich, ob mich dort oben, ob mich dort jemand erwarten wird, der mich in den Arm nimmt. Der mir zeigt, dass "Liebe" etwas Schönes ist.
Nehme die Pistole - "klick".
Entsichere sie.
Schreie ein letztes Mal, verzeifelt in den leeren Himmel."

- ""Klick".
Freudig sickert das Leben in den bleichen Schnee. Hinterlasse meine Spuren.
Blut wühlt sich in den Schnee - deckt sich zu."

Den Schlusssatz mit dem fallenden Schnee solltest du aber unbedingt behalten.

Ich finde, du kämst ohne Gefühle von Wertlosigkeit besser klar. Hier im Text wirken sie auf mich wie ein Fremdkörper, der bei den meisten Lesern, die kein solches Problem mit dem Selbstwertgefühl haben, Ratlosigkeit zurücklässt. Es wird auch so klar, wie sehr du unter der Trennung durch den Tod eines geliebten Menschen leidest.

Kennst du Kästners " Warnung vor Selbstmord"? Ich mags nach wie vor. Du auch?

Gaaaanz herzlich,
Dieter
(Kommentar korrigiert am 22.07.2009)
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