Gaviota

Kurzgeschichte zum Thema Leben/Tod

von  püttchen

Ein alter Dreimaster kämpft zwischen meterhohen Wellen ums überleben. Der Himmel ist schwarz und unerbittlich peitscht harter Regen auf die Segel, aufs Deck. Gräbt tiefe Furchen in die Wassermasse. Das Heulen des Windes übertönt alles. Donnerschläge krachen durch die See. Die Mannschaft ist in heller Aufruhr. Ihr Captain ist tot. - Tot!-  Salzwasser greift auch nach ihnen, will sie fressen, mit sich in den Abgrund reißen. Rund dreißig erfahrene Seemänner. Das Ende naht. Der Regen peitscht rote Striemen auf ihre Rücken. Ihre Schreie werden vom Wind verschluckt. Das Meer grollt. Seit neun Jahren haben sie kein Land mehr gesehen, keine Sonne, keine Frau mehr berührt. Die Taue lösen sich von den Segeln, brausen wie giftige Schlangen durch die Luft. Wind und Wasser kämpfen um die Beute. Keiner will aufgeben. Immer wieder klatscht das nasse Schwarz auf das morsche Holz. Immer wieder führt der Sturm das Schiff im Kreis. Immer schneller. Der Wind schneidet in die Haut, reißt an Haaren. Die Augen zu öffnen war unmöglich. Wie Feuerquallen brennt das Salz in ihren Wunden, gräbt sich durch Mund, Augen und Ohren in ihre Körper. Das Wasser siegt. Saugt die Männer in sich auf. Panik. Zieht die Suicida mit sich in die tiefe. Gaviota droht die Brust zu platzen. Die Zeit für ihn scheint still zu stehen. Die Wassermassen pressen seinen Leib zusammen. Der Druck auf seiner Brust ist unausgleichbar. Die Schwere auf seinen Augen unaushaltbar. Schwerelosigkeit im Raum. Gefangen im Dunklen, im ewigen Nichts. Aufgegeben. Nichts als Schwärze. Aufgegeben. Er saugt die See tief in seine Lungen. Das Salz ätzt wie Säure auf seiner Zunge, verklebt ihm die Zähne und dringt tief in seine Lunge. Zum bersten gefüllt. Sein Körper bewegt sich nach unten, immer näher dem Abgrund entgegen. Atmet aus. Alle Lasten, aller Druck von seinem Körper genommen strömt das Wasser zu Wasser. Seine Nase ist frei. Sauerstoff. Er öffnet die Augen. Die Sonne scheint. Vom Mast der Viviente kann er sie sehen. Er schwebt höher, höher, immer weiter. Atmet.  Und hört das Brummen der Insekten…

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