Das Beste kommt zum Schluss

Erzählung zum Thema Einsicht

von  Anifarap

Als das blaue Kleid maßgeschneidert, gefärbt und schließlich abgesandt wurde, war es bereits schon zur Auflösung bestimmt. Womöglich waren die Uhren langsamer gelaufen, als gewöhnlich. Die Zeit jedoch tat dies nicht.
Doch das war das Wissen, dass nur sie besaß, denn es war ihre Erfahrung und schon früh hatte sie gelernt, dass Erfahrung das Einzige war, das es verdient hatte, als Wissen bezeichnet zu werden.
Schaute sie zurück, strich sie sich leise lächelnd durch das graue, dünne Haar. Um die Augen sammelten sich viele kleine Fältchen, gefaltetes, altes Briefpapier.
Sie war nicht alt, sie sah nur so aus. Für sich.
Inszwischen war das blaue Kleid wieder aufgezwirbelt worden, der Faden wurde ihr von drei gehärmt wirkenden Frauen übergeben und sie flocht ihn zu einem langem Band, von dem sie nur ein Ende hatte, das sie sich um den Brustkorb wickelte.
Das andere Ende verlor sich in der Weite des Horizonts oder dessen Beschränktheit, da sie weitsichtig war und keine Brille trug.
Die Augen ließen alles verschwimmen. Und es war gut so. So zeigte die Welt eines ihrer wahren Gesichter.
Sie fühlte, wie ihr Brustkorb mal zusammengedrückt und mal gelockert wurde, und spürte zwischen den Fingern, wie sich das Band an- und entspannte.
Verbundenheit war dies. Mit allem. Höhen und Tiefen. Mit allen Kämpfen und allen Siegen und auch Niederlagen, doch es war immer besser geworden. Mit jedem Schritt vom kleinen, jämmerlichen Schreibündel fort, war das Leben leichter und auch grausamer geworden, doch dadurch ehrlicher.
Sie nickte, ihre Lippe zitterte leicht. Ihr Wissen hatte sie gelehrt: Auch wenn man immer mit Überraschungen und Unerwarteten zu kämpfen hatte, das Beste kam zum Schluß.
Und somit wurde alles immer besser und besser, auch wenn man es oft gar nicht so wahrnahm.

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Kommentare zu diesem Text

wupperzeit (58)
(06.09.09)
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giftpreisträger (50)
(18.09.09)
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julie (35)
(10.05.11)
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