In der nacht

Erzählung zum Thema Traum/ Träume

von  redangel

ich brauche dich doch. sag mal, kam das eben von dir? kam dieser satz wirklich aus deinem mund. das wäre aber ungewöhnlich. für dich sehr ungewöhnlich. dabei hast du dort hinter mir wie nebenbei verlegen nach etwas gesucht. auf diesem alten küchenschrank irgend etwas gesucht.
ich stand vor dir. aber du hast einfach über mich hinweg gegriffen. hinter meinem rücken. ich stand mit dem rücken zum schrank. aber ich konnte dir voll ins gesicht sehen. was ich sah, dich,weiter nichts. es war mir auch nichts wichtiger. du greifst dinge immer so an, als müsstest du angst haben,sie lösen sich beim anfassen in luft auf. es liegt etwas flüchtiges, hastiges in deinem griff. was suchst du denn überhaupt, dort hinter mir. das habe ich dich gefragt. aber ich war dabei innerlich ganz ruhig, entspannt. mir irgendwie sicher, du würdest gleich fündig werden. ich weiß es doch nicht,hast du leicht verärgert gesagt. oder aber war es ängstlichkeit in deiner irritierten stimme. ich weiß es nicht. aber dabei bist du noch eine spur hektischer geworden. lauter quadratische tücher, gehäkelte, gewebte lappen farblich sortiert. du hast sie mir direkt vor die augen gehalten. mir jedes einzelne gezeigt, lauter unterschiedliche rottöne, vom hellen kirschrot bis zum dunklen weinrot. mit weißen mäusezähnchen kitschig umhäkelt. du hast ihn ordentlich durchwühlt, den stapel. dann alles schnell wieder weggelegt, hinter mich. gerissen, mich in deine arme. hastig, aber ich brauch dich doch, mehr gestammelt als gesagt. dabei bist du mir sowohl stark als auch schwach vorgekommen. beides in einem, beides gleichzeitig. du hast ihn weiter vor dich hingesagt, diesen satz. dein eigenes echo gespielt. wieder und wieder. von oben herab, von irgendwoher nach irgendwohin. er ging mir direkt ins linke ohr hinein. aber ich brauch dich doch...es klang verzweifelt flehentlich,als hättest du angst zu verlieren. als hättest du angst etwas von dem du nicht weißt, was es ist, eventuell schon verloren zu haben. bevor du mich geküsst hast, wußte ich bereits die antwort. sie lag mir auf den lippen. sie lag dort, vielleicht habe ich es schnell noch gesagt. bereitwillig, beruhigend: aber, du hast mich doch. aber, du hältst mich doch.
in deinen armen hieltst du mich. fest an dich gepresst. dabei ist meiner antwort dann leider schnell die luft ausgegangen, abgedrückt worden. versunken bin ich in deinem tiefen kuss. ertrunken, abgesoffen, untergegangen, wie ein schwerer stein. meine antwort wurde mir ertränkt. dort, mitten in der küche vor dem alten küchenschrank. aber danach kam leider nichts mehr. ich fragte mich, ob ich selbst noch bei sinnen war. ob du trotzdem verstanden hast. aber ich bin mir bei dir nie sicher. unsere verständigung ist permanent mit schwierigkeiten verbunden. ich leide darunter. mehr als du, leide ich. unter verständigungsschwierigkeiten ebenso wie unter ungewissheit, unsicherheit, ob du es gehört haben könntest.
oder genauergesagt ob du hören wolltest. auf deine eigene stimme. deinen eigenen satz verstehen. diesen satz und die antwort darauf. die ich küssend dir einzuflössen versucht habe wie ein allheilmittel. es lag mir auf der zunge. aber dein kuss hat alles verschlungen, ausgelöscht. dann wurde ich mittendrin plötzlich herausgerissen.
abrupt herausgerissen, hinein in die wirklichkeit. gestossen,katapultiert in diesen tag. ich bin aufgewacht, aus dem traum. aus der traum. aber ich brauch dich doch.. deine stimme war noch da.
ich war allein, aber ich hörte dich. dein kuss brannte mir auf meinen lippen. mit einem solchen satz, mit brennender sehnsucht, mit deinen küssen im bauch aufzuwachen. wie bitte soll ich das jetzt deuten? tagsüber würdest du es nie zugeben: ich brauche dich.
tagsüber würde auch ich es dir nicht sagen: du hast mich. aber.
in der nacht.............

(c) redangel

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