Reinecke Fuchs (Bitterkeit)

Kurzprosa zum Thema Liebe und Vertrauen

von  Mondsichel

Manchmal glaubte Sina, Jean-Pierre würde verstehen warum sie gewisse Dinge tat. Warum sie seine Nähe suchte, warum sie vor der Realität flüchten wollte. Und warum er ein wichtiger Teil dieser Flucht war. Doch spürte sie eine leichte Bitterkeit auf der Zunge, wenn sie darüber nachdachte.

Sina war verheiratet, wenn man das so nennen konnte. Gefühle waren für sie nur noch ein Fremdwort. Ihr einst so innig Geliebter hatte weder Zeit, noch Augen oder Ohren für sie. Alles was Henry interessierte waren seine Bedürfnisse. Und so hungerte die romantische Seele einsam vor sich hin. Nur Jean-Pierre war noch das Glück in ihrem Herzen.

Sie war verrückt nach Träumen und Romantik, so wie jede Frau es in der hintersten Ecke ihrer Gedanken tut. Und er war derjenige, der ihre Romatik nteilen schien, fast wie ein Zwilling ihrer Seele. Ja sie war glücklich ihn an ihrer Seite zu haben. Ihn, den sie wie einen Bruder betrachtete, wie einen Teil ihrer selbst.

Jean-Pierre gehörte zu den Menschen, die sie nah wie niemanden sonst an sich heran ließ. Sina war von tiefen Seelennarben gezeichnet und deshalb sehr vorsichtig was andere Menschen betraf. Nur wenige hatten das Glück das ihm zuteil geworden war. Auf den Grenzen zwischen Traum und Realität, zwischen Liebe und Freundschaft war sein Platz - dort hatte sie einen speziellen Thron für ihn errichtet. In der Hoffnung er wäre für immer ein Teil ihrer Welten.

Zugegeben, es war ein gefährliches Spiel. Denn wie wacklig ist so mancher Stuhl, der auf den Fugen und nicht auf festem Boden errichtet ist. Und wie so oft ist es das Unverständnis für diese enge Bindung, was so manchen andere Wege denken ließ. Doch sie ignorierte die Gefahr, sie wollte das er ihr gehörte, mit allen Facetten und allen Ecken und Kanten.

Nein, sie war nicht verliebt, sie liebte nur das was er in ihr auslöste. Diese Sicherheit, dieses Vertrauen, diese Freundschaft, ja und in gewisser Weise auch das Abenteuer. Denn Sina war Künstlerin aus Herz und Seele. Und jedes Gefühl das sie aus ihrem eisigen Schlafe weckte, das malte sie in wundervollen Gespinsten aus Träumen und Worten in ihre sonst trostlose Welt.

Irgendwann wurde Jean-Pierre ihr zum engsten Vertrauten, auch wenn Sina selten von ihren Gefühlen sprach. Und selbst ihr Mann Henry war angetan von dem jungen Mann. Der Wolf öffnete dem naiven Häschen die Tür und so ward ein großes Band geflochten, das sie alle noch enger zusammenschnürte. Auch wenn Sina nun ab und an die Luft wegblieb, weil kaum noch Freiraum für dieses geheime Fühlen war. Denn je näher sie einander kamen, desto kindischer ward das Angesicht der Wahrheit. Doch sie krallte sich noch immer an Jean-Pierre, denn sie liebte die wundervolle Welt die er ihr eröffnete.

Und wenn Jean-Pierre zu ihr kam um ihr von seinen Schmerzen zu erzählen, dann saugte sie sein Leid wie ein Schwamm in sich auf - eine Quelle der Inspirationen. Mochte sie auch selbst mit schmerzenden Gedanken an seinen Tränen hängen, so war sie doch immer für ihn da, mit tröstendem Wort - in der Hoffnung, er würde eines Tages auch sie verstehen. Denn hinter den traumhaften Fassaden, bröckelten die Schlossruinen - die alsbald im Treibsand versinken sollten.

Sinas Ehe zerbrach, unter der Last einer verkümmerten Liebe. Sie hatte sich befreit und hoffte er würde das verstehen. Doch ihre Hoffnungen zerbrachen mit dem Stein, den Jean-Pierre in ihren Herzensspiegel warf, als er ihre Entscheidung ihr zum Vorwurf machte. Es pellte sich der Fuchs aus den Kostüme des Hasen, verschlagen stahl er das letzte Vertrauen, wie der Dieb in der Nacht. Und bekannte sich zum Gefährten des Wolfes, von dem er sich wohl einiges versprach.

Ja Reinecke Fuchs sucht sich stets den rechten Ort, wo er schmeicheln und umgarnen kann. Denn wo keine Zeche zu zahlen ist, da mag er gerne Gast sein. Und Sina, ja, sie war gebrochen. Doch viel zu oft hatte sie schon bittere Galle schmecken müssen. So ließ sie Jean-Pierre mit dem Wolfe davonziehen, zumal man Reisende ja nicht aufhalten soll. Auch wenn im innersten sie Trauer trug.

Kurze Zeit später traf Sina einen alten Weisen, der ihre Gedanken las und ihr sagte: "Manch einer wird Dich nur kurz auf Deinem Wege begleiten Kind. Dein Weg zeigt voran, nicht in die Vergangenheit. Lass los und gehe wohin Dich Deine Füße tragen. Du wirst noch so vielen begegnen und unzählige viele hinter Dir lassen. Nichts soll Dich aufhalten! Denn erst wenn Du loslassen kannst, dann wirst Du die Erkenntnis und den Erfolg Dein nennen können. Dann wird auch kein Fuchs mehr von Deinem Herzen speisen."

Sina lächelte und ging voran...

(c)by Arcana Moon


Anmerkung von Mondsichel:

Der Dritte Teil der "Reinecke Fuchs" Reihe - Diesmal gehts um enttäuschtes Vertrauen... Weitere folgen...

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Kommentare zu diesem Text


 franky (27.09.09)
Hi liebe Arcy,
Deine Geschichte ist berührend und zauberhaft, voller Leidenschaft, wie sie nur ein reiches Leben schreiben kann. Deine Begegnung mit dem Fuchs hat dich bewegt und stimmuliert, deine Fantasie an die Hand genommen und entführt. Ich bin auch mit dir gegangen, es ist wunderschön in deiner Gedankenwelt zu schweben.

Liebe ganz viele liebe Grüsse nach Berlin

von

Franky

 Mondsichel meinte dazu am 29.09.09:
*lächel* Ich nehme dies mal mit schweigendem Lächeln an :)

Liebe Grüßle
Deine Arcy
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