Die Welle

Text zum Thema Allzu Menschliches

von  bluedotexec

Ich habe bereits während ich einparke das Gefühl, in zehn Minuten zugeparkt zu sein. Als der Motor abgestellt ist, drehe ich mich um und sehe auf den Rücksitz, wo gut und gerne acht Träger Halbliterflaschen Wasser liegen, eine Alditüte mit diversen Lebensmitteln und zwei Tüten Milch, ziehe dann den Autoschlüssel ab und gehe ins Haus.

"Ich hab dir was mitgebracht." Sage ich und lege es auf den Tisch. "Hier, ein Stück Donauwelle."
Mein Vater sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an. "Willst du mich verarschen?"
"Nein, wieso sollte ich? Ich kann sie ja selbst essen."
"Das würde ich gerne sehen."
"Aber ich hab es für dich gekauft."
"Patrick, das ist ein Autoschlüssel."
"Oh, tatsächlich. Und wo ist die Donauwelle?"
Papa seufzt. "Hast du sie im Auto liegen lassen?"
"Ja, das kann sein. Pass' auf, ich muss auf Toilette. Sieh' doch kurz selbst nach."
Während ich den Deckel hochklappe, höre ich, wie Papa sich aus der Wohnung begeben will.
"Und wenn du schon rausgehst: Ich hab auch ein paar Sachen eingekauft. Tu' mir nen Gefallen und bring sie gleich mit rein, wenn du schon draußen bist."

Sechzehn Minuten und siebenunddreißig Sekunden später sitzt Papa schmollend im Wohnzimmerr und ich räume die eingekauften Lebensmittel in den Kühlschrank. Als ich fertig bin, geht die Küchentür auf.
"Und wo ist die Donauwelle?"
"Ich dachte, du hast sie dir genommen! Keine Ahnung, du warst doch am Auto. Hast du die Brötchen mitgebracht?"
"Da war weder Kuchen noch Brötchen."
"Verflucht. Dann hab ich die beim Bäcker liegen lassen. Fuck!"
Papa seufzt erneut tief, nimmt den Autoschlüssel vom Tisch und sagt:
"Wenn der Arsch nicht angewachsen wäre."
Ich höre die Wohnungstür erneut, kurz darauf das Geräusch eines laufenden alten Dieselmotors, das stetig leiser wird.

Dreißig Minuten später - ich befinde mich im Ödland der Hauptstadt um Washington DC im Jahre 2277 und versuche, Galaxy News Radio zu empfangen, doch solange mir das nicht gelingt, höre ich Broilers: Geister die ich rief - höre ich meinen Vater erneut in die Wohnung kommen. Sein Kopf hat eine interessant rötliche Färbung.
"Bei welchem Bäcker warst du?"
"Bei Schäfers im NP."
"Da komme ich gerade her, die sagen, seit vier Stunden hat niemand Donauwelle gekauft. Und Brötchen niemand in deinem Alter."
"Dann war ich doch nicht bei Schäfers."
"Ich bekomme langsam das Gefühl, du willst mich wirklich verarschen."

Gratulation. Es hat nur eine Dreiviertelstunde Zeit, eins neununddreißig für die Brötchen und ein bisschen Spülwasser gekostet, das herauszufinden.


Anmerkung von bluedotexec:

Nein, der Titel hat nichts anderes zu bedeuten.
Ich weiß, dass die Situation nur wirklich lustig ist, wenn man dabei war. Es geht mir weniger um die lustigen Dinge, sondern um die Interessanten: Es ist nämlich wirklich so passiert.

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Kommentare zu diesem Text


 Diablesse (07.10.09)
ich musste schmunzeln und wär gern dabei gewesen. also, vielleicht nicht grad mit auf der toilette, aber auf der rückbank im auto, um mich köstlich über deinen vater zu amüsieren, wie er dir voll auf den leim geht. hach, herrlisch. und wohl sowas von aus dem leben gegriffen. grins.
alles liebe, caro.
(Kommentar korrigiert am 07.10.2009)

 Dieter_Rotmund (10.03.23, 14:08)
Handwerklich hapert es hier und da, aber dieser Eckard-Henscheid-Stil gefällt mir.
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