Ich bin die Nebenrolle, die im mittleren Teil erschossen wird.

Erzählung zum Thema Andere Welten

von  SunnySchwanbeck

Also ging ich weiter.
Lies den dreckigen Flur hinter mir, achtete nicht auf die verklebten Kaugummis die mich anstarrten, vergas die hingeschmierten Sprüche, verliebter Paare.
Ging hinaus, weg vom stress, weg von allem und weg von ihm.
Verlies langsam meine Insel, meine neue Welt.
Ich lies meine schönsten Erinnerungen Revue passieren, jeden Kuss, jede Nacht in der ich mit Freigeistern und Missverstandenen auf meinem Bett saß und über das zu kurze Leben philosophierte.

Es war uns egal, ob Tag ob Nacht.
So lebten wir doch nur von Tag zu Tag, lächerlich.
Doch es ging viel zu schnell, gestern noch spazierten wir mit unsern Tränen durchzogenen Salzkleidern durch den goldenen Herbstzauber, wirbelten die zerrissenen Blätter auf, die wie gefallene Sterne unsere Wege säumten.
Rannten um die Wette, mit der Vergangenheit, die uns doch mehr und mehr einholte.
Den letzten beißen die Hunde, wir wussten schon immer das Hunde auf Schisshasen stehen. So schlugen wir uns gegenseitig in die Pfanne, bis auch der letzte Hund verrückt wurde.
Das schallende Gelächter durchzog unsre Erinnerungen, die zittrigen Hände, die unsere Wunden versorgten, die leidenden Gesichter, mit Streifen der Gitter vor den Fenstern durchzogen.
Ich knüpfe noch immer all die gerissenen Geduldsfäden zusammen, versuche mich mit ihnen das vergitterte Fenster hinabzuklettern.
Ich schloss meine Augen bei jedem Herzschlag, und schlug meine Nägel in mein Fleisch, schüttelte meine Zausen Haare und doch, die Tomaten fielen nicht von meinen irre blickenden Augen.
Ich schoss mit Spatzen auf Kanonen doch auch bald war mein Pulver verschossen, und ich entpuppte mich als Blindgänger.
Meine Vergangenheit blieb als goldenes, Herbstschlachtfeld über.
Mit verbrannten Gedanken die auf den Weg nach einem Anhaltspunkt durch die Ruinen krochen.
Es war nie leicht, für keinen von uns.

Und jetzt, bin ich hier.
Weggerissen von meiner Insel.
In mein altes Leben eingesperrt.
Ich dachte mit ihnen kann man Pferde stehlen, doch sie stahlen mir nur meine Zeit, waren meine Tagediebe auf der Suche nach einer Geschichte die ich doch zu oft erzählte, zerlesen fallen meine Augen zu und ich muss mich wieder in den grauen Alltag eingliedern.

Ich sitze in einem kargen Raum, der nach Spießigkeit, Desinfektionsmittel und Paranoia riecht.
Vor mir ein kleines Kind, mit Kratzern im Gesicht, das ein weißes Blatt rauf und runter streicht, daran riecht um es dann doch nur mit den schwarzen Buntstiften zu entfremden.
"Schau doch, mein Herz. Hattest du Zuhause nicht auch so einen Tisch?" Sie lacht.
Zuhause, sie meint nicht die muffige Drei-Zimmer Wohnung im zweiten Stock.
Sie meint das große, schützende Haus, an deren Wände die Angst hinunterfließt. Das Zuhause das zerbrach als er zerbrach. So wir wie alle.
"Ich will nicht aus deinem Leben verschwinden."
Mit einem gequälten Es-Ist-Alles-in-Ordnung-Mama-Lächeln speis' ich sie ab, nehme ihre kalte faltige Hand und halte sie an meine Brust, dort wo mein Herz schon lange nicht mehr von ihren Lieben Worten berührt wird.
Jetzt bin ich hier, auf einer neuen Insel, mit mehr Gittern und Schlössern, und die Angst kriecht mir den Nacken hinauf, setzt sich hinter meine Lider und trübt meinen Blick. Hier riecht es nach Herbstbonbons.


Anmerkung von SunnySchwanbeck:

Danke, für die schöne Zeit.
Nels, demnächst haun' wir zusammen ab.

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Kommentare zu diesem Text


 Unbegabt (07.10.09)
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