Fundevogel, ach

Gedicht zum Thema Befreiung

von  Isaban

Fundevogel, ach,




du schulterst die Eimer
der alten Susanne
und allemal kommen
die Bilder gekrochen;
bei jedem Schluck Wasser
siehst du Kessel kochen.

Ich zog in den Krieg
gegen Windmühlenflügel,
bekämpfte die Nimmermehr
am Galgenhügel und schnitt
vom Machandelbaum
einhundert Zweige,

um das, was mir lieb ist
vor Nachtmahr zu schützen.
Doch selbst dieser Zauber
vermag nur zu nützen,
bei Unheil von außen.
Was dich frisst, sitzt in dir,
nicht etwa hier draußen.

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (04.11.09)
Liebe Sabine,

das Grimm'sche Märchen, auf dem dieses Gedicht beruht, ist recht unbekannt und auch die Inhaltsangabe bei wiki führt nicht direkt zu deinem Text. Die Weisheit am Schluss:

Was dich frisst, sitzt in dir,
nicht etwa hier draußen.

ist in jedem Fall bemerkenswert.

Das Betonungsschema xXxxXx, das sich durch die erste und dritte Strophe durchzieht und in S 2 im gleichen Rhythmus, nur mit anderen Zeilenübergängen, stellt die Windmühlenflügel hervorragend dar, verleitet allerdings auf Grund des Inhalts des ersten Verses ebenfalls dazu, das ganze Gedicht nach der Melodie der Anfangszeile "Ein Loch ist im Eimer" zu trällern.

Da dieser Text ernster ist und es sich um ein Melodie- und kein Reimgedicht handelt, würde ich, falls inhaltlich möglich, überlegen, einen anderen Gegenstand zu schultern als gerade einen Eimer.

Liebe Grüße, Dirk
(Kommentar korrigiert am 04.11.2009)

 Isaban meinte dazu am 04.11.09:
Liebe Sabine,

das Grimm'sche Märchen, auf dem dieses Gedicht beruht, ist recht unbekannt und auch die Inhaltsangabe bei wiki führt nicht direkt zu deinem Text.

Lieber Dirk,
manchmal ist es für's Textverständnis ganz nützlich und hilfreich, wenn man nicht nur die Inhaltsangabe liest.

Oh Henry,

mein Text bezieht sich (nicht nur, aber ganz offensichtlich) auf das Märchen "Fundevogel" der Gebrüder Grimm und dabei ganz explizit auf die schweren Wassereimer der alten Susanne, die diese eifrig ins Haus schleppt, um den großen Kessel zu füllen. Das von dem alten Gassenhauer implizierte Loch ist eine spannende Assoziation und führt gewiss zu nicht weniger spannenden, wenn auch vermutlich eher textfernen Interpretationen.

Freut mich aber, dass dir zumindest Daktylus und Conclusio zusagen.
Vielen Dank für deine Rückmeldung, sie war mir ein einziges Vergnügen.

Liebe Grüße,

Sabine

 Didi.Costaire antwortete darauf am 04.11.09:
Oh ja, ich bin schon den ganzen Tag dididaktylisch unterwegs, damit mein Kommentar nicht das einzige Vergnügen bleibt. Gassenhauer ist auch ein gutes Stichwort.
Ansonsten gibt es leider nicht so viele Leser, die zuerst ein Märchen lesen, um ein Gedicht zu verstehen. Vor meinem Kommentar haben fast fünfzig Leser deinen Text "schweigend" genossen. C'est la vie.

 Isaban schrieb daraufhin am 04.11.09:
Wäre es nicht eine Tragödie, wenn man sein Gedicht nach Lesegewohnheiten und Allgemeinbildung eventueller Leser ausrichten würde, lieber Dirk?

 styraxx (04.11.09)
Intensive Bilder, die du hier verwendest. Ohne den Seufzer, würde mir das Gedicht noch besser gefallen und eine Überschrift genügte mir auch. Aber das mit dem Titel ist wohl bewusst so gewählt, weil es sich anscheinend um ein Melodiegedicht handelt. Liebe Grüsse
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