Vater und Sohn

Text

von  ManMan

In der Phorkys-Bucht hatte am frühen Morgen ein Schiff angelegt. Seeleute lösten die Segel, legten den Mastbaum um und brachten das Schiff durch kräftiges Rudern in niedrige Gewässer. Dort warfen sie die Anker, machten das Hecktau am Ufer fest und begaben sich an Land. Sie bereiteten sich ein Mahl, mischten den Wein und ruhten aus. Wenig später machte sich derjenige, der die Befehle erteilte, auf ins Landesinnere. Nach einer ordentlichen Strecke Weges, die der junge, kräftige Mann mit ausladenden Schritten in kurzer Zeit bewältigt hatte, kam er in Sichtweite der Hütte des Schweinehirten. Auch ihm liefen die Hunde entgegen, aber Schwanz wedelnd und freudig bellend.
Als der Sauhirt dazu kam, hatten sie das Bellen längst eingestellt und verweilten bei ihm wie bei einem alten Bekannten, sich immer wieder an ihn pressend, die Belobigungen, das Streicheln und die anderen Zuwendungen des Mannes, wie Tätscheln mit der Hand und Kraulen hinter den Ohren, bereitwillig entgegennehmend.
,,Ihr seid es, Telemachos!" rief jetzt der Sauhirt, eilte auf ihn zu und drückte ihn überschwänglich an sich. ,,Ich hatte solche Angst, Euch nicht wieder zu sehen!"
Telemachos machte sich frei.
„Wie kommst du zu dieser Angst? Du scheinst mir nicht recht zu trauen!"
Dabei drohte er spielerisch mit dem Finger. Der Sauhirt bestritt das sogleich empört.
,,Nein, nein! Das ist es nicht. Aber es hieß, sie wollten Euch auflauern. Stimmt das nicht?"
Telemachos lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Sollen sie nur! Ich habe einen anderen Weg gewählt."
„Ihr meint, Ihr habt es auch erfahren und jetzt warten sie vergeblich?"
Eumaios konnte kaum verbergen, wie erleichtert er war, aber er gab sich Mühe, denn Telemachos hatte es nicht gern, wenn man sich um ihn sorgte. Als sein Herr nickte, fragte er deshalb in einem Tonfall, als handele es sich nur um eine
unerhebliche, fast schon eingebildete Begebenheit, von der es rasch gelte, zur Wirklichkeit zurück zu kommen:
„Und warum führt Euch der erste Weg zu mir?"
„Du kannst es dir denken, vermute ich. Weil ich wissen will, ob sich im Palast etwas geändert hat. Und ob Mutter weiterhin standhaft bleibt." .
Während sie zur Behausung des Schweinehirten gingen, in Begleitung der drei heftig wedelnden Hunde, die sich immer wieder an die Beine des Neuankömmlings drängten, dachte Eumaios, dass sich Odysseus'  Sohn in letzter Zeit sehr verändert hatte. Nicht nur die energischen Schritte deuteten das an, sondern auch die selbstbewusste Art, in der er auftrat. Früher war er viel farbloser gewesen.
Nachdem er dem Sohn seines Herrn, der jetzt dessen Stelle eingenommen hatte, den Speer abgenommen hatte, betraten die beiden Männer die Hütte. Dort hatte sich derweil Odysseus nützlich gemacht, das Feuer geschürt und den Wasserkessel an den Haken gehängt, so dass das Wasser erhitzt wurde. Er wandte sich um, als der Neuankömmling die Hütte betrat und suchte, so rasch es ging, einen dunklen Winkel auf, damit sein Sohn, den er kurz zuvor bereits neugierig durch die Ritzen der Hütte betrachtet hatte, nicht bemerkte, wie gerührt er war.
„Ihr seht, ich habe einen Gast“, wandte sich Eumaios an Telemachos und wies mit der Hand auf jene Gestalt im Halbdunkel, „ein Fremder aus altem, kretischen Geschlecht, der einige Irrfahrten hinter sich gebracht hat. Zuletzt befand er sich auf einem thesprotischen Schiff, von dem er fliehen konnte, als es an Ithaka vorbeifuhr. Er bittet darum, dass Ihr ihn unter Schutz stellt."
Jetzt merkte Telemachos auf. Das war mehr, als er erwartet hatte. Er zögerte einen Augenblick. Ein Fremder im Palast bedeutete eine zusätzliche Belastung. Aber vielleicht ja auch eine Hilfe...
„Ich werde ihn mit Kleidung versorgen und ihm ein Schwert geben“, sagte er. „Ist es dir möglich, ihn hier zu behalten und zu versorgen? Ich werde dir alle Ausgaben erstatten. Es widerstrebt mir, ihn zu den Freiern an den Hof zu lassen."
Jetzt kam Odysseus' Stimme aus dem Halbdunkel, und sie klang empört:
„Warum lasst Ihr Euch das bloß gefallen, was diese so genannten Freier Euch bieten? Habt Ihr denn niemanden, der Euch helfen kann, sie aus dem Palast zu werfen? Wäre ich so jung wie Ihr, würde ich mir lieber den Kopf abschlagen lassen als mit anzusehen, wie Gäste verprellt und Euer Reichtum von Fremden vergeudet wird!"
Telemachos war in die Hocke gegangen, auf Augenhöhe mit dem Gast. Er zuckte hilflos die Schultern.
„Hätte ich Brüder, ginge das vielleicht“, sagte er ruhig. Es war zu hören, dass er sich das schon oft überlegt hatte. ,,Aber so? Außer mir und meiner Mutter ist der Palast voll von Feinden. Ihr zweifelt? Nein, nein, es sind Feinde!" bekräftigte er, „auch wenn sie zu den vornehmsten und mächtigsten Familien der Inseln Same, Dulichion und Zakynthos gehören."
,Ja, da habt Ihr Recht“, sagte Eumaios mit hörbarer Verachtung in der Stimme, „sie plündern das Haus."
Dem Vater fiel auf, wie ähnlich die Gesichtszüge seines Sohnes denen der Mutter waren, ähnlicher als er das in Erinnerung hatte. Der Gedanke an Penelope erfüllte ihn zunehmend. Wie gern wäre er jetzt zu ihr gegangen und hätte sie in die Arme geschlossen!
Der Neuankömmling wandte sich an den Sauhirten.
„Es ist besser, wenn du zunächst zum Palast gehst und meiner Mutter hinterbringst, dass ich unversehrt aus Pylos zurückgekommen bin."
Eumaios nickte. "Soll ich auch Eurem Großvater Laêrtes Bescheid geben? Er soll seit Eurer Abfahrt nach Pylos kaum noch gegessen und getrunken haben und nur noch da sitzen und jammern."
„Meine Mutter kann ihm einen Boten schicken“, entschied Telemachos, „du kommst zurück, so rasch es geht."
Während Eumaios aufbrach, betrachtete Odysseus seinen Sohn mit einer Mischung aus Verwunderung und Rührung. Einen so selbstbewussten und entschlossenen jungen Mann hatte er nicht erwartet.
Als sie dann allein gegenüber saßen, fragte er:
„Was habt Ihr in Pylos über Euren Vater gehört?"
Telemachos atmete hörbar aus.
„Dass er jedenfalls noch am Leben ist. Dass ich die Verantwortung für das Haus habe, solange er nicht da ist."
Odysseus erhob sich und trat an den Eingang, so dass Licht auf sein Gesicht fiel.
„Erinnert Ihr Euch daran, wie er aussah?"
Telemachos schüttelte den Kopf.
„Wie sollte ich? Damals war ich ein kleines Kind. Aber warum fragt lhr?"
"Wisst Ihr vielleicht noch, wie der Vater Euch gerufen hat?"
Telemachos runzelte die Stirn, schüttelte aber kurz darauf den Kopf.
„Wieso wollt Ihr das wissen? Was geht es Euch an?"
Odysseus war nahe herangekommen.
,,Paidika habe ich dich genannt, und manchmal auch Mys, mein Mäuschen."
Seine Stimme war leise und bewegt.
Einen Augenblick herrschte vollkommene Stille. Odysseus legte eine Hand auf Telemachs  Schulter.
„Ein Mäuschen bist du nicht mehr, aber mein Sohn bleibst du!"
Telemachos fasste verwirrt nach dem Handgelenk, hielt es aber fest und schob die Hand nicht fort.
,,Dein Sohn?" fragte er ungläubig. ,,Ihr wollt sagen, dass Ihr mein Vater und...", er unterbrach sich und warf einen abfälligen Blick auf die Lumpen, in die der Mann vor ihm eingehüllt war,
„Der König von Ithaka wollt Ihr sein?"
Jetzt stieß er die Hand beiseite. Sein Vater entgegnete ruhig:
„Wenn wir gemeinsam kämpfen, werde ich bald wieder die Königsrobe tragen."
Telemachos antwortete nicht. Der Mann, der vorgab, sein Vater zu sein, war ein Fremder. Er saß neben ihm auf dem Laub, hatte zwei Finger ans Kinn gelegt und sah ihn schweigend an. Mein Gott! Ja! Mys, mein Mäuschen! Wie lange war das her!
Aber es stimmte. Sein Vater hatte ihn so genannt. Und wer außer ihm konnte es wissen? Er erwiderte den Blick des Mannes, der neben ihm hockte, zögernd zunächst.
Wenn er andere Kleidung trug, war er gewiss ein stattlicher Mann, ausgehungert wirkte er auch nicht. Aber sein Vater? Den hatte er viel größer in Erinnerung...
Ach was: Erinnerung! Viel war da nicht mehr, oder...Wie er ihn jetzt ansah, wie er die Augen zusammenkniff, wenn er ins Helle schaute, wie er die Hand drehte, wenn er sich aufrichtete, nach außen, als wolle er den Bogen spannen!
Unwillkürlich suchten seine Augen die andere Hand, die ihn als Kind geführt hatte, und wirklich ließ der Mann sie so hinabhängen, wie Telemachos es zu wissen glaubte. Doch! Ja! Da war so manches, das er kannte...
Erneut schaute er ihm in die Augen, und der andere erwiderte den Blick. Wie zwei Fremde sahen sie sich an, die wissen wollen, was von dem Gegenüber zu halten ist. So war es eine Zeit lang, aber dann gewann Hoffnung die Oberhand, denn beide hofften, etwas bestätigt zu finden, das im anderen verborgen lag und darauf wartete, ans Licht geholt zu werden.
„Das ist unglaublich!" stieß Telemachos schließlich hervor, "diese Augen! Du bist es wirklich, Vater, es kann nicht anders sein!"
Sein Körper war angespannt und starr. Wie hölzern wirke ich jetzt wohl! dachte er und ärgerte sich darüber, ebenso über die Tränen, die er aufsteigen fühlte, aber gleichzeitig verspürte er den Wunsch, seinem Vater, nach dem er sich so gesehnt hatte, endlich in die Arme zu sinken, um ihn niemals mehr los zu lassen.
Odysseus kam ihm zuvor.
Verlegen berührte er ihn am Arm, dann nahm er seinen Sohn, zog ihn an seine Brust und drückte ihn, wie er ihn früher gedrückt hatte. Beiden Männern war, als mündeten all die Jahre des Wartens und des beiderseitigen Sehnens in diesen einen, seligen Moment. Beide bemerkten zur gleichen Zeit die feuchten Augen bei dem anderen, machten sich frei und fielen sich kurz darauf erneut in die Arme.
Es war der Vater, der sich als erster fasste.
"Wir müssen die Zeit nutzen“, sagte er und wies auf den Platz, an dem Telemachos vorher gesessen hatte. ,,Eumaios wird bald zurückkommen."
„Soll er noch nicht wissen, wer Du bist?"
,,Nein. Er macht zwar einen sehr zuverlässigen Eindruck, aber er redet gerne."
„Das stimmt."
Der Sohn machte eine Pause und sah wehmütig zum Vater.
„Oft war er der einzige, mit dem ich reden konnte."
„Du vergisst deine Mutter und deinen Großvater“,
bemerkte Odysseus tadelnd, aber sein Sohn winkte ab.
„Großvater hat sich seit dem Tod seiner Frau zurück gezogen..."  er unterbrach sich bei dem Gedanken an die verstorbene Großmutter. „Du weißt von dem Tod deiner Mutter?"
Dann fiel ihm ein, dass er es vom Sauhirten erfahren haben musste. Bevor Odysseus, der es ja vom Besuch im Totenreich wusste, zu einer Erklärung ansetzen konnte, fuhr er fort:
„Glaubst du, mit einer Frau könnte ich darüber reden wie mit einem Mann?"
„Worüber?"
,,Darüber, was ich machen sollte und über das, was ich nicht machen durfte."
„Und darüber konntest du mit dem Schweinehirten reden?"
,,Ja. Er ist ein Mann, dem die alten Werte wichtig sind. Er hatte ein klares Urteil, wenn ich eines brauchte."
Odysseus nickte.
„Er war schon immer sehr gottesfürchtig."
Dann schwiegen beide Männer. Sie hatten sich noch nicht aneinander gewöhnt, und das führte dazu, dass die stürmische und herzliche Zuneigung des Augenblicks immer wieder unterbrochen wurde von Zeiten, in denen das Ungestüme von ihnen abfiel und die zu erwartenden Schwierigkeiten und Probleme in den Vordergrund rückten.
Der Schweinehirte kam nicht so rasch wie erwartet zurück.
So saßen die beiden in der Hütte und betrachteten sich die meiste Zeit, ohne etwas zu sagen, doch während jeder von ihnen die große Zahl der nicht ausgesprochenen Worte spürte, bedeutete sie ihnen durchaus Verschiedenes. Odysseus hatte das Gefühl, dass sich in seinem Innern etwas aufbaute und sortierte, ohne dass er schon Einzelheiten kannte, etwa über die Stärke und das bisherige Verhalten der Freier. Während er am Boden hockte und ab und zu am Weinbecher nippte, kam ihm der Gedanke, ob er seine Stärke wohl den Göttern verdankte. Wenn ja, dann nur einigen, etwa Athene, aber keinesfalls Poseidon, der ihm nicht wohl gesonnen war.
Würden die Götter ihm bei der bevorstehenden Auseinandersetzung helfen? Schließlich hatte er das Recht auf seiner Seite...
Telemachos unterbrach seine Gedanken.
„Mit welchem Schiff bist du gekommen, Vater? Wo liegt es? Ich habe kein fremdes bemerkt."
Da erzählte ihm Odysseus davon, dass er zuletzt auf einer weit entfernten Insel namens Scheria gewesen war, wo man ihn gastfreundlich aufgenommen und ihm schließlich ein Geleit nach Ithaka gegeben hatte. Dann hätten die Phaiaken, die dort lebten, ihn schlafend am Strand zurückgelassen, mit vielen Geschenken, die er in einer Grotte verborgen habe.
„Wir holen sie, wenn der Palast wieder uns gehört."
Telemachos nickte. Sein Gesicht hatte wieder einen entschlossenen Ausdruck.
„Und wohin bist du gereist?" fragte Odysseus nun. Dabei hatte er ein unwirkliches Gefühl: sie stellten sich Fragen und gaben sich Antworten wie zwei, die sich lediglich für kurze Zeit nicht gesehen hatten. Dabei war bei jedem so unendlich viel vorgefallen, hatte jeder so viele Eindrücke gesammelt und Erlebnisse verarbeiten müssen, dass Fragen wie diese fast unerträglich alltäglich wirkten.
Telemachos schien diese Empfindung nicht zu haben, denn er erzählte in aller Ausführlichkeit von seinem Besuch in Pylos bei dem alten Nestor, der ihm Auskunft gab über das Ende des Krieges in Troja, aber auch über das schlimme Ende Agamemnons, von dem Odysseus, wie er sagte, bereits durch den Mund eines Sängers erfahren habe.
Anschließend sei er nach Sparta zu Menelaos gereist.
„Er sagte, du seiest von den Achäern derjenige gewesen, den er am meisten geliebt habe, und er war sehr beunruhigt, weil du noch nicht nach Ithaka zurückgekehrt warst. Aber er versicherte mir, dass du am Leben warst. Und ich habe ihm geglaubt."
Er lächelte seinem Vater zu.
,,Hast Du ihm von den Freiern im Palast erzählt?" wollte Odysseus wissen.
„Ja, und er sagte nur, du würdest zurückkehren und für ihre Bestrafung sorgen."
Sein Vater nickte.
„Das wird jetzt unsere Hauptaufgabe sein. Gib Acht, mein Sohn! Wir haben uns gewiss noch viel zu erzählen, aber jetzt sollten wir die Zeit nutzen, bis Eumaios wieder zurück ist."
„Wie meinst du das?"
„Es gibt einiges zu besprechen, das nicht für andere Ohren bestimmt ist. Wir können mit Eumaios nicht offen reden, ohne dass ich preisgebe, wer ich bin. Dazu ist es aber noch zu früh."
Jetzt verstand Telemachos, was sein Vater meinte.
„Sag mir, was du wissen musst, dann gebe ich dir Auskunft, Vater."
Odysseus aber erhob sich und ging zum Eingang.
„Schau nur, die Sonne geht unter."
Er wies mit der Hand auf den gelbroten Himmel, an dem eine kleine, zart wirkende Wolke im Licht der untergehenden Sonne schimmerte. Beide Männer traten vor die Tür, legten einen Arm auf die Schulter des anderen und sahen schweigend dem Schauspiel zu. Als der leuchtende Ball hinter dem Horizont verschwunden war, lag ein waldreicher, dunkler Streifen Ithakas vor ihnen im silbrigen Wasser wie ein gewaltiger Vogel, der die Flügel ausgebreitet hatte.
Als sie sich wieder auf ihre Plätze gesetzt hatten, meinte Odysseus mit rauer Stimme:
„Aber jetzt geht es darum, dass wir gemeinsam überlegen, wie wir uns der Freier entledigen. Wie viele sind es denn? Werden wir es allein schaffen oder müssen wir uns Helfer suchen?"
„Ich weiß nicht, ob wir es ohne Helfer schaffen werden“, gab Telemachos zur Antwort. „Allein von Dulichion sind 52 Männer mit sechs Sklaven da, 24 kommen von Same und 20 Männer von Zakynthos. Ein Dutzend Männer kommen von hier, unter ihnen die besten Kämpfer, außerdem sind da noch Medon, der Herold, der Sänger und zwei Sklaven. Wir aber haben niemanden auf unserer Seite als die Götter."
,,Natürlich nicht, umso wichtiger ist ein guter Plan."
Telemachos hob die Augenbrauen.
,,Das hört sich an, als hättest du schon einen."
„Ja“, bestätigte sein Vater, ,,hör mir gut zu! Ich möchte, dass du in den Palast zurückkehrst, ohne dass du dir etwas anmerken lässt. Später komme ich dann mit Eumaios nach. Weder der Sauhirt noch die Freier dürfen wissen, wer ich bin. Sie sollen denken, ich sei nichts weiter als ein Bettler und ein alter Mann. Diese Tarnung dürfen wir keinesfalls aufgeben, selbst dann nicht, wenn die Freier an diesem Bettler ihr Mütchen kühlen wollen! Sollte es dazu kommen, darfst du dich nicht auf meine Seite schlagen, sondern sie höchstens zur Zurückhaltung ermahnen. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, nicke ich dir zu. Dann handeln wir gemeinsam. Zunächst müssen wir dafür sorgen, dass die Waffen der Freier aus dem Saal geschafft werden. Es wird deine Aufgabe sein, sie mit schönen Worten davon zu überzeugen, dass es harmlos und völlig ungefährlich ist. Du könntest sagen, der Rauch vom Kamin sei dem Zustand der Waffen nicht förderlich. Oder die Gefahr, dass sie betrunken sind und sich mit den eigenen Waffen verletzen, sei zu groß. Überlege es dir. Für uns beide musst du zwei Schwerter, zwei Schilde und zwei Speere bereit legen, ohne dass jemandem etwas auffällt."
Telemachos nickte.
„Wir wiegen sie also in Sicherheit und rechnen dann mit ihnen ab?"
„Ja, sie sind in der Überzahl, wir aber nur zwei oder drei. Eine Möglichkeit, sie zu besiegen, haben wir nur, wenn es uns gelingt, sie zu entwaffnen. Gibt es Sklaven, auf deren Hilfe wir rechnen können'?"
Das Gesicht seines Sohnes verfinsterte sich.
„Im Palast sind nur Frauen. Die Freier bedienen sich ihrer nach Belieben und sie wehren sich nicht. Dafür werde ich sie persönlich bestrafen, wenn wir gesiegt haben."
Die letzten Worte hatte er so grimmig hervorgestoßen, dass Odysseus aufmerkte. Es klang nicht gut, was er da hörte

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