Pinselführung

Gleichnis zum Thema Grenzen/ Grenzen überschreiten

von  Anifarap

Das Haus stand auf einem grünen Hügel, der aus einem Nebelmeer emporblickte und es war sofort klar, dass es das Heim des Sturmes war, der seit Jahrhunderten in der Seele tobte.
Die Wände waren zitronengelb und das Dach zinnoberrot. Die Fenster, groß und weit, trugen weiße Rahmen. Und die Oberfläche des Glases schillerte im zarten Grün. Ein Grün aus Oliven und Meer gemischt, tief und doch fassbar.
Über dem Dach spannte der Himmel sich, wie üblich blau, gesprenkelt mit weißen Wattebauschen, wie eine Zeltplane.
Einen Atemzug später war der Sturm eingezogen, heim gekommen. Es war eine Wonne durch das Treppenhaus zu wirbeln, unter dem Tisch zu säuseln und das leichte Laken vom Bett zu wehen.
Dann traf der Sturm auf einen jungen Baum, der in der Diele stand und er blieb in seinen Ästen hängen.
Zarter wurde der Wind, seichter und feiner, je länger er mit dem Baum im selben Raum atmete. Und als der Wind bemerkte, dass er glücklich war, wie noch nie, wurde er zu einer ruhigen Brise, die ab und an die Vorhänge eines offenen Fensters zu regen versuchte.
Das Haus und der darin lebende Baum gaben dem Sturm eine neue Form und er wandelte sich zu einem festen Stamm aus dem zarte Äste sprossen und erste Blätter sich entfalteten.
So standen bald zwei Bäume in der Diele und schauten durch das milchige Glas der Eingangstür hinaus in eine verschwommene Welt.
Und die Zeit lief mit einem Mal langsamer, mit einem Spazierstock und einer Staffelei unter den Armen, einen Pinselstrich über diese Welt ziehend.


Anmerkung von Anifarap:

Jan. 2010

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Kommentare zu diesem Text

Skandia (43)
(14.01.10)
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