Hirsch und Eule

Gedicht zum Thema Reflexion

von  Meteor

Die Sonne senkt sich und errötet das Himmelszelt.
Der Mond ist schon zu sehen, doch leuchtet kaum.

Das Farbenspiel zwischen Tag und Nacht eröffnet
mir den Blick für die Natur, wie ich sie lang nicht sah.

Wie in einem Traum schlendere ich voran,
auf einem Kieselweg in einem tiefen Wald hinein.
Jeder Schritt den ich geh, lässt durch steigender
Dunkelheit und den Kronen jener Bäume die meinen
Namen rufen, den Himmel in ein Nichts vergehen.

Da seh ich, weit vor mir, das Antlitz eines Hirsches stehen.
Starr als hätte er auf mich gewartet, blickt er von dort
wo er weilt in meine Augen.
Ich habs gespürt, er meint, ich sollt ihm folgen.
Wie gebannt lauf ich ihm hinterher, als er abseits
der mir bekannten Wege, auf einem Pfad, gewunden
und düster, in den dunklen Wald hinein eilt.
Die Hindernisse die vor mir liegen wie durch Geisterhand umgangen
führt mich der Hirsch.

Die Sonne ist schon lange abgetaucht und der Mond
scheint nun im vollen Glanze und leuchtet mir
einen Teil seiner Kraft durch das nun sperrige
Blättergeflecht,
einen kleinen Mondlichtfunken.

Nach jener Reise in das Herz des Waldes
bleibt der Hirsch auf  einer Lichtung stehen.
Das Mondlicht kann ich nun in seiner vollen Pracht betrachten.
Es ist Vollmond und er scheint groß und hell.

Der Hirsch der mich hierhin führte, dreht sich
zu mir, blickt mich eindringlich an und eine Stimme ertönt.
Scheinbar von überall stürmt sie auf mich hernieder!

Meinen Namen rufend und mein Herz berührend,
sinkt eine Eule wie aus dem Mond geboren, inmitten
der Lichtung auf mein Seelenhain, mit strenger Miene
blickt er mich an, mir direkt in die Augen,
klackert mit dem Schnabel und spricht:

„Ich bin gekommen, als Botschafter der Göttin,
dein Leid zu Benennen, dir den Spiegel zu halten,
das Licht und die Liebe zu entfalten.
Höre den Ruf wann immer die Zeit ist gekommen,
nutze sie bevor sie ist zerronnen.
Sei ein Teil dieser Welt, aber richte dich nicht allein
an jene Menschen um dich herum.
Sei ein Teil deiner selbst, aber halte dich nach 
außen hin nicht stumm.
Sei wer du bist, tief in deinem inneren stehts geschrieben.
Das Licht will dich führen zum Göttlichen in dir.
Erkenne deine Schöpferkraft und leb sie aus dir heraus denn
das Leben birgt Erfahrungen vieler Art, du kannst dich ihnen
nicht entziehen.
Nutze sie, um von innen zu Reifen, um dann zu bestehen
wenn Dunkelheit dich umfängt.
Suche in jener das Licht das dir noch fehlt,
damit die Dunkelheit sich lichtet und dir die
Wahrheit berichtet.
Du selbst bist das Gleichgewicht,
finde es in dir und du findest es auch
um dich herum.“

Die folgende Stille so dumpf und schwer
verhärtet sich durch den strengen Blick.
Ich schließe die Augen atme tief ein und aus
und konzentriere mich auf die gesprochenen
Worte.

Ich höre den leichten Wind durch die Blätter sausen,
das scharren des Hirsches auf moosigen Grund.
Ich höre das leise Flügel flattern und den
klackernden Schnabel der Eule
und das rauschen des Seelenflusses,
so nah und doch so fern.

Ich bin hier tief in meinen inneren
und mit neuem Mut öffne ich die Augen,
erwidere den scharfen Blick
der Eule und Frage sie:
„Wie geht es weiter, welchen Weg soll ich gehen
an welchem Ort muss ich bestehen?“

Sie hebt ihre Flügel und während sie sich gen Himmel
erhebt, erklingt die Antwort:
„In dir und doch außerhalb von dir,
hast du nicht gehört?
Dennoch folge mir zuerst an den Ort
an dem du dich verlorst.
Beginne dort ein Stück Licht
zu finden.“

Sie fliegt empor, ich laufe ihr nach
und wir lassen den grasenden Hirsch 
hinter uns.

Sie führt mich wieder an dem Rand eines Weges
und wie gebannt blicke ich sie an
während sie wieder im Mondenlicht
verschwindet.

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