„Ich hasse Gänseblümchen, Bierkronen würden sich viel besser auf einer Wiese machen.“
Sie schmunzelt, damals hatte diese Bemerkung ihr ein Lächeln auf das nachdenkliche Kindergesicht gezaubert. Heute schneidet seine Stimme ihr Grimassen auf das viel zu erwachsene, ausdruckslose Gesicht.
Es hatte sich soviel verändert.
Kleine Schneewehen umschmeicheln ihre Füße, ruhend in schwarzen Chucks.
Seufzend ruft sie sich die Stimme ihrer Mutter ins Gedächtnis: „Kind, du trägst viel zu viel Schwarz, das macht dich nur noch blasser.“
Im Sommer, dachte sie, im Sommer hatte es sie noch nicht gestört.
Damals, freute sich ihre Mutter, wenn sie T-shirts anhatte, die Farbe war ihr egal.
Es versicherte ihr nur, dass sie ihr Versprechen hielt.
Die kalte, grüne Parkbank die sie in letzter Zeit oft aufsuchte, zu oft, ist der einzige Farbklecks im trostlosen Großstadtgrau. Sie sitzt allein im großen Stadtpark, lauscht den Wellen die am honigfarbenen Sand einen bitter süßen Tod sterben, dem Gehupe des abendlichen Staus, dessen bunte Lichter ein Gefühl von Heimat geben.
Ihre Augen schließen sich, sie ruft sich den Duft von Gänseblümchen und seinem Parfum ins Gedächtnis, wie schmerzend das Verlangen war, ihn zu küssen, zu umarmen. Für immer ihm zu gehören.
Wie sie da saßen, auf der dunkelgrünen Parkbank, neben der alten Eiche dessen Blatterdach dunkle Flecken auf ihr pinkes Top warf.
Er mochte Pink an ihr, doch er würde es nie wieder an ihr sehen, Niemand würde das.
Alles schien damals zu strahlen, die Kirschblütenallee wenige Meter von ihnen entfernt, die lachenden Kinder auf der Holzbrücke, die spielenden Hunde.
Es sind doch erst sechs Monate vergangen.
Sie öffnet langsam ihre Tränennassen Augen, schaut sich um.
Enttäuschung machte sich in ihr breit, natürlich hatte sich der Zauber, der Glanz, die Erinnerung aufgelöst.
Es ist Mitte Januar und nicht Mitte Juli.
Die Gänseblümchen sind weißen Glitzermassen gewichen, der funkelnde See erfroren.
Fröstelnd sucht sie in ihrer Tasche – die natürlich auch Schwarz war, wie alles was sie trug – nach ihrem Ipod. unser Lied.
Sobald die ersten Klavierklängen sie umhüllten sank sie in ihre Welt, wo es ein „uns“ gab, seit dem ersten Tag. Wo er sein Versprechen hielt, bei ihr zu bleiben.
Hey it’s me I feel so sorry, I’m telling you my fairytale, nothing but a tragic story, about an actor who’s about to fail.
Würde es ihm jemals leid tun? War es leicht für ihn, sie zu vergessen? Auszulöschen.
All alone and broken hearted, I will never love again. Ihre Freunde sagten ihr, sie solle ihn vergessen. Es würde vorbei gehen. Er würde nicht wieder kommen.
I gave you my heart you broke it, keep it I don’t want it back. Würde sie es über sich bringen, jemandem aufrichtig ihre Liebe zu schwören? Die selben Worte zu wiederholen, die doch nur ihm gelten würden? Jemandem so weh zutun, wie er ihr weh tat? Sie wusste es nicht. Allein der Gedanke ließ sie noch mehr frieren, zitternd zog sie ihren Schal enger.
Why won’t the sun shine for me? Er hatte sie nie “Sunny” genannt, wie alle anderen zu dieser Zeit, er meinte es würde kindisch klingen. Wollte sie nicht erwachsen sein, für ihn? War es erwachsen ihn nicht los lassen zu können? War es ihr nicht egal, dass sie noch ein halbes Kind war? Trotzdem nannte er sie seine Sonne. Dass sie ihn wärmen würde, wenn die Kälte der Vergangenheit ihn wieder einmal einholte.
Wo war seine Sonne jetzt? Eingefroren in Einsamkeit und Ungewissheit. Würde sie je wieder scheinen können? Für ihn? Für jemanden der sie wirklich liebt? Wollte sie das überhaupt?
Es war doch im Sommer, damals. Als sich Eiszapfen um ihr Herz schlossen. Wieso waren sie nicht geschmolzen als der Winter kam?
Die letzten Zeilen füllen ihren Bleischweren Kopf, Leere.
Mit einem Lächeln schaut sie in den tntenschwarzen Himmel, jede Sternschuppe, sagte sie sich, würde sie mit dem selben Wunsch weiter ziehen lassen.
When I’m laying in my bed with all these thoughts in my head, I just want you to come back again.
